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Gehetzte Uhrmacher

Titel: Gehetzte Uhrmacher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Deaver
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Nadelöhrstreben benutzt«, verkündete er.
    Nun, Rhyme hatte nicht mit einfachen Antworten gerechnet.
    »Und das Seil, das man ihm in die Hand gedrückt hat?«
    Cooper nahm es sich vor und zog ein paar Datenbanken zu Rate. Er schüttelte den Kopf. »Handelsüblich.«
    Rhyme nickte in Richtung mehrerer großer weißer Wandtafeln. »Lasst uns mit der Tabelle anfangen. Ron, haben Sie eine gute Handschrift?«
    »Es geht so.«
    »Das dürfte reichen. Legen Sie los.«
    Bei der Arbeit an einem Fall hielt Rhyme alle ermittelten Spuren und Ergebnisse in einer Tabelle fest, die für ihn wie eine Kristallkugel war; er starrte die Worte und Fotos und Diagramme an und versuchte zu erkennen, wer der Täter sein könnte, wo er sich versteckte oder wo er das nächste Mal zuschlagen würde. Mitunter versank Lincoln Rhyme beim Anblick der Tafeln in einen nahezu meditativen Zustand.
    »Wir nehmen seinen Namen als Überschrift, weil er doch so überaus liebenswürdig gewesen ist, uns mitzuteilen, wie er genannt werden möchte.«
    Während Pulaski aufschrieb, was Rhyme ihm diktierte, nahm Cooper ein Röhrchen, das etwas Erde zu enthalten schien, und betrachtete den Inhalt bei vierfacher Vergrößerung durch das Mikroskop.
(Die Grundregel bei optischen Mikroskopen lautet, es stets langsam angehen zu lassen; wer von vornherein eine sehr starke Vergrößerung wählt, erhält ein künstlerisch interessantes, aber forensisch nutzloses abstraktes Bild.)
    »Sieht wie gewöhnliche Erde aus. Ich prüfe mal nach, was sonst noch drin ist.« Er bereitete eine Probe für den Gaschromatographen und das Massenspektrometer vor, ein großes Kombiinstrument, das unbekannte Substanzen in ihre Bestandteile aufspaltet und diese identifiziert.
    Als das Ergebnis vorlag, las Cooper es vom Computermonitor ab. »Okay, wir haben ein paar Öle, Stickstoff, Harnstoff, Chlorid … und ein Protein. Das geht noch genauer.« Gleich darauf füllte der Bildschirm sich mit weiteren Informationen. »Fischeiweiß.«
    »Demnach arbeitet der Täter vielleicht in einem Fischrestaurant«, sagte Pulaski begeistert. »Oder an einem Fischstand in Chinatown. Oder, warten Sie, womöglich an der Fischtheke eines Supermarkts.«
    »Ron, haben Sie schon mal jemanden ankündigen hören: ›Bevor ich anfange, möchte ich etwas sagen‹?«, fragte Rhyme.
    »Äh. Kann sein.«
    »Was ein wenig merkwürdig ist, denn sobald er etwas sagt, hat er doch bereits angefangen, oder?«
    Pulaski hob fragend eine Augenbraue. »Ich möchte darauf hinaus, dass Sie bei der Analyse der Spuren etwas Bestimmtes tun sollten, bevor Sie anfangen.«
    »Und das wäre?«
    »Finden Sie heraus, woher die Spur stammt. Also, wo hat Sachs diese Fischeiweißprobe genommen?«
    Pulaski sah auf das zugehörige Etikett. »Oh.«
    »Wo liegt ›oh‹?«
    »In der Jacke des Opfers.«
    »Über wen also verrät uns diese Spur etwas?«
    »Über das Opfer, nicht den Täter.«
    »Genau! Ist es von Bedeutung, dass die Spur sich in und nicht auf der Jacke befunden hat? – Wer weiß? Durchaus möglich. Aber am wichtigsten ist, dass wir nun nicht blindlings und voreilig alle Fischhändler überprüfen sollten. Können Sie sich mit dieser Theorie anfreunden, Ron?«

    »Sehr sogar.«
    »Wie schön. Tragen Sie die fischige Erde im Profil des Opfers ein, und lassen Sie uns weitermachen, ja? Wann schickt die Gerichtsmedizin uns ihren Bericht?«
    »Das könnte eine Weile dauern«, sagte Cooper. »Es ist bald Weihnachten.«
    »Stille Nacht, tödliche Nacht...«, sang Sellitto.
    Pulaski runzelte die Stirn. Rhyme erklärte es ihm. »Im Verlauf eines Jahres ereignen sich die meisten Mordfälle während der Hitzewellen und an den Feiertagen. Merken Sie sich das, Ron: Nicht Stress tötet Menschen, sondern Menschen töten Menschen – aber Stress bringt sie dazu.«
    »Ich hab hier braune Fasern«, meldete Cooper sich zu Wort und warf einen Blick auf die Beschriftung der Beweismitteltüte. »Von der Rückseite des Schuhabsatzes und dem Uhrenarmband des Opfers.«
    »Was für Fasern?«
    Cooper untersuchte sie genauer und glich sie mit der Faserdatenbank des FBI ab. »Offenbar aus einem Auto.«
    »Na klar hat er einen Wagen – er kann eine siebenunddreißig Kilo schwere Metallstange ja wohl kaum in die U-Bahn mitnehmen. Unser Uhrmacher hat also am Anfang der Gasse geparkt und das Opfer an den Fundort geschleift. Was wissen wir über das Auto?«
    Nicht viel, wie sich herausstellte. Die Faser stammte von einem Teppichmaterial, wie es in mehr als vierzig

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