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Geiseldrama in Dribbdebach (German Edition)

Geiseldrama in Dribbdebach (German Edition)

Titel: Geiseldrama in Dribbdebach (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Demant
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der Sachsenhäuser Kneipenwelt rum?
    So dienstbeflissen, wie der Herausgeber es darstellte, waren Frederik Funkal und sein Vorgesetzter Paule Hansen aber gar nicht. Statt wie befohlen, Melibocus dingfest zu machen und dem BKA zu übergeben, galt ihre Präferenz einem gepflegten Cappuccino im Café Windhuk in der Brückenstraße. Adolf Lüderitz, ein nach Südwest ausgewanderter Bremer Kaufmann, nach dem auch die Lüderitzbucht benannt ist, schaute ihnen dabei wohlwollend zu. In Öl, versteht sich. Nicht live. Der ist nämlich schon seit 1886 tot. Und Südwest gibt’s auch nicht mehr. Das heißt heute Namibia. Und Windhuk ist die Hauptstadt davon.
    „Glaubst du, die lassen tatsächlich die GSG 9 aufmarschieren?“ wollte Frederik Funkal von seinem Vorgesetzten wissen.
    „Was denkst du wohl, warum die uns weghaben wollten? Wenn du mich fragst, stecken die schon mitten in der Planung.“ Paule Hansen lehnte sich zurück und schaute sich um. Wie er wußte, wurde das Café von einer Damenriege geführt. Oma, Mutter und Tochter, von denen aber heute abend nur noch die Tochter bediente. Es war ja auch schon reichlich spät für Kaffee und Kuchen. Nur noch vereinzelte Gäste waren anwesend.
    „Sag mal ganz ehrlich ...“
    „Ja?“
    „Der Bankräuber. Irgendwas stimmt doch mit dem nicht.“ Frederik Funkal tippte sich an die Stirn, den möglichen Krankheitsherd näher lokalisierend.
    „Weißt du, das Problem ist, kein Mensch ist wie der andere. Die vom BKA glauben, nach Schema F verfahren zu müssen, weil der Bankräuber ihrer Meinung nach in diese Schublade paßt. Ich will damit nicht sagen, daß dieser Kaschtaschek und diese Annie Landvogel, oder wie die heißt, grundsätzlich von allen guten Geistern verlassen sind. Nein, sie sind einfach nur zu jung für den Job. Erfahrung ist durch nichts zu ersetzen. Kein noch so schlaues Buch kann dir die Praxis vermitteln, die du als Bulle einfach brauchst. Und daß die jetzt auch noch die GSG 9 da reinziehen wollen, zeigt doch nur, wie hilflos sie sind.“
    „Was würdest du an deren Stelle tun?“
    „Auf die Forderungen des Geiselnehmers eingehen. So lang du nicht weißt, mit wem du es zu tun hast, ist alles andere nur blindwütiger Aktionismus.“
    Wieder einmal bewunderte der Polizeiobermeister seines Chefs Genius. Ihm schwante, daß die Geiselnahme kein gutes Ende nehmen würde.
    „Doch grau ist alle Theorie. Vielleicht haben die Kollegen vom BKA doch recht und die GSG 9 löst das Problem heute nacht noch.“
    „Heute nacht? Glaubst du?“
    „Was weiß ich. Verkehrt wär’s nicht, dann würde in Sachsenhausen wenigstens wieder Ruhe einkehren. Aber ich glaub nicht dran, dem BKA ist nicht zu trauen.“
    „Und Melibocus, was machen wir mit dem?“
    „Der sitzt im Frühzecher und ist einfach nur entzückt. Laß ihn dort, wir gehen ihn später besuchen. Kaschtaschek braucht doch nur jemanden, an dem er seine Wut auslassen kann. In einer Woche weiß der gar nicht mehr, wer dieser Melibocus überhaupt war. Außerdem ist es immer gut, das Sachsehäuser Käsblättche auf seiner Seite zu haben.“
    „Wieso denn das?“
    „Mein Gott, Frederik, das steht doch außer Zweifel. Denk doch nur mal an die Wohnung, die ich dir letztes Jahr für deinen Kumpel vermittelt habe.“
    Und Frederik Funkal dachte nach. Das dauerte immer etwas länger als bei seinem Chef, was aber nicht hieß, daß es zwecklos war. „Du meinst ...“
    Paule Hansen haute auf den Tisch, daß der Cappuccino schwappte. „Na logo, ich meine, das war eine Anzeige im Sachsehäuser Käsblättche. Die Telefonnummer hat mir Felix zwei Tage vor Erscheinen gesteckt, und ich hab sie dir gegeben. Verstehst du jetzt, wozu so ein Presseheini alles gut ist. Das läuft in Sachsenhausen auch nicht anders als in Berlin oder sonstwo auf der Welt.“
    „Von dir kann man noch viel lernen.“ Funkal nickte anerkennend und ehrerbietend.
    „Sag ich doch, Frederik. Sag ich doch.“
    Derweil berichtete Kaschtaschek in der provisorischen Einsatzzentrale dem verantwortlichen General der mobilen Einsatztruppe von der Lage. Anhand eines Bauplans wurden mögliche Vorgehensweisen erörtert.
    Mitten in einer fulminanten Schlachtenplanerörterung klingelte das Telefon. Man unterbrach die Arbeit, denn es hätte ja der Geiselnehmer sein können.
    Annie Landvogt nahm ab, lauschte und sagte anschließend: „Das ist Herr Hansen vom hiesigen Revier. Er habe Melibocus nicht angetroffen, eine Nachbarin habe jedoch gesagt, daß er eventuell in

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