Geht das denn schon wieder los?
Vielleicht ein Scheich inkognito? Schließlich stellte sie ihm Hannes als ihren Ehemann vor, und erst von da an hatte sie Ruhe.
Etwas enttäuschend war die moderne Variante des gediegenen Speisens, nämlich die Selbstbedienung, dann doch. Statt von einem knienden Boy eine Bratenplatte gereicht zu bekommen, schnappte man sich auch hier einen Teller, reihte sich dort ein, wo gebrutzelt wurde, ließ sich irgendwas draufpacken, anschließend holte man ein bisschen was von den zahlreichen Salaten, dazu ein Stück Baguette und/oder Fladen, kippte irgendwelche Soßen neben das Fleisch und zog wieder ab. Zwar waren die Salate etwas artfremd, aber mindestens ebenso bunt, haben – genau wie bei uns – unterschiedlich gut geschmeckt, hatten aber häufig einen Überraschungseffekt. »Iiiihhh, das ist ja ganz süß! Was is ’n das überhaupt?«, hörte man gelegentlich, oder ein geröcheltes »Oh god, it’s too hot!« und »Wasser! Gebt mir Wasser! Das Rote ist scharf wie die Hölle!«
Der Scheich gab sich zwischendurch auch mal die Ehre. Er muss in der Hierarchie aber einen ziemlich niederen Rang eingenommen haben, denn er ähnelte so gar nicht dem Herrscher auf jenen Fotos, die die Rezeption unseres Hotels zierten und die königliche Familie zeigten; der dort abgebildete Scheich sah wirklich majestätisch aus, sein hiesiger Abgesandter dagegen hatte überhaupt nichts Königliches an sich, aber er winkte uns allen sehr huldvoll zu, wir winkten zurück, und dann war er auch schon wieder weg. Vielleicht war’s ja gar kein echter gewesen, auch Filmstars lassen sich gelegentlich doubeln.
Obwohl ich den meisten Platz hatte und meine Beine ausstrecken konnte – mal nach rechts und mal nach links, was aber auch keinen großen Unterschied machte –, fand ich dieses Auf-dem-Boden-Hocken zunehmend unbequemer, und dagegen half auch nicht das gelegentliche Aufstehen zwecks Beschaffung neuer Nahrung, denn eigentlich war ich längst satt, doch mit einem leeren Teller in der Hand konnte man wenigstens ein paar Minuten vor dem Grill verbringen –
stehend!
Schließlich kam Greg und erlöste uns. Ob wir denn schon die Wasserpfeifen ausprobiert hätten? Ob wir – was? Wasserpfeifen? Hier? Wo denn? Darf man das überhaupt? Kommt doch Haschisch rein oder Mohn oder irgendwas anderes Berauschendes! Außerdem war es noch nicht lange genug her, dass ich dem Nikotin abgeschworen hatte, vielleicht würde ich wieder rückfällig werden … Und überhaupt ist Rauschgift verboten! Vielleicht nicht für Scheichs, aber bestimmt für Touristen! Was natürlich nicht heißt, dass ich mir die Sache nicht wenigstens mal ansehen würde!
Und dann saß ich mitten in der Wüste auf einem im Sand liegenden dicken Orientteppich, über mir ein traumhafter Sternenhimmel und vor mir ein türkisfarbenes Gefäß mit Deckel, das mich sofort an Omis große Blumenvase erinnerte, in der immer die künstlichen Gladiolen überwintern durften. Nur hing hier ein ungefähr anderthalb Meter langer geringelter Schlauch heraus mit einem metallenen Mundstück am Ende; sah so ähnlich aus wie das Oberteil einer Oboe. Steffi nuckelte gerade daran, jedenfalls hatte ich diesen Eindruck, doch sie behauptete, sie habe kräftig gezogen, und dann habe sie aromatisierten Rauch im Mund gehabt.
»Weiter nichts? Keine Euphorie? Keine Halluzinationen? Kein Bedürfnis nach einer richtigen Zigarette?« In puncto Nikotin-Entwöhnung war sie mir lediglich eine Woche voraus!
»Glaubst du denn, die setzen uns hier echtes Kraut vor? Das Ganze ist doch nur eine weitere Attraktion für uns unbedarfte Touris, aber ich kann mir vorstellen, dass an einem Winterabend vor dem brennenden Kamin so ein richtiges Wasserpfeifchen mit entsprechendem Inhalt durchaus seinen Reiz hätte …«
Sie wollte den Schlauch an mich weiterreichen, wurde von dem das ganze Spektakel überwachenden Beduinen jedoch daran gehindert. Erst nachdem er das Mundstück mit dem in eine milchige Flüssigkeit getauchten Wattebausch desinfiziert hatte, durfte ich an das Pfeifchen heran.
Es war eine herbe Enttäuschung! Erst kam überhaupt nichts heraus, obwohl es in dem bauchigen Gefäß leise gurgelte, dann bekam ich ein lauwarmes Gefühl im Mund, ich zog noch mal, schmeckte Hyazinthe, vielleicht war’s auch Alpenveilchen, allerdings habe ich beide noch nie gekostet, weiß nur, wie sie riechen, ein dritter Zug war auch nicht ergiebiger, und dann gab ich den Schlauch zurück. »Deine Wasserpfeifenorgie vor dem Kamin
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