Geht das denn schon wieder los?
nicht!«
Taxi Nummer eins setzte sich in Bewegung, und endlich kroch auch unser Fahrer hinters Steuer. Er fummelte den Zündschlüssel ins Schloss, kurbelte die Scheiben hoch und schaltete die Klimaanlage ein. Dann drehte er sich zu uns um und fletschte freundlich die Zähne. »I am Hassan. You go to Al Maha?«
»Yes!«, bestätigten wir einstimmig.
»You know the way?«
»No!«
»Okay!«, meinte er und fuhr los. Vom vorderen Wagen war schon nichts mehr zu sehen, doch Geschwindigkeitsbegrenzungen schien es in diesem Land nicht zu geben, vielleicht galten sie auch nur tagsüber, jedenfalls hatte Hassan schon nach wenigen Minuten das andere Taxi eingeholt. »Your friends?«
»Yes!«
Bevor sich die Unterhaltung auf dieser sehr informativen Basis fortsetzen würde, überschüttete Susanne unseren Fahrer mit einem Schwall englischer Sätze, von denen er offensichtlich nicht einen einzigen verstand. Schließlich nickte er zustimmend und hielt von da an den Mund.
Wenige Minuten später befanden wir uns auf der vierspurigen Autobahn, die schnurgerade in die Unendlichkeit führte und aussah, als sei sie gerade erst fertig gestellt und anschließend noch gefegt worden. Blank geputzter Asphalt ohne Rillen, ohne Bremsspuren und vor allem ohne Reparaturstellen, anders als bei uns, wo die Autobahnen überall an Flickenteppiche erinnern. Alle hundert Meter spendete eine Laterne honiggelbes Licht und – was nun völlig abwegig erschien – zwischen den mittleren Leitplanken und parallel zu den Fahrbahnen gab es auf jeder Seite einen etwa zwei Meter breiten echten Rasenstreifen. Gleich dahinter dehnte sich auf beiden Seiten die Wüste endlos bis zum Horizont.
»Wo um alles in der Welt kriegen die das Wasser für diese luxuriöse Randbepflanzung her? Hier regnet’s doch so gut wie nie!«
»Unterirdisch«, vermutete Susanne, »und das größte Problem wird wohl gewesen sein, mit den Wasserrohren nicht den Ölpipelines in die Quere zu kommen!«
Stimmt – das Öl hatte ich total vergessen.
Seit einer Viertelstunde schon fuhren wir auf dieser unwirklichen Straße entlang, hatten kein einziges Auto überholt, keine Tankstelle passiert und kein Verkehrsschild entdeckt außer jenem auf die Spitze gestellten Dreieck mit dem roten Rand und dem schwarzen Kamel in der Mitte.
»Bei uns zu Hause
erkämpfen
sich Kamele häufig das Vorfahrtsrecht«, murmelte ich, »hier haben sie es offiziell.«
Plötzlich waren die Rücklichter des vor uns fahrenden Taxis verschwunden, und ehe Hassan das bemerkt hatte, war er an der kaum erkennbaren Abzweigung auch schon vorbei. Also trat er auf die Bremse und legte den Rückwärtsgang ein. Während wir in einem Höllentempo zurückpreschten, stellte ich mir diese Situation auf der A 5 kurz nach dem Heidelberger Kreuz vor und kam zu dem Schluss, dass weder Hassan noch sein Auto auch nur die geringste Überlebenschance haben würden.
»Siehst du irgendwo einen Wegweiser?« Angestrengt starrte Susanne ins Dunkle. »Hier ist doch gar keine Straße, da kommen bestenfalls Raupenfahrzeuge durch.«
Zu dieser Erkenntnis war wohl auch Taxifahrer Nummer eins gelangt, jedenfalls war er ausgestiegen, Hassan tat es ihm nach, und schließlich standen wir allesamt morgens gegen halb vier auf einer Art Trampelpfad in der stockdunklen Wüste und hatten keine Ahnung, wie es weitergehen sollte. Und weil wir noch immer kein Arabisch verstanden, wussten wir auch nicht, worüber sich unsere beiden Chauffeure so heftig in die Haare gerieten – zumindest hörte es sich danach an. Zwei Tage und etwa siebzehn solche Dialoge später hatte ich endlich begriffen, dass es sich bei diesen vermeintlichen Streitereien einschließlich der drohend erhobenen Hände um ganz normale Unterhaltungen handelte. Andere Länder – andere Sitten. Und das war erst der Anfang!
Inzwischen war Hannes den scheinbar unbefahrbaren Weg ein paar Meter weit abgeschritten und kam nun zurück. »Es sind tatsächlich ganz normale Reifenspuren zu erkennen, also müssen hier schon Autos gefahren sein. Versuchen wir’s einfach!«
In gemäßigtem Schritt-Tempo ging es weiter, und dann tauchte in der Ferne tatsächlich ein Licht auf. »Heureka!«, schrie Steffi aus dem geöffneten Fenster. »Wir haben’s geschafft!«
Minuten später standen wir vor einer Art Bauzaun, befunzelt von ein paar Lampen, die herumstehende Gerätschaften und zwei größere Holzbaracken anleuchteten. Neben dem verrammelten Eingang hatte sich ein Uniformierter mit Hund
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