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Geiseldrama in Dribbdebach (German Edition)

Geiseldrama in Dribbdebach (German Edition)

Titel: Geiseldrama in Dribbdebach (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Demant
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und nahm, obwohl schon ernsthaft betrunken, einen weiteren tiefen Schluck, der sich gewaschen hatte.
    Herr Schweitzer hätte sich bei dieser Menge schon längst k.o. gesoffen.
    Doch Johnny war belastbar. „Und wenn de glaubst, daß das alles war …“
    Herr Schweitzer hatte auch nie daran gedacht, daß sich Johnny von einer läppischen Bootsfahrt von zehn Stunden in die Knie würde zwingen lassen.
    Uzi offenbar auch nicht: „Ach komm, du bist ja echt knallhart.“
    Fast hätte es den Globetrotter aus dem Konzept gebracht. Aber nur fast: „Logisch. Wir warn ja erst an der Grenze. Und die Bude, wo die unsere Pässe abgestempelt ham, hättste ma sehn solln. Ein Plumpsklo mit nem Schreibtisch, nisch größer. Und dann gings erst richtig los. Der Bus nach Flores war ma dermaßen überfüllt, da konnste nisch ma mehr furzen. Son alter, gelber amerikanischer Schulbus. Verkaufen die Amis fürn paar Pesos da runter. Entwicklungshilfe oder so. Auf alle Fälle proppenvoll der Bus, sag ich dir. Und nix von wegen Asphalt, kannste vergessen, iss nisch so wie hier, nee, ne Schotterpiste, un was für eine. Und heiß, obwohl mitten in der Nacht. Kaum Luft zum Atmen. Und als wir dann am Morgen ankamen, mehr tot als lebendig, wars locker vierzig Grad. Un Steve ham se noch en Wecker un sein Radio ausm Rucksack geklaut. Das war was, sag ich dir. Abenteuer pur.“
    Uzi: „Meine Fresse, so was würd ich auch gerne mal erleben.“
    Und Johnny nahm es auch noch ernst: „Kannst ja ma mitkommen.“
    Kaum waren des Hardcoretravellers letzte Worte versiegt, fiel sein Kopf auch schon auf die Brust.
    Herr Schweitzer krabbelte auf allen Vieren hinüber und brachte die offene Flasche Rotwein in Sicherheit. Nicht, daß Johnny sie noch umstieß.
    „Puh“, stieß Uzi hervor, „ich dachte schon, der hört nie mehr auf.“
    „Der Mann ist ziemlich unglücklich“, bemerkte Herr Schweitzer mit der Sprachgewalt eines Edgar Allan Poe, obwohl sich beide, aus welchen Gründen auch immer, nie begegnet waren.
    Uzi machte ein fragendes Gesicht.
    „Ich kenne einen, der war so ähnlich“, begann Herr Schweitzer, „immer in der Weltgeschichte rumgegurkt. Feuerland, Asien, Afrika und was weiß ich noch alles. Und immer die tollsten Frauen. Früher war das mit der Arbeit ja auch kein Problem. Man brauchte bloß die Hanauer oder Mainzer Landstraße langzulatschen, jeder zweite oder dritte Betrieb hat Leute eingestellt. Vier, fünf Monate malochen, da hatte er dann wieder genug Geld für irgendein fernes Ziel. Leider hat er dann den Absprung nicht geschafft. Er kam zurück, und jedesmal wurde es schwieriger Arbeit zu finden, bis es dann keine mehr gab. Sozialamt, aus der Wohnung geflogen, die übliche Leier eben. Heute läuft er durch Sachsenhausen und spielt irres Zeug auf so einer bunten Plastiktröte.“
    „Den kenne ich doch, der hat so eine Art Clownsfrisur. Treibt sich immer am Lokalbahnhof rum“, sagte Uzi freudig erregt.
    Die Unstimmigkeiten zwischen Uzi und Herrn Schweitzer waren vergessen. „Genau den meine ich. Hatte früher so eine Rastamähne. Es soll ja Frauen geben, die auf derartige Freiheitssymbole stehen.“
    „Weiß nicht, ich bestimmt nicht“, gab Uzi zurück.
    Herr Schweitzer war sich da nicht so sicher, gab diesbezüglich aber keinen Kommentar ab, obwohl der ihm auf den Lippen gelegen hatte, und sagte: „Na ja, Dreadlocks auf einer Dreiviertelglatze kamen dann doch nicht so gut an und so hat Ulrich, so heißt der Typ nämlich, irgendwie mit der realen Welt abgeschlossen. Vielleicht ist er ja sogar glücklich mit seiner Plastiktröte, wer weiß das schon.“
    Uzi nickte gedankenverloren.
    Yoko und Kogyo hatten sämtliche Knackwürste verputzt, sahen zufrieden drein und bedankten sich nochmals überschwenglich bei Herrn Schweitzer, der sie da so glorios vor dem Hungertod bewahrt hatte.
    Die Filialleiterin Trinklein-Sparwasser wandelte auf den Spuren des Nackten Jörg und Tröten-Ullis, blickte vollkommen entrückt durch alles Irdene hindurch und kaute unablässig an ihren Fingernägeln. Aus dieser Ecke war gewiß noch Verdruß zu erwarten, argwöhnte Herr Schweitzer.
    Der Bankräuber hatte inzwischen einen Sender eingestellt, der ein Spiel der Fußball-Champions-League übertrug. Simon Schweitzer hatte von diesem Sport nicht den geringsten Schimmer. Mehrfach schon wurde ihm von Koryphäen, die dazu noch Geduld besaßen, die Abseitsregel erklärt. Vergebens. Immerfort stand irgendwo ein Trottel herum, der das Abseits wieder aufhob,

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