Gehirnfluesterer
besser ab als Männer, wenn sie sich selbst als »Asiatinnen« sehen, wenn also auf die Rasse
bezogene Stereotype aktiviert wurden. Denn Asiaten wird stereotyp eine höhere mathematische Kompetenz attestiert als anderen
ethnischen Gruppen. Jeff Stone von der University of Arizona hat Ähnliches beim Sport festgestellt. Wenn Golf als Test für
die sportlichen Fähigkeiten gespielt wird, dann sind Schwarze besser als Weiße. Wenn das Spiel als Text für kognitive Strategien
betrachtet wird, dann kehrt sich dieser Trend mysteriöserweise um. Weiße sind besser als Schwarze. Die Rasse ist wie der sozioökonomische
Status ein weiterer Schlüsselreiz für Annäherung. Solche äußeren Merkmale werden als repräsentativ für bestimmte Eigenschaften
gehalten, auch von den Betroffenen selbst.
Die Vorstellung von Repräsentativität betrifft ebenfalls die Vorstellung von Verfügbarkeit. Repräsentativität bezieht sich
auf die Art und Weise, wie unser Gehirn
wahrscheinliche
Schlussfolgerungen über das Verhältnis zwischen verschiedenen Variablen zieht (z. B. Beruf und Körpergröße; sozioökonomischer Status und akademische Kompetenz). Verfügbarkeit beschreibt eine eher
temporale
Art von Schlussfolgerungen. Wir neigen nämlich dazu, die Häufigkeit eines Ereignisses mit der Leichtigkeit zu verwechseln,
mit der uns Beispiele dafür in den Sinn kommen.
Sehen Sie sich dazu folgende muntere Behauptungen an:
Mehr Menschen sterben durch Waffen als durch Asthma.
Mehr Menschen sterben durch Krebs als durch einen Schlaganfall.
Mehr Menschen sterben durch Unfälle als durch Lungenemphyseme.
Mehr Menschen sterben durch Selbstmord als durch Flutkatastrophen.
Welche dieser Behauptungen trifft Ihrer Ansicht nach zu? Etwa alle? Dann sind Sie erneut in guter Gesellschaft. So geht es
den meisten Leuten. Aber alle diese Behauptungen treffen nicht zu, manche liegen sogar meilenweit daneben. Und nun fragen
Sie sich: Von welcher Art von Todesfall hören Sie am häufigsten? Welcher ist am ehesten »verfügbar« in Ihrer eigenen Erinnerung?
Es ist gar nicht so einfach, die Macht dieser Verfügbarkeitsheuristik ohne konkrete Beispiele zu zeigen. Nehmen wir uns eines
vor. Im Folgenden finden Sie eine Liste von Namen. Lesen Sie sie sorgfältig durch und decken Sie sie dann ab.
Gut. Nachdem Sie nun die Liste gelesen und abgedeckt haben, versuchen Sie sich an so viele Namen wie möglich zu erinnern und
schätzen Sie, ob mehr Frauen als Männer auf der Liste sind.
Lesen Sie erst weiter, wenn Sie Ihre Schätzung abgegeben haben.
Und – wie war sie? Zufällig mehr Frauen als Männer? Großartig. Das sagen die meisten anderen Leute auch. Schauen Sie sich
die Liste noch mal genauer an und zählen Sie die Namen. Merkwürdig, oder? Die Geschlechterverteilung ist halbe – halbe. Es
sind genauso viele Männer wie Frauen auf der Liste. Aber beachten Sie mal etwas anderes. Sind die Frauen womöglich berühmter?
Noch ein Beispiel dazu. Versuchen Sie, in sechzig Sekunden so viele Wörter wie möglich zu nennen, die auf »-ung« enden. Anschließend
wiederholen Sie das Ganze, jetzt aber mit Wörtern,deren Ende so aussieht: »- n -«. Wahrscheinlich finden Sie für die erste Endung mehr Beispiele als für die zweite. Warum eigentlich?
Wenn Sie genauer hinsehen, werden Sie feststellen, dass das erste Muster identisch ist mit dem zweiten. Es fehlen nur die
Buchstaben »u« und »g«. Was heißt, dass jedes Wort, das für das erste Muster passt, auch dem zweiten entspricht. Was außerdem
heißt, dass es noch weit mehr Wörter geben muss, die auch zum zweiten Muster passen.
Aber die für das erste kommen einem viel leichter in den Sinn.
Leichte Berührung
Unsere fest verankerte Neigung, blitzschnell Schlüsse zu ziehen und vollkommen instinktiv auf Schlüsselreize zu reagieren,
die man »konzeptuell« nennen könnte – etwa auf solche der Repräsentativität oder der Verfügbarkeit –, bietet den Haien sozialer Beeinflussung leichte Beute. Doch nicht nur den Haien, auch uns anderen. Wie Keith Barrett etwas
beunruhigend erläuterte: Wenn man weiß, wo die Leiter steht, und ein Fenster öffnen kann, ist das Spiel – und für so jemanden
ist das ein Spiel – rasch gewonnen.
Shaffiq Khan beispielsweise ist ein ebenso aalglatter Psychopath wie Barrett. Alles, was Khan will, ist das gute Leben der
oberen Zehntausend. »Nichts ist unerreichbar«, sagte er mir, als wir uns in einem angesagten
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