Geier (German Edition)
nur, wie lange.“ Ich erklärte ihm kurz die Umrisse meines Problems; er verstand. Ich wusste, dass er nie quatschen würde. Immerhin war er meine connection, als ich Dealer war. Er hatte einen Haufen Schüler beliefert. Und er hatte den Erlös nicht wie ich versoffen, sondern in Sender und winzige Zeitungsverlage angelegt. Und war heute steinreich. So was verbindet. Wir konnten uns noch immer aufeinander verlassen.
Rick kam bald darauf durch die Tür.
„Kennst du eigentlich Rick noch?“
Brad schaute ihn an, aber sie hatten sich in der Schule wohl nicht gekannt. „Setz dich“, lud er ein, und wir schlürften erst mal unseren feudalen Eurokaffee. Dann schaute Brad auf die Jaeger-Le Coultre am Handgelenk, und staunte.
„Mensch, ich soll seit einer Viertelstunde schon unten im Dorf sein. Macht´s euch gemütlich, bleibt, solange ihr wollt. Setzt euch ins Verkaufsbüro, wenn ihr arbeiten wollt – Lovey, lass die beiden hin, wo sie wollen, und sehe zu, dass sie keiner stört. Hörst du?“
Sie wippte mit der Brust. Das hieß hier wohl: „Okay, Boss.“ Brad schoss zur Tür hinaus und trabte die Straße ins Dorf hinab.
Ich führte Rick um die Ecke, machte die Tür zum Verkaufsbüro auf und wusste vorher schon, dass es verlassen war. Nichts schlimmer für Brad als während der Geschäftsstunden einen Verkäufer im Haus zu sehen. Da wurde er fuchsteufelswild. Ich kannte die Bande. Saß in Harmony in der Bar und soff. Und machte per Mobiltelefon und Laptop ihr Geschäft. Wie ich nun auch.
„An der Straßenecke in der Nähe meiner Bude stand der Chevy, vor dem du mich gewarnt hast, und ich hatte so ein seltsames Gefühl, als ich am Haus vorbeifuhr. Also bin ich weiter, bin den Berg hoch und schaute vom Supermarkt-Parkplatz zu mir hinunter. Die Scheinwerfer dort oben machen mich seit Jahren wahnsinnig - deshalb weiß ich, dass man von dort aus einen ungehinderten Blick auf mein Häuschen haben muss. Na, keine fünf Minuten war ich da, als einer ganz locker meine Tür von innen aufmacht und herausspaziert. Der Junge, von dem du erzählt hast. Der Dritte, oder wie er sich nennt. Was also für mich auch die Sache klarstellt. Ich kann da nicht mehr hin.“
„Und dein Zeug? Meinst du, dass du unseren Plan ausführen kannst? Mit dem, was wir sowieso haben?“
Er lächelte: „Ich habe doch alles digitalisiert. Ist doch alles im Web. Gut versteckt. Und wenn ich mich nicht täusche, haben die hier einen Haufen Audiozeug herumstehen – die ganze Aufnahme- und Schnitttechnik, die wir brauchen, dürfte hier sein.“
„Dann ist ja alles in Ordnung. Wir können hier arbeiten – Brad schuldet mir noch einige Gefallen. Sollen wir anfangen?“
„Los. Auf geht´s.“ Er war Feuer und Flamme. Ich zeigte ihm das Aufnahmestudio. Der Belegungskalender hatte eine Menge freier Stunden – Brad hatte schon immer einen Tick mit Technik, die er inzwischen kaum noch brauchte, denn seine Programme wurden alle angeliefert. Mit Ansage. Alles Konserve. Ein einziger Techniker saß im Sendestudio herum und spielte gelegentlich eigene Werbeblöcke ein – ansonsten kam alles über Digitalleitungen von irgendwoher. So was nennt sich local radio. Ich werde noch immer stocksauer, wenn ich solche Sender höre.
Er hatte seinen Laptop dabei, ich hatte meinen, und wir schleppten beide einige Festplatten mit uns herum. Er baute alles vor sich auf, während ich mich mit dem Busenwunder ins Benehmen setzte.
„Hör zu, Schatz, ich muss dringend mit Brad sprechen. Sofort. Sag mir, wo er ist.“
„Kann ich nicht. Er ist mit einem Kunden. Da darf ich nicht stören.“
„Musst du aber. Denn ich kenne ihn mindestens genauso gut wie du. Anders, vielleicht. Und ich weiß, dass er vorm Essen schon immer irgendwohin ist, um eine zu bumsen. Also sag mir, wer seine Derzeitige ist und ihre Telefonnummer.“
„Darf ich nicht. Der wirft mich hochkant raus. Er behauptet immer, ich sei eifersüchtig. Bin ich doch gar nicht. Aber ich rufe ihn nicht an.“
„Sweetheart, dann fliegt die Bude in die Luft. Denn ich habe hier eine richtige Notsituation, und ich muss mich mit ihm unterhalten.“
Sie blieb stur. Gab keinen Zentimeter nach. Knallhart. „Er ist in zehn Minuten wieder da. Der Notfall wird so lange warten müssen.“ Sie schaute sicherheitshalber noch mal auf die Wanduhr, und zählte im Geiste mit. Ihre Lippen bewegten sich dabei kaum.
„Wo bist du zum College gegangen?“ wechselte ich das Thema.
„Santa Barbara“, sagte sie.
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