Geht's noch?
falsch«, sagte Harrison. »Für die nächste Zeit habe ich alle Verpflichtungen abgesagt. Nichts ist mir wichtiger als du.« Die letzten Worte sprach er mit leiser, tiefer Stimme aus, und Roper, dem die Situation unangenehm war, trat von einem Fuß auf den anderen.
Die neben ihm stehende Amy schien ihn zu verstehen und drückte ihm die Hand.
»Du meinst wohl, nichts ist wichtiger, als mich dazu zu bringen, die Rolle einer Mutter und Großmutter zu übernehmen. Und das im Fernsehen.« Cassandra straffte ihre Schultern zu einer hochmütig wirkenden Pose, aber hinter all diesem Stolz bemerkte Roper ihre Angst.
Plötzlich war es ihm klar. Seine gut aussehende Mutter fürchtete sich davor, mit einem Akzeptieren dieser Rolle ihr eigenes Altern und ihre eigene Sterblichkeit zur Kenntnis nehmen zu müssen.
Harrison trat einen Schritt vor und nahm ihre Hand in seine. »Ich habe es so gemeint, wie ich es gesagt habe, Cassie. Nichts ist mir wichtiger als du .«
Die beiden blickten einander an, und die Stille wurde nur vom Hupen eines Autos und vom Quietschen der Reifen durchbrochen.
»Sollen wir sie besser allein lassen?«, flüsterte Amy.
Ben zuckte mit den Achseln. »Sieht fast so aus.«
Roper wollte bereits zustimmen, als seine Mutter wieder mit lauter Stimme sprach. »Als ob ich nicht wüsste, dass du mich hier nur umgarnen willst, damit ich diesen verdammten Part übernehme. Ich lass mich doch nicht für dumm verkaufen.« Mit diesen Worten trat sie auf die Straße und winkte nach einem Taxi.
Bevor noch jemand reagieren konnte, hatte ein Yellow Cab angehalten und Cassandra Lee war hineingesprungen. Roper registrierte ihren Abgang erst, als sie bereits verschwunden war.
Völlig unbeeindruckt wandte sich Harrison an Roper, Amy und Ben. »Hat mich sehr gefreut, Sie alle kennenzulernen«, sagte er. »Wir sollten das unbedingt irgendwann wiederholen.«
Ben schob sich zwischen Roper und den Regisseur. »Mit dem größten Vergnügen. Es gibt da eine Idee für ein Drehbuch, mit der ich derzeit herumspiele. Ein
Baseballspieler, der sich aufgrund einer tragischen Jugend nicht in den Minors durchsetzen kann.«
Harrison hörte ihm höflich zu und nickte. »Rufen Sie mich einfach an, und wir reden darüber«, sagte er zu Ben.
»Das werde ich.« Ben brach eilig auf und bedeutete Roper mit seinem Abschiedsgruß unmissverständlich, wohin er sich seinen Gesprächswunsch stecken konnte.
Harrison wandte sich wieder Roper zu. »War schön, auch Sie kennengelernt zu haben«, sagte er und streckte seine Hand aus.
Roper neigte leicht seinen Kopf und schüttelte die Hand des Mannes. »Sie ist eine schwierige Frau«, sagte er über seine Mutter.
»War sie immer schon.« Aus Harrisons Lächeln sprach ein tiefes Verständnis für Cassandras Art.
»Können Sie wirklich unbeschränkt hierbleiben?«, fragte Roper.
Harrison nickte. »Solange es dauert«, sagte er und wandte sich dann Amy zu. »War mir ein Vergnügen.« Er führte ihre Hand zu einem Kuss an den Mund.
»Ganz meinerseits«, sagte sie, und die charmante Geste ließ ihre Wangen pinkfarben anlaufen.
Dann drehte sich Harrison um und schlenderte pfeifend, die Hände in den Taschen seines Ledermantels vergraben, die Straße hinunter.
»Hmm.« Sprachlos blickte Roper dem Mann hinterher. »Der Abend verlief alles andere als erwartet.«
»Das glaube ich dir gerne. Dein Bruder ist wirklich ’ne Marke«, sagte sie.
»Er ist Harrison zu sehr auf den Pelz gerückt, war zu hart gegenüber Mom und hatte es viel zu eilig, mir aus dem Weg zu gehen.« Er blickte in den dunklen, wolkenverhangenen Himmel. »Es nervt«, fügte er leise hinzu. »Und was hältst du von Harrison Smith?«
»Ein sehr interessanter Mann«, sagte Amy, und ihre Augen leuchteten fasziniert. »Ich kenn zwar deine Mutter noch nicht lange, aber ich hätte nie geglaubt, dass sie jemand so aus der Fassung bringen könnte wie Harrison. « Amy rieb sich energisch die Hände aneinander.
Sie hatte sich anscheinend noch immer nicht an die Kälte gewöhnt. »Ich kenn sie schon eine ganze Weile, und ich habe so etwas auch noch nicht erlebt.« Er winkte ein freies Taxi heran.
Der Wagen kam vor ihnen zum Stehen, und Roper hielt Amy die Tür auf, sodass sie vor ihm in den Fond einsteigen konnte. Sie gab dem Fahrer ihre Adresse und Roper, der nach dem langen Tag erschöpft war, entschloss sich, keinen Protest einzulegen.
»Macht es dir etwas aus? Ich meine, sein offenkundiges Interesse?«, lenkte Amy ihr Gespräch wieder
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