Geht das denn schon wieder los?
an der Strippe.«
»Bei dir auch? Heute früh hat sie mir ihr Hochzeitskleid beschrieben!«
»Ach nee! Gestern hatte sie doch noch gar keins.«
»Das hatte sie auch wirklich nicht. Jetzt kriegt sie eins von Svenja.«
»Ein richtiges Brautkleid?« Immerhin hatte Svenja erst vor einem halben Jahr geheiratet, und das in einer sehr eleganten weißen Seidenrobe.
»Na ja, wohl nicht so was Klassisches, mehr was Festliches«, vermutete Nicole, »gesehen habe ich es ja auch noch nicht, aber normalerweise heiratet man doch nicht unbedingt in Schwarz, oder?«
»Ich kenne eine Frau, die hat im grauen Hosenanzug geheiratet. Mit kurzen Hosen!«
»Stimmt! Die ziehe ich übrigens am Freitag wieder an! – Ist es euch recht, wenn ich Tim in einer Viertelstunde bringe?«
»Natürlich!« Wenigstens hatte ich noch genug Zeit, Opa auf seine verantwortungsvolle Tätigkeit vorzubereiten und Stefanie dahingehend zu informieren, dass der Blumenschmuck für den Brautwagen am besten aus Holunderzweigen bestehen sollte. »Aber nur, wenn schon Früchte dranhängen. Die Braut trägt Schwarz!«
»Na, das passt doch zusammen!«, jubelte Steffi los, »Margit kommt nämlich ganz in Weiß!«
Noch neunundvierzig Stunden bis X.
»Weshalb soll ich diesen Anzug nicht mehr anziehen?«, wollte Rolf wissen und betrachtete sich im Spiegel. »Den habe ich doch auch bei Nickis Hochzeit getragen!«
»Eben deshalb!« Deutlicher wollte ich eigentlich nicht werden. Allerdings endet unser Spiegel in Bauchnabelhöhe und verbirgt gnädig das, worauf es ankommt – nämlich den Bereich unterhalb der Taille. Und genau dort spannte das Jackett allzu sichtbar.
»Soll ich vielleicht im Smoking gehen?«
»Besser nicht, der sitzt bestimmt noch enger!« So, das war deutlich genug gewesen, doch offensichtlich war es nicht angekommen.
»Smoking wäre sowieso übertrieben«, wurde ich belehrt, während er vorsichtig einatmete. »Dieser dunkelgraue Anzug ist absolut passend.«
»Aber nur, wenn du die ganze Zeit stehen bleibst und später auch aufs Essen verzichtest, denn das pflegt man bekanntlich sitzend einzunehmen. Mach doch mal die Knöpfe von der Jacke zu!«
»Weshalb? Die bleiben immer offen, wenn man sitzt.«
Er will’s einfach nicht wahrhaben, ging es mir durch den Kopf, dabei sollte er doch im Laufe der Jahre gemerkt haben, dass auch ich inzwischen aus Größe achtunddreißig rausgewachsen war!
»Eigentlich hast du Recht!« Sichtlich erleichtert öffnete er den Hosenbund. »Wenn meine Tochter in Trauerkleidung heiratet und ihr Mann sich weigert, wenigstens zu seiner Hochzeit eine Krawatte umzubinden, dann könnte ich doch eigentlich in Trainingshose und Pantoffeln kommen!«
»Geht nicht, du besitzt weder das eine noch das andere!«
Wir einigten uns schließlich auf einen Anzug jüngeren Datums, bei dem die Knöpfe ohne Atemkontrolle geschlossen werden konnten, und damit war auch dieses Thema abgehakt. Zumindest für Rolf. Für mich fing es erst an.
Nun teile ich das Schicksal vieler Frauen, die genau wie ich einen ganzen Schrank voll nichts anzuziehen haben. Natürlich hängt genug drin, aber seltsamerweise nie etwas Richtiges für das jeweils bevorstehende Fest: Das hellgraue Taftkleid eignet sich nur für Konzert und Theater, aber bloß im Winter, und im Sommer sind eh Ferien, auch bei der Kultur … Dieses gestreifte Leinenkleid war sowieso ein Fehlkauf gewesen, es steht mir einfach nicht, und ich weiß auch gar nicht, weshalb es immer noch hier hängt. Der cremefarbene Hosenanzug sieht zwar schick aus, passt auch prima zu Geburtstagsfeiern, Housewarming-Partys und vierzigjährigem Dienstjubiläum, aber nicht zu einer Hochzeit, und der Schwarze mit dem Nadelstreifen ist viel zu steif, der kommt außer für hochoffizielle Anlässe allenfalls noch für Beerdigungen in Betracht, außerdem ist er mindestens sechs Jahre alt und bestimmt zu eng … Alles andere, was da hängt, ist zu sportlich und einer Brautmutter keinesfalls angemessen. Vielleicht sollte ich doch etwas Neues …? Morgen wäre noch Zeit für einen Abstecher in die Kreisstadt! Auch wegen der bunten Glühbirnen, anpinseln geht nämlich nicht, hat Rolf gesagt, sobald die Lampen brennen, würde die Farbe nach kurzer Zeit rissig werden und sogar absplittern. Also moralische Unterstützung bei Stefanie holen, vielleicht kommt sie sogar mit. Sie war auch gleich nach dem ersten Läuten am Telefon. »Ich weiß nicht, was ich anziehen soll!«
»Ich auch nicht!«, kam es sofort
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