Gehirnwaesche - Die Aasgeier - Streit bis aufs Blut
Feldfla sche und hielt Chavasse den Becher hin.
»Hier, trinken Sie.«
Chavasse zögerte erst, aber dann nahm er den Becher und stürzte den Inhalt hinunter, ehe es sich Li anders überlegte.
Der Tee war brühheiß und verbrannte ihm fast die Kehle. In einem krampfartigen Hustenanfall lehnte sich Chavasse vor.
Li klopfte ihm freundschaftlich auf den Rücken. »Na, na«, sagte er. »Sie werden sich gleich wohler fühlen.«
Als er den Hustenanfall überstanden hatte, lehnte sich Cha vasse zurück und gab ihm den Becher. »Ich hätte zu gern gewußt, was sich jetzt wieder hinter Ihrem Lächeln verbirgt«, sagte er. »Daß Sie mich nicht aus Sorge um meine Gesundheit mitgenommen haben, dürfte doch wohl klar sein.«
»Aus Sorge um Ihre unsterbliche Seele, Paul«, antwortete Li. »Nur deshalb.«
»Damit meinen Sie bestimmt eine kommunistische Abart von Seele.«
Lis Lächeln verschwand. Er schob eine Zigarette in seine kostbare Spitze aus Jade. »Wissen Sie, in den letzten drei Wochen habe ich Sie schätzen gelernt, Paul. Ich bin wirklich fest entschlossen, Sie auf unsere Seite zu ziehen. So ausge zeichnetes Material darf auf keinen Fall vergeudet werden.«
»Eher treffen wir uns in der Hölle wieder!«
Li schüttelte den Kopf. »Das glaube ich nicht. Sie übersehen dabei eine meiner lästigsten Angewohnheiten: daß ich immer genau das bekomme, was ich gern haben möchte.«
»Das habe ich wohl übersehen.«
»Es ist aber so! Zum Beispiel wollten Sie mir zuerst nicht verraten, wer Sie in Wirklichkeit sind. Ich habe es auch ohne Ihre Unterstützung ziemlich rasch durch unsere Zentralkartei in Peking herausgefunden. Sie hatten gehofft, Dr. Hoffner aus Tibet entführen zu können. Sehen Sie, auch das habe ich von Anfang an gewußt – und Sie wollten es mir nicht sagen.«
Chavasse leckte sich über die trockenen Lippen. »Katja hat es Ihnen gesagt?«
»Aber natürlich. Es war doch so einfach. Sie mußten einen triftigen Grund dafür haben, daß Sie sich in Hoffners Haus als Kurbsky ausgaben. Ich habe den guten Doktor aufgefordert, mir alles zu sagen, was er wußte. Als Menschenfreund hat er sich natürlich geweigert, ein Wort zu verraten. Da machte ich ihn darauf aufmerksam, daß sich diese Einstellung ungünstig auf unsere künftigen Beziehungen auswirken könnte. Da schritt sofort Katja ein und erzählte mir alles, um ihm weitere Unan nehmlichkeiten zu ersparen.«
»Dann wissen Sie es also«, sagte Chavasse. »Ich bin froh, daß sie gescheit genug war, es Ihnen freiwillig zu erzählen. Was haben Sie mit den beiden gemacht?«
»Sie wohnen immer noch in Hoffners Haus. Ich fürchte, nach Abschluß dieser Angelegenheit werde ich sie nach Lhasa und von da nach Peking schicken müssen.«
»Aber was wollen Sie denn noch wissen?«
»Es sind noch eine Menge Fragen offen. Zum Beispiel, wie Sie nach Tibet hereingekommen sind. Wer Ihnen hier geholfen hat. Was aus Kurbsky und seiner Eskorte geworden ist.«
»Diese Fragen stellen Sie mir nun schon seit drei Wochen«, sagte Chavasse. »Und was hat es Ihnen eingebracht? Warum geben Sie es nicht auf?«
»Ich gebe niemals auf, mein Lieber.« Lis Stimme klang plötz lich eiskalt. »Sie dürfen mich nicht für einen Narren halten. An dieser Sache stimmt doch etwas nicht. Und ich will wissen, was das ist.«
Chavasse lachte ihm offen ins Gesicht. »Sie können mich genauso gut erschießen und die Quälerei hinter sich bringen.«
»O nein, Paul! Das werde ich nicht tun. Wir sind noch lange nicht miteinander fertig, und Sie werden mir genau das erzäh len, was ich wissen möchte: die Wahrheit nämlich. Die ganze Wahrheit werden Sie mir erzählen, und freiwillig! Danach fahren Sie nach Peking. Ich hege keinen Zweifel daran, daß das Zentralkomitee in Ihnen einen wertvollen Verbündeten haben wird.«
»Bringen Sie mich doch um, dann ersparen Sie uns beiden eine Menge Ärger.«
Oberst Li schüttelte den Kopf. »Ich will Ihnen helfen, Paul. Ich werde Sie retten, auch gegen Ihren Willen.«
Er stand auf und ging mit raschen Schritten weg, um wieder aufzusteigen und die Führung des Trupps zu übernehmen. Nach einer Weile band Chavasses Bewacher die Leine wieder an seinen hohen Holzsattel. Der Trupp setzte sich langsam in Bewegung.
Sie ritten den Hügel hinunter. Als sie sich dem Dorf näherten, liefen ihnen ein paar kläffende Köter entgegen. Ihr Bellen klang in der feuchten Luft irgendwie hohl. Die Soldaten traten
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