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Geier (German Edition)

Geier (German Edition)

Titel: Geier (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter J. Kraus
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hatte, sie marschierten über die Aushebung, die nun schon fast eine Woche alt war, und sie sahen in der nur spärlich erhellten Dunkelheit weder Spuren der Morenoschen Arbeit noch mich.
    Es war zehn nach elf, als sie endlich den Weg wieder hinuntergingen. Am Licht sah ich, wo sie waren, das startende Auto bedeutete, dass ich jetzt außer Hörweite war, am pochenden Herzen merkte ich, dass ich mir noch zehn Minuten Ruhe unter meinem Gebüsch gönnen sollte. Also war ich erst gegen halb zwölf am Auto.
     
    Ich hatte noch durch die Wohnwagenfenster geguckt, aber nichts gesehen. Absolute Dunkelheit. Ich meinte jedoch, die drei hätten aufgeräumt – vermutlich, damit niemand Verdacht schöpfen würde. Am Türschloss war nichts zu sehen – sicherheitshalber schoss ich ein Blitzfoto vom Schloss, und hatte den Red-Eye-Vorblitz eingeschaltet. Der zeigte, dass das Schloss einwandfrei in Ordnung war. Ich sah weder Kratzer noch Beschädigung. Echte Fachleute. Mein Einbrecher war da weniger sorgfältig. Vielleicht war er deshalb tot.
    Die drei Horrorbullen! Sieh einer an. Hatten die vor, Morenos Verbuddeltes zu klauen? Wollten die ihren Geschäftspartner ausnehmen? Vielleicht, dachte ich hoffnungsfroh, lässt sich hier gewinnbringend ein Keil in die vermutete Freundschaft treiben.
    Mir schlug das Herz im Hals, bis ich auf der Ostseite des Berges war. Ich fuhr zehn Minuten Richtung Santa Maria, stellte das Auto auf dem Bergrücken ab, etwas weg vom Highway, und rief Rick an. Der antwortete sofort.
    „Du schläfst wohl auch nicht mehr?“
    „Nee, zurzeit nicht”, bedauerte er mit hellwacher Stimme. “Hör mal – ich lasse die Leitung über den Abhördetektor laufen, also haben wir erst mal gute zwei Minuten, ehe einer so weit kommt. Du weißt, dass du übers Radio gehört werden kannst?“
    „Klar. Deshalb schnell – wir müssen uns treffen. Heute noch.“
    „In Ordnung“, sagte er. „Rufe mich gleich noch mal an“, und legte auf.
     
    Ich wartete fünf Minuten und drückte die Wiederwahltaste. Er nahm sofort ab.
    „Dort, wo wir Kinder aus dem Dorf die Sommerferien verbrachten?“
    „Geht klar“, war ich einverstanden. Er meinte natürlich den Campingplatz in Oceano, direkt am Düneneingang, der um diese Jahreszeit bis auf den letzten Platz ausverkauft war. Mit Lowlifes aus dem Central Valley, mit Bodensatz aus der Wüste und mit Schrott aus den Slums der südlichen Großstädte. Ideal. Dort hatten wir Kids zur Freude unserer Eltern Zelte aufgebaut, und viele von uns sind während der Ferien nur zum Lebensmittelklauen nach Hause gegangen. Ich erinnerte mich, dass ich Rick damals mit Zeitungen unterm Arm dort gesehen hatte.
    „Hast du im Sommer Zeitungen verkauft?“
    „Habe ich. An die Touris. Jeden Tag fast fünf Dollar verdient.“
    Hatte ich nicht nötig. Gottseidank.
    „In einer Stunde treffen wir uns“, sagte ich und trennte.
     
    Eine Dreiviertelstunde später saß ich am Zugang zum Zeltplatz. Er war auf die Minute pünktlich. Ich stieg zu ihm ins Auto und führte ihn in das kleine Strandpinienwäldchen, in dem ich meinen Jeep abgestellt hatte.
    Wir gingen auf dem Sandweg ins Dorf zurück.
    Oceano schlief um diese Zeit tief und traumlos, aber einige Buden kannten keinen Feierabend, solange durstige Besucher, Lichtscheue und Einsame herumstrolchten.
    Ich wollte ins Eight-Ball, eine Billardpinte, die für ihren Wanderarbeiterpuff im Hinterzimmer berühmt war. Der reine Familienbetrieb – vorn schenkte Papa den Schnaps aus, ein stämmiger Junior schleppte Getränke, hielt treuhänderisch die Wetteinsätze und die Gäste in Schach, und hinten boten Tochter und Nichte des schnauzbärtigen, schmerbäuchigen Eigentümers ihre Fünfdollarquickies. Jedenfalls erzählte man sich das.
    Freitags, wurde im Dorf gemunkelt, kamen freie Mitarbeiterinnen hinzu, weil die beiden Molligen den Andrang nicht schafften. Freitags wurde der Wochenlohn bezahlt, und dann verdiente Papa an der Theke doppelt – einmal am Schnaps und einmal an den Wuchergebühren, die ihm fürs Scheckeinlösen zuflossen. Denn die Mehrzahl der Wanderarbeiter ist illegal im Lande, und Illegale haben keine Bankkonten.
    „Warst du schon mal hier drin?“ fragte Rick etwas ängstlich.
    „Nee. Du?“
    Er auch nicht.
    „Was soll´s – dann erkennt uns schon keiner.“
    Dachte er auch.
     
    Die Vorderfront des Etablissements war in Dunkel gehüllt. Wir überquerten den ruhig daliegenden Highway One und gingen ums einstöckige Holzgebäude. Eine nackte

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