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Geiseldrama in Dribbdebach (German Edition)

Geiseldrama in Dribbdebach (German Edition)

Titel: Geiseldrama in Dribbdebach (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Demant
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Beamten, der den Funkkontakt zu den Präzisionsschützen hielt, sagte sie: „Und schärfen Sie den Jungs ja ein, daß sie nur schießen sollen, wenn das Leben der Geiseln nicht gefährdet ist.“
    „Aber das habe ich doch schon zweimal in der letzten halben Stunde getan.“
    „Dann eben noch mal. Das kann nicht schaden.“ Sie blickte auf die Uhr. Zwanzig nach zehn. Der Countdown lief. Die nächsten zwei Stunden konnten über ihre Karriere entscheiden. Zur Sicherheit hatte sie auch Apostel Hollerbusch wieder hergebeten. Offiziell, weil er vielleicht hernach für das Seelenheil der Geiseln von Nutzen sein konnte. Insgeheim aber, und das durfte sie keinem anderen erzählen, fühlte sie sich einfach nur besser, wenn ein Geistlicher in dieser schwierigen Situation in ihrer Nähe war. Dabei war sie vor Jahren schon aus der Kirche ausgetreten.
    Ludger Trinklein saß einfach nur da und freute sich. Fünf Minuten waren vergangen, in denen kein Wort gefallen war. Von Zeit zu Zeit zog er an seinem Zigarillo und nippte am Whiskey. Sein Blick ging in die Ferne, die sich irgendwo rechts oberhalb seiner Exfrau befinden mußte. Gelegentlich bedachte er sie kurz, schien überrascht zu sein, sie hier vorzufinden, und widmete sich alsbald wieder dem Punkt im Nirgendwo, der eine solche tiefgreifende Freude in ihm auslöste.
    Selbstredend waren die Geiseln durch dieses Gebaren verunsichert, gleichwohl man es ihnen nicht ansah. Es war, als hätten sie sich darauf verständigt, keine Schwäche zu zeigen. Es lag etwas in der Luft und, obwohl man nicht wußte, was es war, konnte es nur etwas Schlechtes sein. Die Vorzeichen hatten sich seit gestern entschieden geändert. Dragoslav Popic schrieb nicht mehr, obschon er der Einfälle noch viele auf Lager hatte, denn selbst dieses geringe Geräusch des Schreibens vermochte eine Explosion hervorrufen.
    Solchermaßen war die Stimmungslage, als der Bankräuber zum Sprechen ansetzte: „So.“
    Die Geiseln zuckten allesamt zusammen.
    „Wie ihr gestern von Thesi erfahren habt“, er zeigte mit der Pistole auf die Filialleiterin, „findet morgen ein Verfahren gegen mich statt.“
    Mit mokantem Lächeln musterte er die Geiseln eine nach der anderen.
    „Wegen Kindesmißbrauchs. Ich habe meine eigene Tochter vergewaltigt. Vier Jahre, das Kind.“
    Abermals ließ er den Blick schweifen. Seine Stimme verriet keinerlei Emotionen.
    „Sagt Sie.“ Auf dem Absatz machte er kehrt, die Beretta zielte auf seine Ex.
    Wie auf Kommando drehten sich die Köpfe. Theresa Trinklein-Sparwassers große Augen stierten in den Lauf. Todesangst spiegelte sich darin. Ihr Mund stand weit offen.
    „Leider wird es zu diesem Verfahren morgen gegen mich nicht kommen. Aktuelle Ereignisse werden es verhindern.“ Er sprach weiterhin mit der Stimme eines neutralen Berichterstatters.
    „Dabei wollte ich gar kein Kind. In keiner Sekunde meines Lebens wollte ich welche. Ausschlaggebend soll ein kosmischer Eisprung mitten in der sicheren Zeit gewesen sein. Ha.“
    Trinklein spielte mit der Beretta, warf sie über wenige Zentimeter von Hand zu Hand, hielt inne und betrachtete sie, als sähe er sie zum erstem Mal, als überlege er, wie die Pistole wohl in seinen Besitz gekommen sein mochte.
    „Eigentlich habe ich Kinder immer gehaßt. Wußtet Ihr übrigens, daß es eine Statistik darüber gibt, die zeitlich genau belegt, wieviel Freude ein Kind in den Jahren bis zur Volljährigkeit bereitet?“
    Erwartungsvoll schaute er in die Runde.
    Na und, du widerliches Arschloch, dachte Herr Schweitzer, ist das vielleicht ein Grund, es zu mißbrauchen? Gerne hätte er, der sonst immer Gewaltverzicht predigte, auch eine Pistole gehabt. Dann hätte er Trinklein gerne jene Statistik erklärt, die besagte, wieviel Prozent Vergnügen dabei ist, ihn, den Pädophilen, über den Haufen zu schießen.
    Wiederum war es Uzi, die aus ihrem Herzen keine Mördergrube machte und ihrer dezidierten Meinung Ausdruck verlieh: „Wen interessiert das Geschwätz eines Kinderschänders?“
    „Wart’s ab“, erwiderte Trinklein ruhig.
    Respekt, Respekt, dachte Herr Schweitzer. Wenn alle soviel Mumm in den Knochen hätten wie diese Punkerin, sähe die Welt anders aus. Besser. Viel besser.
    Trinklein: „Na, ihr kommt wohl nicht drauf. Ich will’s euch sagen: fünf Prozent. Maximal lächerliche fünf Prozent der Zeit, wohlgemerkt im Wachzustand, erfreut so ein Balg die Elternherzen im Laufe von achtzehn Jahren. Der Rest ist Ärger, im besten Fall

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