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Geier (German Edition)

Geier (German Edition)

Titel: Geier (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter J. Kraus
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Küche und Restaurant, Empfang und Büro, Privaträume und Ranch hatten jeweils ihre eigene Nummer, einige waren über zwei und drei Nummern zu erreichen, von den Mobiltelefonen im Haus ganz zu schweigen.
    Sie hatten alle eine Zusatzbezeichnung, die Telefone, bis auf die Nummer, die mich interessierte. Das war die einzige, die nicht im Telefonbuch eingetragen war, nicht über die Auskunft zu erfragen. Superprivat, wie so viele kalifornische Telefonnummern.
    Komisch nur, dass die anderen nicht nur im weißen Teil des Buches verzeichnet waren, sondern noch mehrmals riesig im Gelben; unter „Restaurants“, unter „Bars“, unter „Weinbau“, unter „Landgasthöfe“ – überall bezahlte Viertelseiten mit fett gedruckten Telefonnummern. Nur nicht die, die mir bisher solchen Ärger eingebracht hatte. Seltsam.
     
    Rick ist natürlich neugierig, was mir von vornherein klar war. Also erzähle ich ihm eine Story von einer Hübschen, die ich unbedingt wiedersehen will, die mir aber die Nummer gegeben hat, nach der ich ihn fragte. Also passiert´s auch mir, sogar mir, die Verarsche. Oh well. Ob er´s glaubt ist eine andere Sache, kratzt mich aber wenig. Hauptsache, ich weiß Bescheid. Und das tue ich – weiß genug, um mich mal aktiv um die Kneipe zu kümmern.
     
    Irgendwas muss ich machen. So kann´s nicht weitergehen. Ich habe ja Angst, nur den Fuß vor die Tür zu setzen. Und fühle mich in der eigenen Bude gefangen. Bedroht.
     
    Meine surferhafte Unbekümmertheit war dahin. Meine Lebensfreude auch. Mir war dauernd schlecht vor Angst.
     
    Ich dankte, und Rick zog wieder ab. Der stank nach Unterarm. Unangenehm. Kein Wunder, dass der sich dauernd einen runterholen musste. Ich habe gar nicht nach eventueller Frau oder Familie gefragt. Kann man nix machen.
     
     

6 Dealer
     
     
    „Nei-enn, Jon, der Boss ist noch immer nicht da“, bedauerte die Vorzimmer-Florence. „Glaube auch kaum, dass er heute noch auftaucht. Vielleicht hat er doch was fürs Herz erwischt – wer weiß?“ Sie hörte sich hoffnungsfroh an. „Wenn er nur morgen früh nicht wieder hier herumtobt.“ Und realistisch.
     
    Ich rief noch mal bei Julie an, aber wenn sie überhaupt zu Hause war ließ sie´s klingeln. Scheißdonnerstag. Ich machte mir ein Omelett und trank ein spätes Frühstücksbier dazu. Dann ging ich raus und schraubte eine Stunde an der Harley. Da war ein Ticken, das mir nicht gefiel. Also ging´s an die Kipphebel. Ventile einstellen. Das war´s hoffentlich.
     
    Ich kann nicht über meinen Schatten springen. Ich fuhr in die Stadt, ging in eine Telefonzelle und rief die verschiedenen Stage Coach Telefonnummern an. Jede wurde spätestens beim dritten Klingeln beantwortet – nur die bekannte nicht. Da ging der Anrufbeantworter wieder los, wies darauf hin, dass sich das Menü täglich änderte, und nannte die Reservierungsnummer zweimal, damit man sie nicht vergisst. Und dann war Schweigen. Ich weiß nicht warum, aber ich legte nicht auf. Plötzlich piepste ein Beantworter – das Signal, eine Nachricht zu hinterlassen. Ich wartete noch immer. Die Maschine trennte nach etwa fünf Sekunden Stille. Da legte ich den Hörer auch auf.
     
    Ich fuhr heim, suchte Kamera und Infrarotfernglas, wickelte alles in einen dicken Pullover und steckte das Bündel in meinen Backpack. Noch Batterien, Reserve-Chipkarte, ein 210er Tele und meinen kleinen, batteriebetriebenen Mp3-Rekorder, das digitale Westentaschenwunder mit Richtmikrofon. An meiner Stammtankstelle tankte ich die Harley voll. Dann fuhr ich nach Santa Maria.
     
    Das Santa Maria Valley ist ein lang gezogenes, mehrere Kilometer breites, ebenes Tal, von Weinbaubetrieben bewirtschaftet und vom Pachterlös unauffällig angebrachter Erdöl-Förderpumpen wohlhabend. Zwischen Meer und der Küstengebirgskette liegt es, unterhalb des zwölfhundert Meter hohen Tepusquet Peak, ist im Sommer ein Backofen und im Winter recht kühl. Palmen wachsen zwischen den Weinstöcken, gewaltige Kakteenhecken markieren die Umrisse längst verfallener Farmhausmauern, und die einzige durchgehende Straße ist knappe zwei Fahrspuren breit.
    Zu beiden Seiten der Straße zweigen gepflegte Feldwege ab, die im Herbst, zur Traubenernte, wie Bienenstöcke summen. Dann herrscht dichter landwirtschaftlicher Verkehr auf den staubigen Sträßchen, mexikanische Saisonarbeiter bewegen kleine, vierradgetriebene Pritschenwägelchen wie Rennwagen zwischen Pflückern und Laderampen, brausen halsbrecherisch über die

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