Gehetzte Uhrmacher
aus, als würde er denken: Das ist also die neue Generation des NYPD. Zum Glück hab ich noch rechtzeitig den Absprung geschafft.
»Hat für Sie alles stimmig ausgesehen? Nach einem Raubüberfall mit üblem Ausgang?«
Er zögerte. »Im Großen und Ganzen.«
»Aber völlig überzeugt waren Sie nicht.«
»Es hätte auch ein Auftragsmord sein können.«
»Von einem Profi?«
Snyder zuckte schon wieder die Achseln. »Na ja, die Ecke ist ziemlich abgelegen. Bis zu den nächsten Wohnhäusern muss man fast einen Kilometer laufen. Da stehen bloß Fabriken und so. Keine
Gegend, in der Kids rumhängen. Warum sollten sie auch? Ich hab mir gedacht, der Schütze könnte die Brieftasche und das Geld genommen haben, um es wie einen Raubüberfall aussehen zu lassen. Und dass die Waffe zurückgelassen wurde – das roch doch verdächtig nach einem bestellten Mord.«
»Und es gab keine Verbindung zum Mob?«
»Zumindest keine, die ich gefunden hätte. Aber einer seiner Angestellten hat mir erzählt, seinem Boss sei kürzlich ein großes Geschäft geplatzt, bei dem er viel Geld verloren habe. Ich bin der Sache nachgegangen, konnte aber nichts entdecken.«
Demnach könnte Sarkowski – und vielleicht auch Creeley – mit irgendeiner Bande des organisierten Verbrechens zusammengearbeitet haben: Drogen oder Geldwäsche. Die Sache ging schief, und er wurde liquidiert. Das würde den geheimnisvollen Mercedes erklären – ein paar Capos oder Soldaten behielten sie bei ihren Ermittlungen im Auge. Und die Cops vom Hundertachtzehnten hielten der Bande den Rücken frei.
»Ist im Zuge Ihrer Ermittlungen der Name Benjamin Creeley aufgetaucht?«
Er schüttelte den Kopf.
»Haben Sie gewusst, dass das Opfer – Sarkowski – des Öfteren in der St. James Tavern gewesen ist?«
»Die St. James... Moment mal, diese Kneipe in Alphabet City? Gleich um die Ecke vom...« Seine Stimme erstarb.
»Genau. Das Eins Eins Acht.«
Snyder war beunruhigt. »Das wusste ich nicht. Nein.«
»Nun, so war es aber. Komisch, dass ein Mann, der an der West Side gewohnt und in Midtown gearbeitet hat, seine Freizeit in einer solchen Spelunke verbringen sollte. Wissen Sie irgendwas darüber?«
»Nein. Nicht das Geringste.« Er sah mürrisch weg. »Und falls Sie mich fragen, ob jemand vom Eins Eins Acht zu mir gekommen ist und gesagt hat, ich solle den Fall Sarkowski unter den Teppich kehren, lautet die Antwort ebenfalls nein. Wir haben alles völlig korrekt gehandhabt und uns dann den nächsten Fall vorgenommen.«
Sie sah ihm ins Gesicht. »Was wissen Sie über das Eins Eins Acht?«
Er nahm eine der Fernbedienungen, spielte damit herum, legte sie wieder hin.
»Hab ich es übrigens schon erwähnt?«, sagte Sachs.
»Was?«, fragte er ungehalten. Sie bemerkte, dass sein Blick auf einen leeres Regal fiel, und erkannte dort die Ringe auf dem Holz, wo die Flaschen gestanden hatten.
»Ich hab ein beschissenes Gedächtnis«, sagte sie.
»Gedächtnis?«
»Ich kann mir kaum meinen eigenen Namen merken.«
Snyder war verwirrt. »Ein Mädchen wie Sie?«
»Oh, aber ja«, sagte sie lachend. »Sobald ich zur Tür hinausgehe, werde ich vergessen, dass ich überhaupt hier war. An Ihren Namen und Ihr Gesicht kann ich mich dann auch nicht mehr erinnern. Alles wie weggewischt. Komisch, wie das funktioniert.«
Er verstand. Trotzdem schüttelte er den Kopf. »Warum tun Sie das?«, fragte er flüsternd. »Sie sind jung. Sie müssen noch viel lernen – und manche schlafenden Hunde sollte man lieber nicht wecken.«
»Aber was ist, falls sie nicht schlafen?«, fragte sie und beugte sich vor. »Ich habe zwei Witwen, und ich habe Kinder ohne ihre Väter.«
»Zwei?«
»Creeley, der Mann, nach dem ich Sie auch gefragt habe. Er ist in dieselbe Kneipe wie Sarkowski gegangen. Wie es aussieht, hatten beide mit Leuten vom Eins Eins Acht zu tun. Und nun sind sie beide tot.«
Snyder starrte seinen Flachbildfernseher an. Ein beeindruckendes Gerät.
»Also, was ist Ihnen zu Ohren gekommen?«, fragte Amelia.
Er sah zu Boden und schien ein paar Flecke zu bemerken. Vielleicht würde er das Verlegen eines neuen Teppichbodens auf die Liste seiner Renovierungsprojekte setzen. »Gerüchte«, sagte er schließlich. »Mehr nicht. Ich sag’s ganz offen. Ich kenne keine Namen, und ich weiß nichts Genaues.«
Sachs nickte beruhigend. »Gerüchte reichen mir völlig.«
»Es war etwas Geld im Umlauf. Das ist alles.«
»Geld? Wie viel?«
»Womöglich eine Menge. Ich meine, richtig viel. Oder
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