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Geiseldrama in Dribbdebach (German Edition)

Geiseldrama in Dribbdebach (German Edition)

Titel: Geiseldrama in Dribbdebach (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Demant
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geradezu pervers wirken mußte, aber Genies überforderten schon immer ihre Zeit. Er würde also einen Teufel tun, und Maria oder sonstwem von diesen Gefühlen erzählen. Obwohl, was Gefühle anging, sie ihn da schon mehrfach überrascht hatte. Aber ein Risiko war es immer. Entweder sie verstand ihn, so abwegig er auch geklungen haben mochte, oder er hatte einen Duppe, wie man sich in diesen Breiten gerne auszudrücken pflegten. Einen Duppe zu ham war am ehesten in dem hochdeutschen Pendant zu finden, daß es mit Denken, Logik und/oder Rationalität nicht zum besten bestellt war. Ein Dabbes zum Beispiel hatte in der Regel auch einen Duppe, auch wenn er gerne mehr zur Dabbischkeit neigte, wie der Name ja schon sagt.
    Aber vielleicht spielte dabei Marias hochsensible Künstlerseele, wenn es darum ging, ihn zu verstehen, eine tragende Rolle. War er vielleicht gar selbst ein Künstler? Sind wir nicht alle irgendwie Künstler? Herr Schweitzer verneinte beide Fragen. Er selbst konnte Kunst lediglich konsumieren, nicht produzieren. Und was das Talent anderer Menschen anging, so mußte er auch hier energisch verneinen. Speziell dachte er an den Literaten Bohlen, was die Frage aufwarf, wo die Schmerzgrenze denn hingekommen ist.
    Und wie Herr Schweitzer so seine Gedanken spann, war das neuartige Gefühl in ihm auch schon wieder zerronnen. Den anderen schien es genauso zu gehen. Unangenehme Fragen werden eben gerne verdrängt. Das ist ähnlich der Steuererklärung vom letzten Jahr, die zu erledigen man sich jede Woche aufs neue vornimmt.
    Er blickte auf den leise schnarchenden Johnny, der von alldem nichts mitbekommen hatte und jetzt sicherlich von fernen Ländern mit eigenen Brauereien und Destillerien träumte. Wenn Herr Schweitzer doch auch nur schlafen könnte. Erfahrungsgemäß war einem das Glück beschieden, am nächsten Morgen in einer sorgenärmeren Welt aufzuwachen. Die Nacht bauschte die Sorgen doch allzusehr auf.
    Durch langsames Ein- und Ausatmen verhalf er seinem Herzen zu einem gemächlicheren Tempo. Dann versuchte Herr Schweitzer es erneut mit Maria von der Heide und ihrer demnächst in Salvador da Bahia mit dem brasilianischen Bildhauer Mario Cravo stattfindenden Ausstellung. Es sollte keine profane Präsentation der Werke werden, wie man sie aus der phantasielosen Heimat kennt, vielmehr würde ein kulturelles Rahmenprogramm mit Musikcombos, Spiele für Familien mit Kindern, Essensstände, ja, sogar ein kleiner Karnevalsumzug die beiden Künstler unterstützen. Oder umgekehrt. Maria hätte es gerne gesehen, wenn er mitkommen würde. Aber allein der lange Flug. Die Gazetten waren voll von Berichten über Passagiere, die wegen Durchblutungsstörungen der Beine fliegengleich dahingerafft wurden. Und ganz zu schweigen vom Wetter, da transpiriert man bestimmt wie ein Schwein, dehydriert und fällt tot um, falls man das Glück gehabt hatte, den Flug zu überleben. Dann waren da noch Malaria, Lepra und Pest. Und auch wenn man das irgendwie nach dem Zufallsprinzip überlebt hatte, mußte man hundertmal am Tag unter die Dusche, wenn sie funktionierte. Aber da unten funktioniert ja nichts. Gut, die Mädels dort sollen ja so gut wie nichts anhaben, er, Simon Schweitzer, hatte da mal einen Artikel darüber gelesen. Aber sollte er vielleicht auch im Stringtanga rumlaufen? Da würden die kaffeebraunen Schönheiten aber ganz schön gucken. Nein, sein Schwabbelbauch und er blieben da mal besser zu Hause. Ach Maria, wenn er doch nur bei ihr im Bett liegen könnte. Selbst ihr ewiges Hin- und Hergewälze würde er klaglos hinnehmen. Sie hatte nämlich einen unruhigen Schlaf, während er meist wie ein Stein schlief. Und ihr Haar, das bei diversen Gelegenheiten in seiner Nase kitzelte. Und ihr Rosenholz-Jasmin-Orangenblüte-Koriander-Parfüm erst. Kein Vergleich zu dem Bienenwachsgestank hier an diesem unwirtlichen Ort, über den zudem noch ein geisteskranker Pädophiler wachte. Verdammter Mist aber auch. Wenn es nach ihm ginge, könnten die den Trinklein getrost füsilieren. Oder Vierteilen. Oder in der Mikrowelle braten. Oder auf den elektrischen Stuhl schnallen.
    Das war natürlich nicht Herrn Schweitzers sonstiger moralischer Standpunkt, aber so langsam machten sich doch so mancherlei Ermüdungserscheinungen bemerkbar, die teilweise unbedachte Gedanken hervorriefen.
    Außerdem schmerzte sein Gesäß wieder. Er legte sich hin und verschränkte die Arme hinter dem Kopf. Das diffuse Lichtspiel der Kerzen an der kassettierten Decke

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