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Geisterblues

Geisterblues

Titel: Geisterblues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katie MacAlister
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offenen Fenster neben meinem Bett. Ich stierte ihn an und zog die dünne Decke, die meine Beine bedeckte, über das extragroße T-Shirt, das ich zum Schlafen trug. »Könntest du mir bitte meine Hanwei-Axt zurückgeben?«
    »Du hast eine Axt nach mir geworfen?« Mein Hirn war noch so schlaftrunken, dass seine Worte kaum einen Sinn ergaben.
    »Ich?«, fragte der Wikinger und zeigte ungläubig auf seine Brust. »Das würde ich niemals tun! Du bist eine Göttin, und ich bin nur Finnvid, dein ergebener Diener, der viele Hundert Hunnen erschlagen hat.«
    »Was hat das dann hier zu suchen?« Ich gestikulierte zu der Axt. Seine Miene wurde leicht betreten.
    »Sie … äh … ist mir ausgerutscht. Ich hatte auf einen Usurpator gezielt, aber sie ist durch dein Fenster geflogen, anstatt ihm den Schädel zu spalten, wie sie es hätte tun sollen.«
    Das war der Moment, in dem mir auffiel, dass die Geräusche, die mein Hirn nur peripher wahrgenommen hatte, nicht aus einem tragbaren Fernsehgerät oder Radio kamen. Das war eindeutig Absinthes Stimme, die in ihrem schroffen Deutsch Befehle bellte.
    »Was zum Ochsenfrosch –« Der laute, nahe Schrei einer Frau veranlasste mich, aus dem Bett zu springen und zur Tür zu stürzen. Von Davide und meiner Mutter fehlte jede Spur, vermutlich waren sie bereits losgezogen, um mit ihren Wicca-Freunden ihre morgendlichen Rituale für Gott und Göttin abzuhalten. Da der Markt erst um zwei Uhr nachts dichtmachte, schliefen die meisten Leute vom Gothic-Markt und vom Zirkus der Verdammten bis nach Mittag, aber ein paar Hartgesottene waren schon jetzt auf den Beinen. Ich schätzte, dass es gegen neun sein musste, als ich die Wohnwagentür aufriss. »Heilige Scheiße!«
    Mich erwartete eine Szenerie, die jemals zu sehen ich mir nicht in meinen kühnsten Träumen hätte vorstellen können. Nur ein paar Schausteller waren schon auf, aber die waren aktiv … sehr aktiv sogar. Sie rannten kreischend umher, mit mehreren Wikingern dicht auf den Fersen.
    »Wo denn?« Der Wikinger-Geist namens Finnvid, der noch immer an dem offenen Fenster stand, guckte sich um, bevor sein Blick schließlich auf einen nahen Hundehaufen fiel (vermutlich eine Hinterlassenschaft von Tallulahs Mops Wennie). »Ach da! Für mich sieht es wie Kacke von einem Köter aus, aber wenn sie heilig ist, werde ich niemands Gesicht hineintunken.«
    Der Markt wurde zumeist in U-Form aufgebaut, mit dem Hauptzelt am Bauch und den Verkaufsständen und Buden an den zwei Schenkeln. Hinter dem einen befand sich das, was meine Mutter als unser Camp bezeichnete – der Bereich, wo die Markt- und Zirkusleute ihre Wohnwagen und Wohnmobile abstellten. In der Mitte der grob kreisförmigen Anordnung standen mehrere Picknicktische und -stühle, ein kleiner Grill und drei Klappliegen, auf denen die Schausteller an ihrer Bräune arbeiten konnten. Doch im Moment wurden die Liegen nicht zum Sonnenbaden benutzt, stattdessen diente eine einem rothaarigen Wikinger als Trampolin, während das Kopfteil einer anderen hochgeklappt war und die Kunststoffbespannung von einem zweiten Wikinger als Katapult zweckentfremdet wurde, um Tallulah mit reifen Pfirsichen zu beschießen. Sie hatte hinter einem der Picknicktische Deckung gesucht, aber jedes Mal, wenn sie den Kopf reckte, um zu sehen, ob die Luft rein war, feuerte der Wikinger einen weiteren Pfirsich auf sie ab. Der Wohnwagen hinter ihr war mit einer schleimigen, musartigen Masse bekleckert, aus der Fruchtfleischklumpen auf den Boden tropften. Peter würde einen Anfall kriegen. Er hatte die Pfirsiche gekauft, um seiner Obstsucht zu frönen, und jetzt war alles mit ihnen beschmiert.
    »Grundgütige Göttin, was ist hier los?« Mit Jeans und Tanktop bekleidet trat Mikaela aus dem Wohnwagen neben unserem. In einer Hand hielt sie eine Wasserflasche, in der anderen eine Kerze und mehrere Lavendelzweige.
    »Ein Weibsbild!«, brüllte Finnvid und zischte an mir vorbei, um Mikaela schwungvoll auf die Arme zu heben.
    Sie schrie panisch nach Ramon, ihrem Ehemann, dabei drosch sie mit ihrer Wasserflasche auf Finnvids Kopf ein. Hinter ihr hatte Absinthe es irgendwie auf das Dach ihres Wohnwagens geschafft, von wo aus sie die drei Wikinger, die zu ihr zu gelangen versuchten, mit wüsten Beschimpfungen auf Deutsch überschüttete.
    Mit erst einem Bein in seiner Hose stürzte Ramon aus seinem Wohnwagen, dann versuchte er, auf einem Fuß hüpfend, das zweite hineinzuzwängen, während er sich vor den Pfirsich-Geschossen des

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