Geht das denn schon wieder los?
immer noch, hatten aber Hunger, und die neuen Gäste kannten wir ja auch noch nicht. Also trabten Steffi und Susanne ab, um Jacken zu holen – eigentlich nur mitgenommen für kühle Malediven-Abende, von denen ich allerdings noch keinen erlebt habe – während Hannes und ich zu unserem Tisch geleitet wurden. Man bekommt die brettsteif gestärkte Serviette auf den Schoß gelegt, von wo sie genau deshalb gleich wieder runterrutscht, man bekommt ein Glas Eiswasser hingestellt und die Speisekarte gereicht, deren eine Seite aus der bereits erwähnten Bilderschrift besteht, die andere aber in Englisch abgefasst ist.
»Ich trinke selten harte Sachen, aber jetzt könnte ich einen Remy vertragen – bloß zum Aufwärmen natürlich«, wandte ich mich an meinen Schwiegersohn, »bestell doch mal einen, ja?«
Strafend sah er mich an. »Darfst du das denn? Wir sind hier in einem streng moslemischen Land, da trinken Frauen, sofern überhaupt, höchstens
nach
dem Essen was Süßes!«
»Hast du mich jemals mit einem Likörglas in der Hand gesehen? Außerdem friere ich
jetzt
und nicht nachher! Da bin ich nämlich schon tot!«
Zusammen mit dem Cognac kam meine Jacke, ich taute allmählich wieder auf und konnte endlich auch den Neuankömmlingen die gebührende Aufmerksamkeit schenken. Der Koffer aus Kairo gehörte zweifellos zu dem sehr soigniert aussehenden Ägypter, jedenfalls vermutete ich, dass es einer war, denn er hatte eine gewisse Ähnlichkeit mit König Amenophis II . Sein Abbild in Meyers Konversationslexikon, Ausgabe achtzehnhundertundichweißnichtmehr, jedenfalls noch in altdeutscher Schrift und ledernem Einband mit Goldschnitt, hatte mir immer ausnehmend gut gefallen.
Am Tisch daneben saßen Jan und Hendrik, hielten unterm Tisch Händchen und löffelten überm Tisch ihre Suppe. Sah ziemlich unbequem aus, schien ihnen jedoch nichts auszumachen.
Hamburg, noch in Reisekleidung und deshalb am besten den im Raum herrschenden Temperaturen angepasst, sah aus wie frisch verheiratet. Die Ringe glänzten so neu, und die Champagner-Flasche mit Schleifchen dran und Glückwunschkarte daneben bestätigte meine Vermutung:
Honeymooner!
Interessant war eigentlich nur die Dame an dem Einzeltisch. Ihr gehörte vermutlich der dritte Koffer mit dem Hamburger Aufkleber und diese braun-orange karierte Reisetasche, von der Stefanie behauptet hatte, so etwas gäbe es nur noch auf dem Flohmarkt und in
Rudis Reste-Rampe.
Der Verdacht lag nahe, dass die Dame zum Teil auch ihre Garderobe von dort bezieht, denn die gelben Hosen zusammen mit dem grünen Oberteil ergaben zwar einen guten Kontrast zu den schwarz gefärbten Haaren, aber wann waren noch mal die Blusen mit den großen spitzen Kragen modern gewesen? Das i-Tüpfelchen bildeten jedoch die goldenen Sandalen, und die waren garantiert neu.
Unnötig zu erwähnen, dass das Essen natürlich exzellent war, der Wein nicht ganz so exzellent, aber immer noch sehr gut, über die Eisbombe kann ich nichts sagen, mir war auch ohne noch kalt genug.
»Jetzt auf einen Absacker in die Bar«, kommandierte Hannes, »und dann ab in die Heia! Ich für meinen Teil habe in puncto Schlaf erheblichen Nachholbedarf!«
Den hatten wir alle, aber einen von diesen farbenfrohen Cocktails würden wir vorher noch verkraften können. Es wäre allerdings besser gewesen, darauf zu verzichten.
Kaum hatten wir uns mit den Gläsern auf die Terrasse gesetzt, als uns jener weibliche Papagei erspäht hatte und sofort die Laufrichtung änderte. »Könn’ Sie Englisch?«
»Ein wenig«, bestätigte Susanne höflich, die niemals zugeben würde, irgendetwas gut zu können, allenfalls beherrscht sie es einigermaßen, »worum geht es denn?«
»Um det Bett! Det is zu hart, in so wat kann ick mit mein’ lädierten Rücken nich schlafen, aba det kapiert ja keener. Ick hab schon versucht, die Matratze mit die Kissen zu polstern, liejen ja jenuch rum, aba die sind zu hoch, da fall ick doch von runter. Könn’ Se det nich mal eene von diese Frauen verklickern? Denn wär ick Ihnen aba sowat von dankbar … Wat is ’n det, wat Sie da trinken? Sieht jut aus!« Sie deutete auf meinen Blue-Velvet-Cocktail, über dessen Zusammensetzung ich ihr aber auch nur sagen konnte, dass er es ziemlich in sich hatte.
»Mit drei von sone Dinger könnte ick sogar uff ’n Nagelbrett schlafen, aber det wird zu teuer. Die Cocktails sind nämlich nich inklusive, det wissen Se doch, oder?«
Natürlich wussten wir das, aber in heißen Ländern
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