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Geiseldrama in Dribbdebach (German Edition)

Geiseldrama in Dribbdebach (German Edition)

Titel: Geiseldrama in Dribbdebach (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Demant
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Vorgesetzte sind, egal in welchem Aggregatzustand, zu grüßen. So steht es geschrieben.
    Das Badezimmer war versiegelt worden, was die einschneidende Veränderung nach sich zog, daß man zum Pinkeln jetzt zum Nachbarn gehen mußte, der darob, gelinde gesagt, wenig erfreut war. Politisch tendierte der Ökofreak nämlich weg vom Polizeistaat und hin zu Marx und Engels, auch wenn sich diese archaische Lebensform durch raffgierige Führungskräfte - das Übliche halt, man kennt das ja von der Volksherrschaft gleich Demokratie hierzulande - überlebt hatte.
    „Es bleibt einem aber auch nichts erspart“, hatte der Öko-freak nur verdrossen gemurmelt, als ihn ein Polizeibeamter um die Toilettenbenutzung ersucht hatte.
    Als dann auch noch der Staatsanwalt abgezogen war, breitete sich ein wohltuendes Schweigen aus. Man war wieder unter sich. Annie Landvogt nahm ein Fernglas zur Hand und betrachtete die friedlich hienieden auf Erden wie im Dornröschenschlaf daliegende Teutonische Staatsbank. Ganz schwach konnte man den flackernden Schein der Bienenwachskerzen erkennen. Ein Seelenfrieden, wie sie ihn vorher noch nie gefühlt hatte, senkte sich auf ihr Herz. Ich bin stark, sagte sie sich, und war’s auch.
    Im Irak geriet gerade ein Trupp amerikanischer Soldaten bei der Erstürmung eines Vorortes von Bagdad unter den Beschuß der eigenen Armee. Friendly fire hieß das im lustigen Fachjargon, und in diesem speziellen Falle hatte man zwei Infanteristen je ein Bein abgeschossen. Einmal das linke, einmal das rechte. Das war natürlich voll für den Arsch, denn ein Fußvolk mit abbenen Füßen taugte allenfalls noch zur Kavallerie, und die war bekanntlich im Irakkrieg außen vor. Eventuell vertrugen die Gäule das Klima nicht. Die beiden hatten noch Glück gehabt, denn bisweilen gab’s auch die Stars and Stripes mit auf den Sarg und den letzten Weg.
    Melibocus war dem Augenschein nach bereits jenseits von Gut und Böse. Gerötete Augen, ein unsteter Blick und ein sich gen Tischplatte neigender Schädel zeugten davon. Die Feier zur Wiederauferstehung des Sachsehäuser Käsblättchens konnte also als voller Erfolg verbucht werden.
    Aber auch der Zustand der beiden hartgesottenen Polizeibeamten Hansen und Funkal war bedenklich. Zu ihrer Ehrenrettung sei allerdings gesagt, daß der hinter ihnen liegende Arbeitstag an Knallhärte in etwa Reinhold Messners sauerstoffgerätlosem Alleingang zum Nanga Parbat entsprach. Okay, die kaskadenartig verputzten alkoholischen Getränke hatten nicht wirklich zu einer Erfrischung beigetragen, obschon sie ursprünglich als solche gedacht waren. Gerade die so zwischendurch mal bestellten Schnäpse hatten es ganz schön in sich gehabt.
    „Muß gehen“, erkannte Felix Melibocus in einem Anflug von Vernunft.
    „Wieson des?“ löcherte Hansen den Herausgeber unbarmherzig.
    „Vielleicht ruft mich moin der Popisch an, da muß ich klarn Kopp ham.“
    „Wer issn der Popisch?“
    „Ei mein Schornalist in der Bank, der wo mir immer berichten tut.“ Sprachlich hatte Melibocus seine Glanzzeit für heute eindeutig hinter sich gelassen.
    „Ach der. Trinke mer noch aaner?“
    „Noch aaner?“
    „Logo.“
    „Un was iss mittem Frederik?“
    „Was solln mittem sein?“ Hansen blickte nach links, und da hing ebendieser Frederik, der sonst weder Tod noch Teufel fürchtete, mit extremer Schlagseite in den Seilen, beziehungsweise zwischen den Armlehnen und schlief.
    „Mer könne auch zu zweit noch aaner nemme. Zur Not halt.“
    „Da mach ich mit.“
    Und dann geschah zehn Minuten später das, was Kenner der Szene nimmermehr für möglich gehalten hatten: Revierleiter Hansen bestellte fürwahr ein Taxi, obwohl noch einer gegangen wäre.
    Realität ist eine Illusion, die durch den Mangel an Alkohol entsteht, hatte schon der Schriftsteller Gisbert Haefs erkannt. Es gab Zeiten, da konnte Herr Schweitzer dem nur beipflichten. Heute war so eine Zeit. Denn daß ihn eine Lebenslage wie diese einmal langweilen würde, das war schon mehr als schizophren, stand ein klassischer Banküberfall bislang doch für Kurzweil und Abenteuer. Außerdem hatte er einen kapitalen Fehler begangen. Nie und nimmer hätte er Johnny die nahezu komplette Alkoholika überlassen dürfen. So war er noch immer ganz schön aufgedreht während der Traveller soweit Raubbau mit seinem Körper betrieben hatte, daß er schlafen konnte. Herr Schweitzer war weit von dem Born der Weisheit entfernt, der zu sein er sich wähnte. Wenn wenigstens der

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