Gehirnfluesterer
darlegt,
statt darauf hinzuweisen, dass man dadurch unwiderstehlich wird für das andere Geschlecht, der wird mit Sicherheit nicht der
neue Bill Gates.
Eng verbunden mit dem Inhalt einer Botschaft ist die Art, wie wir sie als Empfänger verarbeiten. Da gibt es den Hauptweg und
den Nebenweg (siehe Abbildung rechts). Entscheidend ist hier weniger, wie wir unsere Entscheidungen treffen, ob mit dem Herz
oder mit dem Verstand, sondern eher unsere Motive dafür.
Im Großen und Ganzen neigen wir dazu, Informationen auf dem Hauptweg zu verarbeiten, wenn sie von großer Bedeutung für uns
persönlich sind, d. h., wenn es wirklich wichtig ist. Normalerweise hat dies eine gründliche Bewertung der Qualität der Argumente zur Folge und
führt zu einer dauerhaften Meinungsänderung. Der Nebenweg wird beschritten, wenn die persönliche Bedeutung gering ist. Man
achtet bei einer Botschaft oder einem Argument weniger auf die inhaltlichen Details und mehr auf oberflächliche Faktoren wie
auf die Attraktivität der Sprechenden oder auf ihre Kleidung. So wie wir keinen Biochemiker dafür einsetzen würden, um für
ein Parfum zu werben, oder ein Supermodel für einen Abflussreiniger, wären wir auch schlecht beraten, wenn wir unseren Bankmanager
danach beurteilten, ob er wie Elvis aussieht. Oder auf einer vollen Erklärung der Gesetze der Quantenphysik bestehen, bevor
wir auch nur zwei Mal Trivial Pursuit gespielt haben. Sie erinnern sich an Kapitel 2: Besonders gut aussehende Personen machen
bei Spendensammlungen mehr Geld bei anderen locker als Leute mit Durchschnittsgesichtern. Jetzt wissen Sie, warum. Kaum jemand
bezweifelt, dass Spenden eine gute Sache sind. Intellektuell/kognitiv betrachtet muss man uns da nicht groß überzeugen. Eher
auf dem Nebenweg verführen.
In der Rhetorik hat Inkongruenz ebenfalls eine transformierende Qualität. Kontraste wie in John F. Kennedys berühmtem Ausspruch (»Fragen Sie nicht, was Ihr Land für Sie tun kann, fragen Sie, was Sie für Ihr Land tun können.«)
oder Margaret Thatchers Aufforderung (»Fallen Sie um, wenn Sie wollen. Ich bleibe stehen.«) sind dick aufgetragen wegen der
unvermittelten Nebeneinanderstellung von Positivem und Negativem. Die Forschung hat gezeigt, dass der Applaus, den eine gute
Redeweckt – durchschnittlich ein Drittel –, durch diese Art von Symmetrie entsteht.
Eines Morgens stieg ich hinunter in die U-Bahn von New York. Zwei Bettler saßen einander gegenüber auf beiden Seiten eines Fußgängerdurchgangs. Der eine war schäbig gekleidet
und hielt niedergeschlagen ein Schild hoch mit der Aufschrift: »Hungrig und obdachlos. Bitte helfen Sie.« Der andere hatte
einen makellosen Nadelstreifenanzug an und hielt selbstgefällig grinsend ein Schild mit der Aufschrift »Stinkreich. Ich will
mehr« in die Höhe. Die Reaktion der Passanten war verblüffend. Sie bestand aus einer Mischung von Angewidertsein, Sympathie
und Amüsement. Marketingtechnisch war der Typ im Anzug ein Desaster.Sein Hut blieb leer. Wohingegen der in Lumpen, der »echte« Bettler, reichlich einheimste.
Ich war misstrauisch. Hinter diesem Spektakel musste definitiv mehr stecken, als auf Anhieb zu sehen war. Als die beiden zusammenpackten,
ging ich auf sie zu und fragte nach der Story. Es stellte sich heraus, dass ich recht hatte. Es
war
ein Spektakel. De facto lebten beide auf der Straße. Sie hatten aber entdeckt, dass sie ihre Einnahmen vervierfachen konnten,
wenn sie zusammenarbeiteten. »Auf diese Weise haben die Leute eine Wahl«, sagten sie, »zwischen dem armen und dem reichen
Kerl. Wenn man alleine ist, gehen sie normalerweise einfach an einem vorbei. Sie sehen einen kaum an. Aber der Kerl im Anzug
lässt sie nicht nur hingucken, er bringt sie zum Nachdenken. Wenn ich schon was gebe, dann bestimmt nicht diesem selbstgefälligen
Bastard, sondern dem anderen. Wer regelmäßig vorbeikommt, weiß, dass es ein Trick ist. Aber es wirkt trotzdem. Wir tragen
abwechselnd den Anzug.«
SELBSTVERTRAUEN
Wachsam bleiben
Die Geschichte, die ich als Nächste erzählen will, lässt meinen Onkel Fred nicht gerade im besten Licht erscheinen. Aber sie
ist ein so großartiges Beispiel für die transformative Macht des Selbstvertrauens, dass ich sie Ihnen nicht vorenthalten möchte.
Fred Dutton diente im Zweiten Weltkrieg in einem Fallschirmjägerregiment. Er war nicht besonders groß – ungefähr 1,57 Meter und sechzig Kilo
Weitere Kostenlose Bücher