Geisel der Leidenschaft
Land aufgeben, mit ihm - dem Schotten - fliehen, an seiner Seite kämpfen ...
Gegen die Engländer - ihr Volk.
Mit bebenden Fingern berührte er ihr Haar und presste seine Lippen auf ihre Schulter. Und er hielt sie ganz fest, als könnte er sie dadurch zwingen, bei ihm zu bleiben. Doch das war ihm versagt.
Schließlich stieg er aus dem Bett, zog sich an und breitete die Pelzdecke über Eleanors schönen Körper. Ein letztes Mal streichelte er ihr seidiges Haar und dachte, dass sie keine Flammen brauchte, um diesen zauberhaften rotgoldenen Glanz zu erzeugen.
Abrupt kehrte er ihr den Rücken zu und zwang sich, nicht mehr zurückzuschauen. Er verließ das Zimmer, schloss die Tür hinter sich und glaubte zu sterben.
In der Halle wartete Eric. »Wir müssen der Eskorte entgegenreiten.«
»Aye.«
Comte Breslieu begrüßte Eleanor galant und charmant. Aber er flirtete nicht mit ihr. Fürsorglich erkundigte er sich nach ihrem Befinden. Dann drängte er zum Aufbruch. Zwei königliche Ritter würden sie beschützen, zwei Zofen für ihre Bequemlichkeit sorgen.
Lächelnd versicherte sie ihm, sie sei gut betreut worden, und erklärte, sie würde lieber reiten als in einer Kutsche reisen, denn sie wollte das Land kennen lernen. Das ließ sich arrangieren.
Am späteren Morgen verließen sie Calais mit zahlreichen Begleitern: Die französische Eskorte bestand aus fünf Personen, Wallace ritt mit sechs seiner Männer, darunter Brendan und Eric, gefolgt von de Longueville, Margot und Helene. Fünf Dienstboten kümmerten sich um die Gepäckwagen, ln Paris würde Eleanors Zofe Bridie warten, die sie - Gott möge ihr verzeihen - fast vergessen hatte. Natürlich war sie dankbar, weil es Bridie gut ging. Aber würde sie die Herrin überhaupt wieder erkennen? In kurzer Zeit hatte sich Eleanor beträchtlich verändert - wenn auch nur in ihrem Herzen ...
Brendan war bei Tagesanbruch einfach verschwunden - ohne ein Abschiedswort, ohne Glückwünsche für die Zukunft. Zunächst ritt er an der Spitze des Trupps und führte ein lebhaftes Gespräch mit Wallace und Breslieu. Margot und Helene, die Eleanor in ihre Mitte genommen hatten, wichen ihr nicht von der Seite. Unterwegs wies Helene die Countess auf besondere landschaftliche Merkmale hin. Abends rasteten sie in St. Omer, wo sie von den Mönchen eines Klosters aus dem siebten Jahrhundert warmherzig begrüßt wurden.
Klar und hell dämmerte der nächste Tag herauf. Nach dem Morgengebet und einem kargen Frühstück ritten sie nach Arras. Eleanor besuchte mit Margot und Helene eine Weberei, wo sie einen schönen Millefleurs, einen Stoff mit Streublumenmuster, kaufte - ein Geschenk für Alain. In einem Gasthof verbrachten sie eine erholsame Nacht, dann reisten sie weiter nach Amiens. Bevor sie die Stadt am nächsten Morgen verließen, erklärte Breslieu, sie müssten die Kathedrale Notre-Dame besichtigen und für die Zukunft Frankreichs und Schottlands beten.
Die schöne Kirche befand sich immer noch im Bau. Aber der Altar war bereits fertig, mit einem hohen Gewölbe, das den Himmel zu berühren schien. Ein Priester wurde geweckt und las eine Messe. Als Eleanor vor dem Altar kniete, spürte sie plötzlich die Nähe Brendans, der sich neben ihr niederließ. Hastig beugte sie den Kopf über die gefalteten Hände und sagte sich, in einem Gotteshaus dürfe sie ihn nicht zur Kenntnis nehmen.
Doch dann hörte sie seine Stimme. »Bittest du den Allmächtigen, er möge dir helfen, eine gute, treue Ehefrau zu werden?«
Sie warf ihm einen Seitenblick zu und erwartete, spöttische Belustigung in seinen Augen zu sehen. Stattdessen musterte er sie mit ernster Miene.
»Vielleicht. Und du? Betest du für die Freiheit Schottlands? Für die Vernichtung aller Engländer?«
»Nein, Lady, ich bete darum, dass ich dich eines Tages vergessen kann.«
Dann stand er auf und verließ die Kirche. Eleanor senkte wieder den Kopf und bezwang die Tränen, die plötzlich in ihren Augen brannten. Während sie auf den steinernen Stufen kniete, merkte sie nicht, wie die Zeit verstrich - bis sie eine Hand auf ihrer Schulter spürte.
»Verzeiht mir, Lady«, bat Breslieu. »Natürlich würde der König Eure Frömmigkeit schätzen. Aber nun müssen wir weiterreiten. Morgen wollen wir in Paris eintreffen.«
Den Kopf immer noch gebeugt, folgte sie ihm aus der Kirche, und er half ihr in den Sattel.
Vergeblich versuchte sie, die schöne winterliche Landschaft zu genießen, die Sehenswürdigkeiten, die ihr Helene oder
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