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Geier (German Edition)

Geier (German Edition)

Titel: Geier (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter J. Kraus
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Dann wurde der Weg zu flach, um noch einen Überblick zu haben. Also rollte ich, bis ich gerade noch das Tor sah. Dort blieb ich stehen und wartete.
     
    Als sich das Restaurant leerte, ging das Scheunentor auf. Ein Lincoln fuhr heraus – ein Continental, wenn ich das grünliche Ding im Fernglas richtig erkannte. Eine schnieke Limousine, vermutlich dunkel, vielleicht schwarz. Von der Sorte standen mindestens noch zwei auf dem Parkplatz – Menschen, die einen Hunderter für ein Abendessen liegen lassen, bevorzugen solche Autos. Ich brauchte Glück.
     
    Im allgemeinen Türenklappen und Autoanlassen fiel die startende Harley nicht weiter auf. Im Leerlauf tuckerte ich bis zur Straße. Da kam auch schon eine Limousine mit ordentlicher Geschwindigkeit vorbei. Könnte sein; knapp eine Minute war vergangen, seit jemand aus dem Schuppen gekommen war. Ich bog auf den Highway und behielt das Auto aus sicherer Entfernung im Auge.
     
    Er fuhr sehr anständig, blieb brav rechts und war darauf bedacht, die erlaubte Höchstgeschwindigkeit einzuhalten. Als wir uns dem Freeway näherten sah ich im Licht der Straßenlampen, dass es tatsächlich ein dunkelblauer Lincoln Continental war. Hinten saßen zwei Personen. Nicht auszumachen, ob eine vierte auf dem Beifahrersitz saß. Der Fahrer bog nach Süden ab und hielt auf dem Freeway eine konstante Geschwindigkeit von siebzig Meilen pro Stunde. Ich ließ ihm Platz, eine gute halbe Meile. Im spärlichen Abendverkehr wollte ich nicht näherkommen – ich wäre sofort aufgefallen.
     
    Bis Los Alamos blieb ich hinter ihm. Der Lincoln bog ins Dorf ab, befuhr einige Hundert Meter die menschenleere Hauptstraße und wurde ins neue Wohngebiet am Dorfrand gelenkt.
    Vom Auto war nichts mehr zu sehen, als ich die Abzweigung erreichte. Ich wartete einige Sekunden, fuhr dann die kurze Wohnstraße hinunter. Wenn der Fahrer hier zu Hause war, hatte ich Pech. Dann stand der Lincoln in einer Garage, und ich guckte in den Mond.
     
    Die Straße war weder geteert noch beleuchtet. Das viele Grün erdrückte fast die hübschen neuen Holzhäuser auf ihren riesigen Gartengrundstücken. Lange Auffahrten mündeten in protzigen Garagen, groß genug für vier Autos und ein Motorboot. Vor fast jedem Haus stand ein Wohnmobil. Die Individualität der bürgerlichen Mittelschicht äußert sich nur noch in der Autofarbe.
     
    In sämtlichen Häusern war die Wohnzimmerbeleuchtung an, einige wurden dazu von außen angestrahlt, und zwei oder drei hatten im zweiten Stockwerk Licht. Aber nur in einem Haus war der Schlitz zwischen Garagentor und Einfahrt beleuchtet. Als ich hinfuhr, ging das Licht aus. Wie es üblich ist. Jeder hat automatisch ein- und ausschaltende Beleuchtung, vom elektrischen Garagentoröffner gesteuert. Damit sich keiner in seiner eigenen, stockfinsteren Garage die Beine bricht.
     
    Ich notierte mir die Hausnummer und den Straßennamen und fuhr wieder Richtung Heimat. In Arroyo Grande hielt ich, trank im Biker´s Heaven ein Bier und rief Julie an. Die war zu Hause, nahm sofort ab und freute sich, dass ich ihr Anrufer war.
    „Klar, kannst du vorbeikommen. Hab´ mir gerade überlegt, dass was hübsch Steifes bestens in meine Stimmung passen würde.“ Ich versprach, es bei dem einen Bier zu belassen. Als ich andeutete, was sich auf ihren unflätigen Spruch hin in meiner Hose tat, lachte sie und drängte zur Eile.
    Also ließ ich das halbe Bier stehen und fuhr nach Pismo. Vorsichtshalber parkte ich die Mühle hinter dem Sender und ging die paar Schritte zu Fuß.
     
    Als sie zur Arbeit ging, schlief ich noch erschöpft. Das Telefon weckte mich.
    „Dein Eigentümer des Hauses 224 San Anselmo Drive in Los Alamos heißt Hernan Gutierrez, ist landwirtschaftlicher Saisonarbeiter, wohnt seit zwei Jahren dort und fährt einen dunkelblauen 2009er Lincoln Continental.“
    Na, siehste. Ich fragte sie, ob es ihr gut ging. „Wach und aktiv? Keine bleibenden Schäden von der gestrigen Anstrengung zu befürchten?“
    Sie lachte. „Anstrengung? Wenn ich nachher heimkomme zeige ich dir Anstrengung. Das war höchstens ein Vorspiel, vielleicht eine Art Aufwärmübung. Ich bin um zehn nach zwölf da.“ Worauf ich ihr sagte, dass ich mich freue. Was soll man auch sagen?
     
    Ich blieb, und sie war wirklich arg anstrengend. Als sie wieder zur Arbeit gegangen war – verblüffend, wie man sich in einer knappen halben Stunde verausgaben kann – und ich mein Schönheitsschläfchen hinter mir hatte, fuhr ich erneut ins

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