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Geier (German Edition)

Geier (German Edition)

Titel: Geier (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter J. Kraus
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hatte.
    Sie ließ ihn in Albuquerque sitzen und reiste allein weiter. Der ausgestreckte Kinderdaumen an der damals stark befahrenen Route 66 brachte ihr die Bekanntschaft eines kinderlosen Ehepaares aus Kalifornien. Zu denen stieg sie ein und bei denen blieb sie. Als Tochter. Machte Showbusinesskarriere auf der Striptease-Bühne und kehrte immer wieder zur Ranch zurück, die ihre Wahleltern in der Wüste mehr schlecht als recht bewirtschafteten.
    Als die beiden bei einem Flugzeugabsturz ums Leben kamen, erbte sie die Ranch. Sie hatte eine profitable Karriere als Tänzerin hinter sich, war von Haus aus zum Sparen geneigt, hatte also einiges auf die hohe Kante gelegt, war ein gutes Stück über dreißig Jahre alt und nicht gewillt, gleichermaßen und zusammenhängend Karriere und Busen absacken zu sehen. Also hörte sie auf und gründete ihre Tanzakademie.
    Ich verstand nur zu gut, warum sie sich über ihre Geschäfte keine großen Sorgen machte. Nach einer solchen Kindheit darf man keine Moralapostel erwarten. Ich schämte mich dafür, dass ich sie insgeheim verachtet hatte. Und hielt sie ganz fest.
     
    Das Kasino im Desert Hide-Out Resort war bummvoll, als wir um halb elf durch die Drehtür kamen. Überall blitzte, blinkte und leuchtete es, überall rasselte und klingelte es, und einige der Spieler machten den Eindruck, als hätten sie bis unter die Haarwurzeln Kokain geladen. So flatterhaft, so nervös flippten sie vor den Automaten herum, dass ich überzeugt war, hier jede Menge Drogenkonsumenten bei der Arbeit zu sehen.
    Ein Geklappere, dass man taub werden konnte. Was mich als Kalifornier am meisten störte waren die Unmengen Zigarettenrauch in der Bude. Schwaden zogen durch die Reihen der Einarmigen Banditen, machten zwischen Zockern und der Zimmerdecke ihr eigenes Wetter und stanken gottserbärmlich.
    Bei uns darf ja schon seit Jahren nicht in öffentlichen Gebäuden geraucht werden, und selbst langjährige Ehemalige wie ich haben sich an die frische Luft und den sauberen Geruch in Bars und Spielhöllen gewöhnt. Aber hier durfte jeder nach Herzenslust, und mir wurde fast schlecht. Sie rochen alle nach Verwesung. Viele sahen verdammt danach aus.
     
    Die Baccaratische waren von Senioren umringt, Rentner fütterten Automaten, die Pokerspieler sahen alle aus, als hätten sie Paris befreit und selbst die Roulettetische hätten im Altersheim stehen können. Ich kam mir unmündig vor. Misty wirkte fehl am Platz – wie ein Kind zwischen Erwachsenen.
    Sie stellte sich an einen der Crapstische und setzte einen Fünfer ein. Würfeln war noch nie mein Ding, also schaute ich eine Weile zu, und als sie einen kleinen Gewinn einstrich und sich übermäßig freute, ging ich zu den Automaten. Sie spielte weiter und ich warf eine Vierteldollarmünze in den nächsten Einarmigen Banditen, der prompt hundertvierzig Dollar ausspuckte. Ich traute meinen Augen nicht. Misty lachte und winkte, verließ aber ihren Platz am Würfeltisch nicht.
    Ich ließ mir ein Bier geben und spielte weiter. Verblüffend, wie auch ein eingefleischter Nichtspieler wie ich auf einmal zum Junkie werden kann. Ich fütterte und fütterte, hatte schon gute zwei Drittel meiner vielen Quarters wieder verspielt, als ich noch mal einen Treffer hatte. Diesmal hupte und klingelte das Ding nur.
    Volk strömte zu mir hin, mein Einarmiger Bandit leuchtete und pfiff was das Zeug hielt, und zwei Gorillas in Armani-Anzügen kamen mit einem dünnen Männchen an und stellten sich zu beiden Seiten des Automaten auf. Der Dürre gratulierte mir – man wolle nur kurz nachschauen, ob auch alles in Ordnung sei, und dann würde er mich bitten, mit ihm zur Kasse zu gehen, damit ich meinen Gewinn abholen könne. „Wie viel ist es denn?“ wollte ich natürlich wissen, aber das Herrchen hatte schon den Kopf in der Maschine, die einer der Gorillas aufgeschlossen hatte.
    Die beiden Armanis standen herum und guckten böse, der Buchhaltertyp prüfte hier und öffnete dort etwas, und dann schloss er das leuchtende Ding wieder zu – und plötzlich fing es wieder an zu gellen, flackerte in allen Farben und blinkte 5000. „Dollar?“ fragte ich. „Ja, sicher“, meinte das Männchen eher gelangweilt. „Fünf Mille. Wenn Sie mitkommen, gebe ich Ihnen einen Scheck und wir machen ein Foto von Ihnen.“
    Hoppla. Nix da. Kein Foto. Er wurde pampig, als ich ablehnte. Das sei Teil des Vertrages, den ich stillschweigend durch meine Teilnahme am Spiel mit dem Kasino geschlossen habe. Und

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