Geht das denn schon wieder los?
haben wir uns schon immer an die Regel tropenerfahrener Europäer gehalten: No alcohol before sunset!
»Dann wollen wir mal zur Rezeption gehen, Frau …«
»Wels!«, sagte Frau Wels, »Ilona Wels, jenau wie der Zitterfisch. Richtich heeße ick ja Erika, aba so heeßt doch jede Schrippenverkäuferin, und da habe ick mir jedacht, Erika, habe ick jedacht, du legst dir ’n Künstlernamen zu! Ick bin nämlich wirklich Künstlerin.«
Auf welchem Gebiet sie künstlerisch tätig ist, erfuhren wir erst am vorletzten Abend. Nach Klärung des Sachverhalts und der Zusicherung von Miss Nazirah, man werde sich sofort um eine weniger harte Matratze bemühen, hatte sich Susanne verabschiedet und war direkt zu unserem Zelt gegangen, in der berechtigten Annahme, dass wir auf ein nochmaliges Zusammentreffen mit Ilona Wels heute keinen Wert mehr legten und rechtzeitig getürmt waren.
Bereits im Halbschlaf ließ ich den Tag noch einmal Revue passieren: Tausendzweihundert Mark war er bestimmt nicht wert gewesen, aber für unsere zweihundert hatten wir eine ganze Menge erlebt!
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Kapitel 8
Z weiter Tag und erster Reinfall: Den Sonnenaufgang hatte ich nämlich verpasst! Ihre Strahlen blinzelten bereits durch die nicht ganz geschlossenen Vorhänge, Stimmen drangen von draußen herein, aber nicht die betont leisen des Personals, sondern laut krächzende, in die gelegentlich grunzende Laute einfielen – zusammen klang das recht merkwürdig und war es wert, der Sache auf den Grund zu gehen. Also raus aus dem Bett und vorsichtig durch den Vorhangspalt gelinst. Nur ein paar Meter entfernt lagen sie im Sand, mindestens ein Dutzend mussten es sein; aufgezäumt wie Zirkuspferde blickten sie hochnäsig in die Gegend und mümmelten vor sich hin.
»Susanne, aufstehen! Die Kamele sind da!«
»Na und? Ich hab schon mal welche gesehen«, kam es irgendwo unter der Bettdecke hervor, »als Haustiere sind sie einfach zu groß, also lass dir keins andrehen!« Sprach’s, rollte sich auf die andere Seite und war im Nu wieder eingeschlafen.
Ich wusste zwar, dass Susanne gewisse Schwierigkeiten mit dem morgendlichen Aufstehen hat, man erinnere sich an die drei Wecker im Suppenteller, aber sie kann doch nicht den halben Urlaub verschlafen! Jedenfalls nicht einen für dreiundachtzig Pfennig pro Minute!
Einen Reisewecker habe ich immer dabei, Teller natürlich nicht, aber die Seifenschalen im Bad würden genügen, die waren auch aus Porzellan. Schwieriger war es schon, Ersatz für Glasmurmeln zu finden. Kofferschlüssel sind zu klein und machen kaum Krach, Lippenstifte haben meistens Plastikhüllen, die hört man schon überhaupt nicht, und nach kleinen Steinchen braucht man mit nichts als Sand weit und breit gar nicht erst zu suchen. Ein Streifzug durchs Bad brachte dann doch noch die Lösung: Die Duftfläschchen! Sie bestanden überwiegend aus Glas, und wenn man sie dicht nebeneinander aufreihte, würden sie hoffentlich laut genug scheppern. Vorsichtshalber türmte ich gleich drei Schalen übereinander, legte doch noch die Kofferschlüssel dazwischen, programmierte den Wecker und stellte den ganzen Aufbau direkt neben die Bodenvase. Die war aus Messing und würde hoffentlich ein bisschen mitspielen.
Jetzt hatte ich noch genau zwei Minuten Zeit! Entweder ungewaschen, ungekämmt in Shorts und T-Shirt ganz schnell aus dem Bungalow verschwinden, was man in meinem Alter allenfalls bei Ausbruch eines Feuers tun sollte, oder Dusche aufdrehen und sich darin verbarrikadieren. Ich zog Letzteres vor und hörte dank des prasselnden Wassers nur einmal einen lauten Schrei und danach lediglich unvollständige Drohungen. Dann allerdings stürzte eine Art Racheengel in einem himmelblauen Shorty ins Bad, riss die Tür der Kabine auf und drehte mit einem Griff den Heißwasserhahn zu. Sofort ertönte ein neuer Schrei, diesmal von mir! Wenn ich etwas hasse, dann ist es eiskaltes Wasser von oben!
Wenigstens hatte ich Susanne aus dem Bett gekriegt, und wenn sie erst mal wach ist, wird sie relativ schnell wieder ganz friedlich.
Steffi und Hannes saßen schon auf der Terrasse beim Frühstück, gabelten Rühreier mit Schinken und tranken Tee. »Ich weiß nicht, woraus die den Kaffee machen«, warnte Steffi, »heute sieht er ziemlich grün aus und schmeckt auch so.«
»Normalerweise trinkt man ihn hier nur aus Mini-Tässchen«, erklärte ich ihr zum wiederholten Mal.
»Das kann ich verstehen. Dann hat man’s schneller hinter sich!«
Selbst fanatische Kaffeetrinker
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