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Gehetzte Uhrmacher

Titel: Gehetzte Uhrmacher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Deaver
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Gasse hinter der Kirche.
    Duncan ließ das Vorhängeschloss zuschnappen. »Ach, eines noch«, sagte er. »Wegen morgen. Unser Opfer ist ebenfalls eine Frau. Das wären dann zwei hintereinander. Ich weiß ja nicht, wie oft du es haben möchtest, dein... wie nennst du das? Stelldichein?«
    »Richtig.«
    »Wieso nennst du es so?«, fragte Duncan, denn er war, wie Vincent wusste, unentwegt neugierig.
    Auch dieser Begriff stammte von seinem Kumpel Dr. Jenkins, dem Arzt in der Jugendstrafanstalt, der zu ihm gesagt hatte, Vincent könne jederzeit im Sprechzimmer vorbeikommen, um über seine Gefühle zu reden; sie würden ganz offen miteinander umgehen, und nichts von ihrem Stelldichein würde nach außen dringen.

    Vincent mochte dieses Wort aus irgendeinem Grund. Es klang außerdem viel besser als »Vergewaltigung«.
    »Keine Ahnung. Es ist eben so.« Er fügte hinzu, zwei Frauen hintereinander seien kein Problem für ihn.
    Manchmal wird man beim Essen nur noch hungriger, Dr. Jenkins.
    Meinen Sie nicht auch?
    Sie folgten vorsichtig dem stellenweise vereisten Weg. »Äh, was werden Sie mit Joanne machen?«, fragte Vincent.
    Bei seinen Morden hielt Duncan sich an eine feste Regel: Der Tod durfte nicht schnell eintreten. Das sei gar nicht so einfach, wie es klinge, hatte er mit seiner präzisen, distanzierten Stimme erläutert. Duncan besaß ein Buch mit dem Titel Extreme Verhörtechniken , in dem beschrieben wurde, wie man Gefangene zum Reden brachte: Man unterwarf sie einer Folter, die sie letzten Endes töten würde, falls sie nicht auspackten. Zu diesem Zweck konnte man ihre Kehlen mit Gewichten beschweren, ihnen die Handgelenke aufschneiden und sie bluten lassen oder ein Dutzend andere Methoden anwenden.
    »Bei ihr will ich mir nicht allzu viel Zeit lassen«, sagte er nun. »Ich werde sie knebeln und ihr die Hände auf den Rücken fesseln. Dann lege ich sie auf den Bauch und wickle einen Draht um ihren Hals und ihre Füße.«
    »Bei angewinkelten Beinen?« Vincent konnte es sich lebhaft vorstellen.
    »Genau. Es stand in dem Buch. Hast du die Bilder gesehen?«
    Vincent schüttelte den Kopf.
    »Sie wird ihre Beine nicht lange in dieser Position halten können. Wenn sie sich strecken, ziehen sie den Draht am Hals immer fester zu. Sie wird sich selbst erdrosseln. Nach meiner Schätzung dürfte es acht bis zehn Minuten dauern.« Er lächelte. »Ich werde die Zeit stoppen, so wie du vorgeschlagen hast. Wenn es vorbei ist, rufe ich dich, und sie gehört ganz dir.«
    Ein hübsches kleines Stelldichein ...
    Als sie aus der Gasse traten, wurden sie von einer eisigen Windbö erfasst. Vincents Parka klappte auf.
    Erschrocken blieb er stehen. Ein junger Mann kam ihnen entgegen. Er war unrasiert und trug eine schäbige Jacke. Über seiner
Schulter hing ein Rucksack. Ein Student, vermutete Vincent. Der Fremde ging mit gesenktem Kopf an ihnen vorbei.
    Duncan sah seinen Partner an. »Was ist denn?«
    Vincent blickte an seine Seite, wo die Scheide mit dem Jagdmesser im Hosenbund steckte. »Ich glaube, er hat es gesehen. Es... es tut mir leid. Ich hätte den Reißverschluss zumachen sollen, aber...«
    Duncans Lippen pressten sich aufeinander.
    Nein, nein... Vincent hoffte, er hatte Duncan nicht verärgert. »Wenn Sie wollen, kümmere ich mich um ihn. Ich...«
    Der Killer schaute zu dem Studenten, der sich schnellen Schrittes von ihnen entfernte.
    »Hast du schon mal jemanden getötet?«, wandte Duncan sich an Vincent.
    Der konnte dem stechenden Blick der blauen Augen nicht standhalten. »Nein.«
    »Warte hier.« Gerald Duncan sah sich um, aber außer dem Studenten war auf der Straße niemand zu entdecken. Er holte das Teppichmesser hervor, mit dem er dem Mann auf dem Pier letzte Nacht die Handgelenke aufgeschlitzt hatte. Dann eilte er dem Studenten hinterher. Vincent sah, wie er bis auf wenige Meter herankam. Die beiden bogen in Richtung Osten um die Ecke.
    Das hier war furchtbar... Vincent hatte sich nicht gewissenhaft verhalten. Er hatte alles aufs Spiel gesetzt: seine Chance auf eine Freundschaft mit Duncan, seine Chance auf die Stelldicheins. Alles nur, weil er nachlässig gewesen war. Am liebsten hätte er laut geschrien und wäre in Tränen ausgebrochen.
    Er griff in die Tasche, fand einen Schokoriegel und schlang ihn so gierig herunter, dass er sogar ein Stück der Folie mit verschluckte.
    Fünf quälend lange Minuten später kehrte Duncan zurück. Er hielt eine zerknitterte Zeitung in der Hand.
    »Es tut mir leid«, sagte

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