Gehirnwaesche - Die Aasgeier - Streit bis aufs Blut
halbgeschlossenen Augen da und beobachtete Cheung, der sich am anderen Ende des Ti sches neben Mrs. Campbell in ein Buch vertieft hatte. Chavasse hätte gern gewußt, was er las, und da fielen ihm zwei Dinge ein. Rossiters fabelhaftes Chinesisch – und die Ausgabe der Worte des Vorsitzenden Mao, die er in seinem Zimmer gesehen hatte. Wirklich, je länger er darüber nachdachte, desto interessanter wurde dieser Mr. Cheung.
Chavasse liebte das Meer; das war nur natürlich für einen Mann, dessen bretonische Vorfahren auf ihren Schiffen bis an die Küste von Neufundland gekommen waren und dort Fische rei betrieben hatten, ehe Kolumbus noch die Neue Welt entdeckt hatte. Chavasse besaß seit acht Jahren in Alderney eine neun Meter lange motorbetriebene Jacht; er kannte den Golf von Saint-Malo und den Kanal mit seinen kleinen Inseln wie den Inhalt seiner Hosentasche.
So konnte er den Kurs der Barkasse recht genau verfolgen; er war nicht nur in der Lage, die Geschwindigkeit des Bootes abzuschätzen, er kannte auch die zahlreichen Bojen, Positions lampen und Leuchtzeichen auf der Strecke.
Das Wetter hatte sich bis jetzt gehalten, aber das Boot stampf te und rollte in der gewaltigen Strömung, die für den Kanal so charakteristisch ist und im Golf einen Gezeitenunterschied von annähernd zehn Metern bewirkt. Hamid und Mrs. Campbell waren beide seekrank geworden trotz der Tabletten, die Rossi ter in dem Gasthaus vor der Abreise an alle verteilt hatte; der alte Hamid sah gar nicht gut aus.
Nicht nur das Stampfen und Rollen der Leopard war so unan
genehm. In der Kabine hatte sich ein penetranter Dieselgestank verbreitet, der in der letzten halben Stunde eher schlimmer als besser geworden war. Chavasse konnte durch die Luke den Leuchtturm Les Hanois an der Westspitze von Guernsey erkennen. Er wandte sich an Jones. »Die Sicht draußen ist sehr gut. In ein paar Stunden müßten wir drüben sein, wenn das Wetter so bleibt.«
Der Neger verzog das Gesicht. »Wenn das so weitergeht, erwischt es mich auch noch. Dieser Dieselgestank ist wider lich.«
Chavasse sagte mit gedämpfter Stimme: »Das gefällt mir auch nicht. Ich gehe mal an Deck und rede ein Wörtchen mit unserem Freund.«
Die Tür über der Kajütentreppe war verschlossen. Er häm merte mit der Faust dagegen. Nach einer Weile wurde geöffnet, und Rossiter erschien. »Was wollen Sie?«
»Wir ersticken hier alle im Dieselgestank«, sagte Chavasse. »Der alte Hamid hat sich schon öfter übergeben. Er sieht sehr schlecht aus.«
Rossiter kam ein paar Stufen hinunter und schnüffelte. Er runzelte die Stirn. »Ja, ich verstehe. Bringen Sie ihn an Deck, damit er frische Luft bekommt, ich werde Jacaud Bescheid sagen, er soll die Maschine nachsehen.«
Jones und Chavasse brachten den alten Mann über die Kajü tentreppe nach oben. Die See war unruhig, und Chavasse schätzte die Windstärke auf drei; aber die alte Barkasse hielt sich gut. Die Positionslampe an der Mastspitze schwang im regelmäßigen Rhythmus hin und her; Jacaud beugte sich über die Luke zum Maschinenraum. Er stieg über eine Leiter ins Bootsinnere. Chavasse ließ Jones bei dem Alten und ging selbst an die Luke.
Unten war kaum ein Meter Platz zum Stehen, und Jacaud war in die Knie gegangen und sucht im Dunkeln nach dem Licht schalter. Als er ihn fand und anknipste, war sofort zu sehen, was passiert war: Dieselöl war ausgelaufen, Jacaud stand bis über die Knöchel in dem übelriechenden Treibstoff.
Jacaud verschwand seitlich. Chavasse konnte ihn nicht mehr sehen, und dann tauchte er wieder über die Leiter an Deck auf.
»Sieht es schlimm aus?« fragte Chavasse.
Jacaud beachtete ihn gar nicht, verschloß die Luke und ging wieder in die Kajüte. Chavasse ging zu Jones, der mit dem alten Hamid an der Reling stand.
»Was ist los?« fragte er.
Chavasse hob die Schultern. »Jacaud war nicht besonders gesprächig. Ich nehme an, daß der Treibstofftank leck ist.«
»Ganz recht.« Rossiter stand hinter ihnen und steckte sich eine Zigarette an. »Glücklicherweise haben wir Reservetanks an Bord, die ausreichend Treibstoff für die Hin- und Rückfahrt haben. Jacaud hat schon auf die Tanks umgeschaltet. In ein paar Minuten ist wieder alles in Ordnung.«
»Müssen wir wieder nach unten?« fragte Chavasse.
»Einer von Ihnen kann mit dem alten Mann an Deck bleiben. Aber ich denke, in zehn Minuten hat er sich wieder so weit erholt, daß er in die Kabine
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