Geiseldrama in Dribbdebach (German Edition)
schlechten Wetter gefunden. Da braucht man sich auch über eingeschlafene Füße nicht zu wundern. Er faßte ins Auge, sich bei nächster Gelegenheit wieder auf den Boden zu setzen. Außenseiter sein ist blöd.
Als er so eine Weile gesessen hatte, fiel ihm wieder ein, was Ludger vor wenigen Minuten gesagt hatte, sofern es sich nicht nur um aus einer Laune heraus gesprochene inkohärente Worte handelte, daß nämlich, wenn schon jemand erschossen werden mußte, es Theresa Trinklein-Sparwasser sei, die dran glauben mußte. Obendrein wisse sie auch den Grund, der dann tot aber auch nichts mehr nutzte. Anfangs war dies Herrn Schweitzer gar nicht aufgefallen respektive hatte er sich nichts dabei gedacht, da er lediglich das für ihn Nützliche aus den Worten herausgelesen hatte, und das war, daß hier erst mal keiner, und da gehörte er ja wohl dazu, mit Kugeln im Leib zu rechnen habe. Herrn Schweitzer befremdete diese für ihn untypische Denkweise, denn er war normalerweise dergestalt gestrickt, daß er durchaus auch über den Tellerrand blicken konnte und die Belange anderer wahrnahm. Aber offenbar war die Crux der durch die Freiheitsberaubung entstandenen Situation nicht spurlos an ihm vorübergegangen. Das war um so erstaunlicher, als er bis dato immer gedacht hatte, sein auf die tägliche Bedürfnisbefriedigung zugeschnittener Lebensstil befreie ihn von derlei irdischen Angstzuständen oder Selbstzweifeln. Vielleicht aber, versuchte Simon Schweitzer positiv zu denken, war aber auch mal wieder alles zusammengekommen, Streß mit Maria von der Heide, die momentane mißliche Lage und das seit Wochen anhaltende Weltuntergangswetter. Und last not least saß er ja noch erhöht von den anderen Geiseln auf diesem dämlichen Büromöbel. Vehement stand er auf und rollte den Stuhl metaphorisch wieder dorthin, wo der Pfeffer wächst.
Der Bankräuber schüttelte bloß den Kopf, als wäre es vollkommen sinnlos auch nur versuchen zu wollen, dem Privatdetektiv geistig zu folgen. Recht hatte er.
Die männliche japanische Geisel brachte immerhin ein Lächeln zustande.
„War wohl doch nicht so bequem“, kam es von Uzi.
Herr Schweitzer, ganz eingeschnappter Zeitgenosse, überhörte es geflissentlich und setzte sich auf seinen braunen Nappaledermantel mit Reverskragen, der ihm nicht besonders gefiel, der aber ein Weihnachtsgeschenk von seiner Liebsten und dadurch dazu verdammt war, oft getragen zu werden. Das Sitzkissen mit Goofy als Pilot nutzte er als Rückenlehne.
„Kann man hier noch Licht anmachen?“ fragte der Bankräuber und schaute zu seiner Ex.
In der Tat konnte von Tageslicht trotz der frühnachmittäglichen Uhrzeit kaum noch die Rede sein, das bißchen, was von draußen noch durch den oberen Streifen der gläsernen Schiebetür drang, war von einem tintigen Schwarz fast nicht mehr zu unterscheiden. Die drei Deckenlampen konnten dem kaum noch Paroli bieten.
„Ja. Der Schalter ist neben der Kellertreppe“, antwortete die Filialleiterin.
„Na dann mal hopp. Auf was wartest du noch?“
Sekunden später ließen zusätzliche Wandleuchten mit satinierten Glasschirmen die Atmosphäre gleich viel freundlicher erscheinen.
„Aah“, entfuhr es Oma Hoffmann, „so macht das Kreuzworträtseln doppelt Spaß.“
Jetzt störte es auch nicht mehr, daß der Sturm die Äste des Ahorns gespenstisch gegen die Scheibe schlug, die die Flanke zur Schweizer Straße bildete. Was ein wenig künstliche Sonne doch alles bewirken konnte.
Nach und nach löste sich Ludgers Befehl, sich in Zimmerlautstärke zu unterhalten, auf daß das Ränkeschmieden ausbleibe, in Wohlgefallen auf. Yoko und Kogyo umwarben einander, was Herrn Schweitzer zu der Vermutung veranlaßte, die Liebe der beiden sei frisch. Und Johnny der Weltreisende erzählte Oma Hoffmann einen aufs Ohr.
Den Anfang hatte er wegen gedanklicher Abwesenheit nicht mitbekommen, doch handelte es sich offensichtlich um eine Reiseetappe in einem entfernten Land, das von Herrn Schweitzers Visite auch fürderhin verschont bleiben dürfte. Von Coroico aus, einem letzten Vorposten der Zivilisation vor dem Urwald, wo immer der auch liegen mochte, habe die Reise in die Hauptstadt bei nahezu hundertprozentiger Luftfeuchtigkeit und über vierzig Grad im Schatten begonnen. Doch sei es Sonntag und des Busfahrers freier Tag gewesen, weshalb sein Reisegefährte und er heilfroh gewesen waren, von einem reichen Einheimischen die zwei Kilometer die Schlucht hinunter zur Straße auf dessen Pickup
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