Geht das denn schon wieder los?
überlegen, woher ich eventuell Schuhe für Sven kriegen könnte. Von Rolf passen ihm keine, die sind zu klein, und von Eddie weiß ich, dass er genau wie Hannes auf großem Fuß lebt, irgendwo zwischen vierundvierzig und fünfundvierzig. Ob Tom vielleicht …? Nein, der könnte ja auch mit jedem Schritt eine Flunder tot treten, und sonst fiel mir niemand ein. Und überhaupt war ich nun wirklich nicht mehr verantwortlich für die äußere Erscheinung meines Sohnes, er war doch vorgestern auch schon ganz freiwillig zum Friseur gegangen.
Als ich mich zehn Minuten später im Spiegel betrachtete, beneidete ich zum ersten Mal Michael Jackson. Nicht etwa, weil er so viel Geld hat, sondern wegen seiner Perücken. Ich hätte ja gar keine davon haben wollen, schwarze Haare stehen mir nicht, aber bei Bedarf so ein Ding einfach auf den Kopf stülpen zu können und sofort fertig frisiert zu sein, wird immer dann zu einem Wunschtraum, wenn meine eigene Frisur aussieht, als sei der Fön explodiert.
»Wirst du heute noch mal fertig?«, klang es von unten. »Es wird langsam Zeit!«
Weiß ich ja selber, aber dafür weiß Rolf noch nicht, dass wir erst zur Wohnung fahren müssen, und das nicht nur wegen der Fressalien hinten im Kofferraum. Sven kann sich ja schlecht auf der Toilette im Standesamt umziehen, und Katja würde den Schmuck bestimmt auch lieber vorher haben wollen.
Kurze Handtaschenkontrolle, ob alles drin ist, dann Treppe runter, Haustür zugeknallt und – Anne in die Arme gelaufen.
»Bleib mal einen Moment stehen!« Und schon hatte sie abgedrückt. »Dieser Augenblick ist es wirklich wert, fotografisch festgehalten zu werden!«, meinte sie und winkte Rolf an meine Seite, »Oma und Opa fahren zur Hochzeit ihrer jüngsten Tochter! Das gehört einfach ins Familienalbum!«
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Kapitel 24
J etzt wird’s aber wirklich Zeit, dass ihr aufkreuzt«, begrüßte uns die Braut, schon im kleinen Schwarzen mit gerade noch schwiegermutterverträglichem Ausschnitt und Bolerojäckchen darüber. »Habt ihr für Sven was zum Anziehen mitgebracht? Der arme Kerl sitzt geduscht im Bad und traut sich nicht mehr raus!«
»Dem Manne kann geholfen werden!« Rolf kämpfte sich mit erhobener Hand und dranhängendem Bügel die Treppe hoch, auf deren Stufen immer irgendwas steht, das entweder ganz nach oben muss oder nach unten oder nur mal eben abgestellt wird, ständig bemüht, die hellen Hosenbeine nicht über den Boden schleifen zu lassen. »Wo war das Bad noch mal?«
»Immer noch eine Treppe höher!« Katja nahm mir die Kuchenplatte aus der Hand. »Die muss ich vorübergehend im Schlafzimmer deponieren, und wenn du noch was hast, stell alles auf die Betten, ich habe extra ein großes Laken drübergelegt, woanders ist momentan einfach kein Platz mehr. Soll dir jemand tragen helfen?«
»So viel ist es ja gar nicht, das schaffe ich schon allein. Sind Steffi und Hannes noch nicht da?«
»Hannes ist angeblich unterwegs nach hier, und Steffi holt gerade das andere Paar ab. Wenn schon Doppelhochzeit, dann aber auch Vorfahrt im Konvoi. – Hast du schon einen Blick auf den Hof geworfen?« Sie zog mich zum Seitenfenster: »Guck mal runter!«
Viel war von hier oben eigentlich noch nicht zu sehen, außer den blitzsauberen leeren Garagen und dem großen Zelt ganz hinten auf der Wiese. Der eigentliche Aufbau sollte ohnehin erst am Abend beginnen, wenn die freiwilligen Hilfskräfte nicht mehr dort beschäftigt waren, wo sie ihr Geld verdienen – hier würden sie ja nur Brötchen kriegen und Grießpudding.
»Wo ist eigentlich dein künftiger Ehemann?«
»Der fährt Porsche!«
»Der macht – was?«
»Na ja, Gunni ist doch vorhin gekommen, seine Trauzeugin, und weil nachher bestimmt keine Zeit mehr ist, habe ich die beiden auf die Autobahn geschickt. Aber sie müssten eigentlich gleich zurück sein.«
Nun wusste ich zwar, dass eben jene Gunni nicht nur leidenschaftliche Porschefahrerin, sondern darüber hinaus auch in der glücklichen Lage ist, sich alle paar Jahre einen neuen kaufen zu können, und ich verstehe auch, dass Tom als bekennender Autofreak lieber mit zweihundertfünfzig über die Autobahn brettert als mit hundertfünfzehn, mehr schafft sein schon betagter Hobel nämlich nicht,
aber doch nicht eine Stunde vor der eigenen Hochzeit!
Katja schien das allerdings völlig in Ordnung zu finden. »Hier sind sie doch sowieso bloß im Weg …«
»Sag mal, Määm, wo hast du denn
das
ausgegraben?« Mit anklagender Miene hielt Sven
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