Geist und Kosmos: Warum die materialistische neodarwinistische Konzeption der Natur so gut wie sicher falsch ist (German Edition)
Beantwortung der konstitutiven Frage, um Berücksichtigung zu verdienen. Betrachtet man sie als Alternative zu einer ebenso spekulativen Entstehung des Bewusstseins auf hohen Stufen der physikalischen Organisation, erscheint sie trotz des ernsten Problems mit dem mentalen Verhältnis zwischen Teil und Ganzem relativ glaubwürdig.
Eine reduktive Darstellung der Vernunft, die gänzlich unter dem Gesichtspunkt der Eigenschaften von elementaren Bestandteilen erfolgt, aus denen Organismen gebildet sind, ist jedoch noch schwerer vorstellbar als einereduktive Darstellung des Bewusstseins. Die Rationalität scheint sogar noch stärker als das Bewusstsein notwendigerweise ein Charakteristikum des Funktionierens des gesamten bewussten Subjekts zu sein; dass sie aus unzähligen Atomen winzigster Rationalität zusammengesetzt ist, kann man sich nicht einmal spekulativ vorstellen. Die Metapher, die den Geist als einen Computer hinstellt, der aus einer riesigen Anzahl transistorähnlicher Homunkuli aufgebaut ist, hilft nicht weiter, weil sie das Verständnis des Inhalts und der Begründung von Denken und Handeln weglässt, die allerdings für die Vernunft wesentlich sind. Aus diesen Gründen wird eine holistische oder emergente Antwort für die konstitutive Frage zunehmend wahrscheinlicher als eine reduktive, da wir von physischen Organismen zum Bewusstsein, zur Vernunft aufsteigen. Dies würde bedeuten, dass die Vernunft ein irreduzibles Vermögen von der Art eines voll ausgebildeten bewussten Geistes ist, das bei höheren Tieren vorkommt, und dass sie sich nicht in die Tätigkeit protomentaler Teile des Geistes zerlegen lässt, so wie es vielleicht bei der Wahrnehmung möglich ist.
Doch die geschichtliche Frage bleibt bestehen. Selbst wenn etwas völlig Neues beginnt, sobald das Gehirn mit Bewusstsein eine bestimmte Größe und Stufe der Komplexität erreicht, wird eine Erklärung der Existenz dieser Komplexität nur dann angemessen sein, wenn sie auch die Existenz der Vernunft als solcher erklärt. (Dies entspricht den Anforderungen an eine Erklärung für das Bewusstsein als solchem, wie im letzten Kapitel erörtert.) Nehmen wir einmal an, wir hätten Vernunft, weil unser Gehirn eine Stufe der Komplexität erreicht hat, auf der Vernunft entsteht. Wenn dies eine Erklärung sein soll, diedas Auftreten von Vernunft nicht zu einem totalen Zufall machen soll, darf sie in gewisser Hinsicht nicht nur die physische Komplexität selbst erklären, sondern muss das Auftreten von gerade der Art von Komplexität erklären, die eine Bedingung für die Entstehung von Vernunft ist. Das wäre nicht notwendig, wenn man bereit wäre, Vernunft als einen glücklichen Zufall zu betrachten – einen reinen Nebeneffekt anderer Hirnentwicklungen. Sollte das nicht akzeptabel sein, dann würde eine Erklärung der Vernunft die Wahrscheinlichkeit des Auftretens ihrer biologischen Bedingungen qua Bedingungen der Vernunft zu erklären haben, das heißt unter dieser Beschreibung. Die Möglichkeiten an diesem Punkt werden allzu abstrakt beschrieben, um irgendeine Spekulation dahingehend zu erlauben, ob eine reduktive kausale Erklärung dies leisten kann. Wenn aber die Emergenz die richtige Antwort auf die konstitutive Frage zur Vernunft ist, kann es sein, dass die geschichtliche Frage entweder eine teleologische oder eine intentionale Lösung verlangt.
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Ich habe die Möglichkeit teleologischer Prinzipien als Teil der Naturordnung im vorigen Kapitel bereits angesprochen. Die teleologische Erklärung mag ernste Probleme haben, aber in diesem Fall sind sie nicht schwerwiegender als die der Alternativen, deshalb sollte die Möglichkeit nicht ignoriert werden. Die Evolution des Geistes gehört zu einem einzigen langen Prozess evolutionärer Abstammung. Sie ist das späteste Stadium in der Evolution physischer Organismen, von denen einige nun weitgehend vomDenken beherrscht werden. Wenn wir skeptisch sind, was eine intentionale (theistische) Erklärung für die Existenz von Vernunft angeht, und uns auf eine kausal reduktionistische Darstellung keinen Reim machen können, ist es nur natürlich, darüber zu spekulieren, ob nicht einige Tendenzen in dieser Richtung schon immer wirksam gewesen sind. Wenn die Physik allein oder sogar ein nichtmaterialistischer Monismus die späteren Stadien der Evolutionsgeschichte nicht erklären können, sollten wir nicht annehmen, dass sie die früheren Stadien erklären können. Wenn wir weit genug zum Ursprung des Lebens
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