Geister der Vergangenheit
Spiegelscherbe lag. Alles war mit diesen hellen, glitzernden Splittern besetzt. Sie lagen auch unter dem Tisch und waren tief in den Raum hineingerutscht.
Er hörte sich murmeln, ohne zu wissen, was er sprach. Zwischendurch musste er nach Luft schnappen, und dann vernahm er ein anderes Geräusch, das nicht von ihm stammte.
Ein leises Knirschen auf dem Boden.
Scherben, die sich bewegten, aber nicht von allein. Da musste etwas anderes passiert sein.
Er drehte sich um, denn die Geräusche waren in seinem Rücken aufgeklungen.
Jetzt waren sie verstummt.
Atvill drehte sich weiter – und erstarrte!
Der verfluchte Ritter war nicht weg. Nur die Spiegel waren zerstört. Er aber stand direkt vor ihm!
Lachen!
Scharf und grell. Nur so konnte man die Reaktion des Malers bezeichnen. Er schüttelte dabei den Kopf, er wollte nicht glauben, was ihm seine Augen boten. Die Stange hielt er zwar noch fest, aber nur mit einer Hand, und das Stück Eisen deutete mit seinem anderen Ende zu Boden.
Das war es nicht. Das konnte es nicht sein, verdammt noch mal. Und doch traf es zu.
Vor ihm stand der Ritter!
Das Visier an seinem Helm war weiterhin in die Höhe geschoben. So zeigte er sein hässliches Gesicht mit den dunklen Augen, die so böse blickten.
Sprechen war unmöglich. Bruce hatte einen trockenen Hals bekommen. Also glotzte er weiterhin auf diese Gestalt, die so gar nicht in die normale Welt passen wollte. Sie war einfach ein Teil der Vergangenheit. Er dachte, dass sich jemand verkleidet hatte, um ihn zu erschrecken und fertig zu machen.
Das genossene Kokain hatte seine Wirkung nicht verloren. Vorhin hatte sich der Maler frei gefühlt. Das sah nun anders aus. Jetzt war er sauer auf den Typ und aggressiv. Er war sein Feind, und ein Feind gehörte nicht in sein Haus.
Aber er sah auch, dass der Ritter bewaffnet war. Ein großes Schwert lag in seiner Hand.
Der Maler fand seine Sprache zurück. »Wer bist du?«, flüsterte er mit rauer Stimme. »Wer, zum Henker?«
Dass ihm der Ritter eine Antwort geben würde, damit hatte er nie im Leben gerechnet, aber es war so. Er bekam die Antwort, und sie bestand mehr aus einem Röcheln.
»Richtplatz... heute... Abend... am... Richtplatz...«
Bruce Atvill hörte es. Er hatte sich auch nicht getäuscht. Aber er wollte weder etwas mit einem Richtplatz zu tun haben, noch mit einem Ritter. »Nein, verdammt, nein!«
Mehr sagte er nicht. Dafür schlug er zu. Und es war ein harter und wuchtiger Schlag mit der Eisenstange, der den Helm des Ritters erwischte.
Auf die Stirn hatte Bruce Atvill gezielt. Er lachte dabei auf. Seine Augen leuchteten. Er fühlte sich als der große Sieger, denn der Ritter taumelte nach hinten. In seiner Rüstung konnte er sich nur schwerfällig bewegen, aber er fiel nicht, womit der Maler eigentlich gerechnet hatte.
Das überraschte ihn so sehr, dass er den zweiten Hieb vergaß. Er schaute nur auf seinen Feind.
Der Ritter drehte sich zur Seite. Das tat er nicht aus Schwäche. Da gab es einen anderen Grund, denn er bewegte auch seinen Arm und bekam mit einem sicheren Griff sein Schwert zu fassen. Es steckte in einer starren Scheide, ließ sich aber gut ziehen.
»Nein!«, kreischte Atvill.
Auf einmal war die Angst da. Die Vorstellung von einem Schwert durchstoßen oder geköpft zu werden jagte die Panik in dem Maler hoch. Er wich immer weiter zurück, und mit seiner Eisenstange kam er sich lächerlich vor, denn sie besaß keine Spitze und auch keine scharf geschliffenen Schneiden.
Der Ritter kam ihm nach.
Eigentlich hätte man sich über seinen lächerlichen und sehr steifen Gang lustig machen können. Genau das fiel dem Künstler nicht ein. Bei ihm überwog die Angst um sein Leben.
Der Ritter ging nicht schneller. So blieb der Abstand gleich. Und bei jedem Schritt, egal, wer ihn tat, war das Knirschen der Scherben unter den Sohlen zu hören.
Dann trat das ein, vor dem sich Bruce Atvill so gefürchtet hatte. Der Ritter riss das Schwert hoch. Für Bruce stand fest, dass die Klinge ihn nicht streicheln sollte.
Die Klinge fand ihren Weg nach unten, und der Maler tat das, was ihm als Chance blieb. Er riss die Eisenstange hoch und wehrte den Hieb ab. Das schaffte er sogar, denn an der Stange rutschte das Schwert zur Seite hin weg. Doch dem Maler wurde die Stange aus der Hand geschlagen wurde. Sie prallte auf den Boden, und Bruce war waffenlos.
Dieses Wissen machte sich bei ihm durch einen lauten Schrei bemerkbar. Er konnte den Feind nicht mit bloßen Händen
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