Geisel der Leidenschaft
du dem Mann schuldig, den du angeblich so innig geliebt hast?«
»Ich habe ihn vergöttert!«, beteuerte sie unglücklich.
»Und er gab dich in meine Obhut. Trotzdem sträubst du dich gegen alles, was ich unternehme, um sein Andenken zu ehren.«
»O Alfred, hör mir doch zu ...«, seufzte sie und begann die Charakterschwächen des Comtes an den Fingern abzuzählen. »Gireaux drückt sich vulgär aus, schikaniert seine Dienstboten, und er genießt es geradezu, auf dem Schlachtfeld Blut zu vergießen ...«
»Letzteres könnte man als Tugend betrachten«, fiel Corbin ihr ins Wort. »Vor allem unser hoch geschätzter König würde so denken.«
Während sein Bruder ihm einen weiteren verächtlichen Blick zuwarf, fuhr Eleanor fort: »Der Comte ist bösartig und ungerecht. So würde er auch seine Gemahlin behandeln ...«
»Also ist er im Großen und Ganzen ein Ekel«, fasste Corbin zusammen. »Aber ein schwerreiches Ekel.«
»Er ist unmanierlich und aggressiv ...«
»Hast du meine Frau eigentlich kennen gelernt?«, fragte Corbin gedehnt.
»Aye, und ich weiß, wie ihr beide zueinander steht.« Auf Wunsch der Familie hatte Corbin geheiratet, um einen Adelstitel und ein Vermögen zu erwerben. Aber er hasste seine selbstsüchtige, hochnäsige schöne Gemahlin, die ihm das Leben zur Hölle machte. Immer wieder erklärte er, eine hässliche alte Hexe wäre ihm lieber gewesen. Die meiste Zeit lebte Isobel in London, während er auf Clarin blieb.
Stöhnend stand er auf, streckte sich und ging zu Eleanor. »So ist's nun mal in der Ehe. Ob wir ein Ungeheuer heiraten, spielt keine Rolle - solange es reich und adelig ist. Vielleicht müsstest du den Comte gar nicht so oft sehen.«
»Aber ich will ihn nicht heiraten. Abgesehen von all seinen anderen schlechten Eigenschaften - ich glaube, er ist verrückt.«
»Es gibt noch eine weitere Möglichkeit«, bemerkte Alfred.
»Soll ich ins Kloster gehen? Niemals ...«
»Nein, du könntest nach Frankreich reisen. Vor kurzem starb Comte Alain de Lacvilles Frau. Er ist nicht mehr der Jüngste. Aber du hast ihn immer gemocht und bewundert. Zudem besitzt er ein beträchtliches Vermögen.«
Zögernd runzelte sie die Stirn. Alain war ein liebenswerter Mann - reich, intelligent und gutmütig. Trotz seiner Jahre sah er sehr gut aus, mit dichtem weißem Haar und markanten Gesichtszügen. Und doch ... »Mein Vater war jünger als der Comte«, flüsterte sie.
»Und mir kommt meine Frau uralt vor«, verkündete Corbin fröhlich.
»Unsinn!«, protestierte Eleanor. »Sie ist jung und schön.«
»Diesen Anschein erweckt sie nur, weil sie einen Pakt mit dem Teufel geschlossen hat und ...«
Ungeduldig fiel Alfred seinem Bruder ins Wort.
»Eleanor, dein Vater starb im Dienst des Königs. Und du hast bei Falkirk für Edward gekämpft. Deshalb ist er dir wohlgesinnt. Aber wenn wir nicht aufpassen, wird er sich früher oder später an sein Recht erinnern, dich zu vermählen. Womöglich sucht er irgendein altes Schlachtross für dich aus, dem er eine Gunst erweisen will. Fahr in die Normandie und sprich mit Comte de Lacville. Seit dem Tod seiner Gemahlin stehe ich mit ihm in Verbindung. Nimm seinen Antrag an. Am besten gehst du als seine Braut auf die Reise. Wenn ihr euch nicht einigen könnt, verschieben wir die Verhandlungen. Dann kann der König nichts unternehmen.« Unschlüssig schwieg Eleanor und Alfred mahnte: »Überleg doch! Womöglich wird Comte Gireaux seine Heiratswünsche dem König mitteilen.«
»Also gut, ich segle nach Frankreich«, versprach sie hastig.
So hatte sie die Reise angetreten, ehe sich Gireaux an den König wenden konnte. Unglücklicherweise war sie den Schotten in die Hände gefallen - ausgerechnet jenen Schotten, die sie auf dem Schlachtfeld getroffen und die fast alles zerstört hatten, was sie liebte.
Sie warf sich unruhig im Schlaf umher. Wenn sie erwachte, sah sie die hölzernen Wände der Kabine - in der sie gefangen gehalten wurde. Und wenn sie träumte, schwirrte ihr der Kopf ...
Wieder einmal kehrte sie in den Wald von Falkirk zurück, wo die Engländer die flüchtenden Schotten verfolgten. Verzweifelt stürmte sie zwischen die Bäume, um sich zu verbergen.
Aber er entdeckte sie und sie hob ihr Schwert. Aye, sie hatte fechten gelernt und auf Clarin schon viele Gegner bezwungen. Und jetzt... Der Stahl, der klirrend auf ihren prallte, wurde von einer Meisterhand geschwungen. In wenigen Sekunden würde sie sterben ... »Nein -wartet!« Sie nahm ihren Umhang
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