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Gehoere ich halt nicht dazu

Gehoere ich halt nicht dazu

Titel: Gehoere ich halt nicht dazu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Angerer , Miriam Koch
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geht's ? “, sage ich.
    Nichts. Sie liegt genauso da wie sie die ganzen Jahre lang da lag. Die Maschinen überwachen ihre Körperfunkti o nen und piepsen. Körperfunktionen. Blödes Wort.
    Ich bekomme keine Antwort. Weder auf die Frage, wie es geht, noch auf die wichtigen Fragen des Lebens. Ich halte es nicht mehr aus. Wo ist ihr Leben hin?
    Ich gehe schnell, so als hätte ich etwas gestohlen, aus dem Zimmer. Keiner hat bemerkt, dass ich da war. W a rum bin ich überhaupt hergekommen? Mir ist schlecht. Ich sehe meine Füße an. Die Schuhe sind noch immer nass. Der Lift kommt lange nicht. Erst als es wieder nach unten geht, verlangsamt sich mein Herzschlag, hab ich das Gefühl, wieder atmen zu können.
    Als ich aus dem Lift aussteige, höre ich eine Stimme.
    „Hallo pixel-snake“, sagt jemand.
    Pixel-snake heiße ich beim Chatten. Den Namen kennen nicht viele. Pitpuff69 etwa. Und so schaue ich in ein Gesicht, das mir völlig fremd ist. Auf einen Menschen, den ich gut kenne, wenn er die Wahrheit im Netz erzählt und nicht nur Blödsinn.
    „Kommst du mich abholen ? “, fragt pitpuff 69 .
    „Wie heißt du denn?“
    „Angelika. Und du?“
    „Angelika“ , denke ich und sage ich. Pitpuff69 alias Ang e lika lacht laut auf. „Bist du dir sicher, dass du auch Angelika heißt?“ fragt die junge, schlanke, blonde Frau mit den strahlend blauen Augen, während sie mit der rec h ten Hand durch ihr Haar streift und dieses gleichzeitig kokett nach hinten wirft. 
    Natürlich heiße ich nicht Angelika, denke ich und sage diesmal nichts. Ich habe in diesem Moment das Gefühl , überhaupt nie wieder was sagen zu wollen. Meine g e samte Aufmerksamkeit scheint jetzt nach innen geric h tet zu sein. Ich kenne das gut. Wenn ich Angst vor etwas habe oder Lampenfieber oder wenn ich deprimiert von mir und der Welt um mich herum bin. Aber so weit weg von der Außenwelt war ich wohl nie zuvor. Es tut sich auch recht viel in meinem Kopf. Da ist Mu t ter, da ist ein Mann, der mein Vater sein könnte, da ist eine Krankenschwester, deren Gesicht mir nicht mehr einfällt, da ist mein online-Freund pitpuff 69 , der sich jetzt als geile Blo n dine entpuppt, da sind Jolanda mit traurigem Gesicht und Fl o rian, da ist Frederick genüsslich Jolanda küssend, ich kann ihre Zungen sehen, sie sind so wild und hemmungslos, da ist das Skelett von Frau Schönthaler auf dem Schauke l pferd mit einer Boa um den Hals, da ist ein Frigo-Katalog mit George Clooney, der da eindeutig nicht hingehört, da ist Alexander der Große, der das olymp i sche Feuer mit einem Gasfeuerzeug entzündet, da ist meine Oma, die am Computer sitzt und e i nen Blog über Brautkleider schreibt, da ist ein Foto von meiner Schulklasse auf dem ich nicht drauf bin und da ist ein Ca b rio, wo ich drin bin. Ich bin tot. Das Cabrio ist unversehrt. Das Dach ist offen. Meine Augen auch . Muse läuft im Radio. Die Kamera schwenkt zu den Wolken über meinem Leichnam.
    Angelika scheint ein wenig enttäuscht zu sein von mir und meinem abwesenden Gesicht. Sie tippt gelangweilt auf ihrem Handy herum.
    „Was ist jetzt mit dir?“, fragt die Blondine ungeduldig. „Wenn du mir schon nicht sagen willst wie du heißt, so könntest du mich zumindest auf einen Caipirinha einladen, findest du nicht?“ Angelika sieht mich fordernd an. Ich komme langsam aus meiner Abwesenheit wieder an.
    „Mojito“, antworte ich leise.
    „Auch recht“, seufzt Angelika. „Oder ist das jetzt dein Name?“
     
    Wir sind die ersten Gäste in der kleinen Bar in der Gumpendorfer Straße . Angelika bestellt bereits im Hineingehen lautstark zwei Mojitos. Mir ist das ziemlich peinlich, und ich räu s pere mich unsicher und unauffällig. Dem Personal ist das s o wieso alles egal.
    „Du bist aber nicht die Pflegerin, mit der ich im Kranke n haus gesprochen habe ? “, frage ich Angelika, während der Barke e per konzentriert beginnt die Minze-Blätter für unsere Mojitos zu sortieren.
    „Gut beobachtet, pixel-snake“, grinst die Blonde, die in di e sem Moment meinem Bild von pitpuff 69 überhaupt nicht en t spricht. Sie ist mir so fremd wie ich mir selbst.
    „Aber du arbeitest auch im Spital und musst das G e spräch zwischen der Pflegerin und mir belauscht haben“, stelle ich die Stirn runzelnd fest.
    „Ge nicht be“, meint Angelika knapp. Nachdem sie mein ra t loses Gesicht registriert hat, ergänzt sie: „Ich habe euch nicht belauscht. Ich habe euch bloß zugehört“.
    Ich schaue Angelika jetzt wie ein

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