Geisel der Leidenschaft
lebensgefährlichem Fieber bedroht. Gegen Brendans Willen hatte Margot die Zofe der Engländerin holen lassen. Mit Bridies Hilfe hatte sie Eleanor von der nassen Kleidung befreit, den erhitzten Körper gekühlt und ihr eine Brühe aus Heilkräutern eingeflößt.
Der Tag nach der Sturmnacht war verstrichen. Jetzt, gegen Abend, hatte Eleanor noch immer nicht die Augen geöffnet. Aber in Margots Obhut schlief sie ruhig und friedlich. Verletzte und Kranke wurden stets von Frauen gepflegt, und Brendans Anwesenheit überraschte Margot, obwohl er diese Kabine bis zur Festnahme der Engländerin bewohnt hatte.
Margot kannte Brendan, seit sie mit Eric zusammenlebte. Wenn er an Kinderkrankheiten gelitten hatte, war er ihr oft anvertraut worden. Auch in Kriegszeiten blieben schottische Familien stets vereint. Erics Vater, ein Vetter Brendans, hatte Ilsa geheiratet, die Tochter eines Jarls von einer fernen nordischen Insel, die der norwegische König beherrschte. Deshalb war Eric von Norwegen stärker geprägt, als es sein Familienname Graham vermuten ließ. Und wegen der Kämpfe gegen die Engländer fühlten sich die Schotten ihren nordischen Brüdern enger verbunden als während der ersten Wikingerangriffe. Natürlich galt das auch für Brendan.
Sie hatte wirklich nicht erwartet, ihn in einer dunklen Ecke der Kabine zu entdecken. Ungeduldig beugte er sich vor. »Nun, Margot? Wird sie am Leben bleiben?«
»Ja, ich glaube schon«, erwiderte sie und wischte das Gesicht der Engländerin mit einem feuchten Tuch ab. Dann wandte sie sich zu Brendan. Dunkle Locken fielen ihm in die Stirn, die kraftvollen Hände lagen gefaltet im Schoß und die blauen Augen verrieten seine innere Anspannung.
Ein junger Mann, knapp zwanzig Jahre alt, kannte er den Krieg, seit er zu denken vermochte - Betrug und Verlust, Sieg und Niederlage. Er gehorchte William Wallace. Aber er hatte gelernt, selbst das Kommando zu führen, im Kampf oder auf der Flucht. Längst hatten die schottischen Patrioten die bittere Wahrheit erkannt, dass sie die Freiheit nicht durch einen einzigen Großangriff auf die Engländer erringen konnten, sondern nur in vielen kleineren Schlachten. Allein schon das Überleben war ein Triumph - jeder Tag, an dem sie weiterkämpften, selbst wenn alles verloren schien.
»Ist sie sehr viel wert?«, fragte Margot.
»Was?« Die Stirn gerunzelt, starrte er sie an.
»Ist sie sehr viel wert?«
Bevor er antwortete, dachte er zu ihrer Verwunderung eine Weile nach. »Aye, da bin ich mir sicher.«
Sie begann auf Gälisch zu sprechen, wie üblich, wenn sie unter sich waren, obwohl alle seine Männer auch das normannische Französisch der englischen Aristokratie beherrschten.
Hastig legte er einen Finger auf seine Lippen und flüsterte: »Norwegisch!«
Margot wechselte zu ihrer Muttersprache über. »Wenn wir den französischen König um Hilfe in unserem Kampf gegen die Engländer bitten wollen - wie kannst du Lösegeld für eine Engländerin verlangen?«
»Laut ihrer Zofe Bridie will sie ihren französischen Verlobten aufsuchen, den Comte Alain de Lacville.«
»Haben wir sie vor den Piraten gerettet? Oder ist sie eine Gefangene?«
»Das habe ich noch nicht entschieden«, erwiderte er nach einer kurzen Pause. »Ständig ändert sich die Situation. König Philipp verabscheut Edward. Aber manchmal fürchtet er ihn. Falls ihm ein Bündnis mit den Engländern zugute kommt, wird er sich dazu entschließen.«
»Wäre er denn dann bereit, unsere Wünsche zu erfüllen?«
»Aye. Vorerst ist nicht mit einem Bündnis zu rechnen. Und wenn doch, wird Philipp von Frankreich unseren William Wallace trotzdem willkommen heißen, den bewundernswerten Helden, der sich gegen Edwards Tyrannei erhebt und niemals kapituliert. Furchtlos segeln wir dahin, obwohl der englische König jedem Mann, der schottische Anführer auf hoher See überwältigt, ein Vermögen versprochen hat. Und wenn wir Frankreich erreichen, wird Philipp uns wohl kaum gefangen nehmen.« Abrupt stand er auf. »Wie auch immer - Lady Eleanor of Clarin muss am Leben bleiben, Margot. Zweifellos stellt sie einen hohen Wert dar.«
»Aye, Brendan.« Verwirrt schaute sie ihm nach, als er die Kabine verließ. Dann wandte sie sich wieder der Engländerin zu und betupfte das erhitzte Gesicht mit dem feuchten Tuch.
Die Lider der jungen Frau begannen zu flattern.
»Ah, endlich kommt Ihr zu Bewusstsein.«
Eleanor öffnete die Augen und starrte Margot verstört an.
»Schon gut, meine Liebe, bald
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