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Geisterblumen

Geisterblumen

Titel: Geisterblumen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michele Jaffe
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durchs Zimmer, als würde jemand den Raum verlassen, und alle Kerzen erloschen auf einen Schlag, so dass wir in völliger Dunkelheit dasaßen.
    Alle schwiegen. Ich konnte mich nicht bewegen. Mir war eiskalt, aber mein Herz raste, als wäre ich gerade kilometerweit gesprintet.
    Bridgette durchquerte das Zimmer, ertastete den Lichtschalter, und dann wurde es hell.
    Es war, als erwachte man bei Tageslicht in einem fremden Bett. Alle wirkten betreten und vermieden Augenkontakt.
    Bridgette baute sich vor dem Medium auf, das auf dem Stuhl zurückgesunken war, wobei sie noch immer mein Telefon in der Hand hielt. »Wer hat Ihnen geholfen? Wer ist am anderen Ende der Leitung? Ist derjenige in der Nähe? Vielleicht jemand vom Partyservice? Ich werde das herausfinden, und Sie werden dafür bezahlen.«
    Als sie sprach, verschwand die Spannung im Raum. Es war ein so offensichtlicher, einfacher Trick, dass ich mir richtig dumm vorkam, weil ich darauf hereingefallen war. Ich hatte das Gefühl, dass es den anderen genauso ging.
    Madam Cruz schaute Bridgette mit einem Ausdruck an, der an Mitleid grenzte. »Ich habe keine Helfer. Ich hatte nichts damit zu tun. Das … waren die Geister.«
    »Es fällt mir schwer zu glauben, dass Geister telefonieren«, erwiderte Bridgette. Ich habe sie noch nie so gemocht wie in diesem Augenblick.
    »Ich kann nichts daran ändern, was Sie glauben oder nicht glauben. Geister kommunizieren auf vielfältige Weise, sie nutzen das, was sich gerade bietet.« Madam Cruz fuhr sich mit der Hand über die Stirn, und ich bemerkte, dass sie schwitzte. Sie schaute alle eindringlich an. »Ich habe so etwas noch nie erlebt.« Sie schluckte, und mir kam der Gedanke, dass sie von dem Geschehen ebenso beunruhigt war wie wir alle. »Noch nie.«
    »Na klar«, erwiderte Bridgette skeptisch.
    Doch ihr Einwand wirkte banal, weil Madam Cruz aufrichtig erschüttert schien. Die Augen des Mediums wanderten zu mir. Sie beugte sich nur ein wenig vor, als wollte sie mir nicht zu nahe kommen. »Man hat dir eine Gabe verliehen«, sagte sie. »Wie … nie zuvor. Vielleicht zeigt es, wie sehr du dieses Mädchen geliebt hast oder sie dich. Außergewöhnlich. Sehr außergewöhnlich. Nutze sie weise.«
    Sie betrachtete mich mit einer Mischung aus Erstaunen und Angst. Bridgette trat zwischen uns und gab mir das Handy zurück. »Nutze es weise«, ahmte sie das Medium nach.
    »Kannst du nicht endlich Ruhe geben?«, platzte Bain plötzlich heraus. »Nur weil du nicht daran glaubst, heißt das nicht, dass sonst niemand daran glaubt.«
    Bridgette schien zu erstarren. Sie drehte sich langsam zu ihm um. »Tut mir leid, falls ich dir deine Begegnung mit dem Okkulten verdorben habe«, erwiderte sie steif. Dann flüsterte sie ihm über meinen Kopf hinweg zu: »Du solltest lieber hoffen, dass Geister nicht zurückkommen und reden können. Um unser aller willen.«
    Dann drehte sie sich um und marschierte zur Tür.
    Ich schaute mich um, um zu sehen, ob jemand ihre Worte gehört hatte, aber als Bridgette die Tür öffnete, war der Bann endgültig gebrochen. Geräusche drangen von außen herein, und das feste Band, das uns zusammengehalten hatte, löste sich auf. Plötzlich wirkten alle undurchdringlich wie Fremde.
    Das hier hat nichts mit mir zu tun
, sagte ich mir, aber mein Herz raste weiter.
    Coralee stürmte zur Tür herein auf mich zu. »Das war unglaublich. Total krass. Du solltest dein Gesicht in den Aufnahmen sehen.«
    »Ich verzichte.«
    Sie neigte den Kopf zur Seite und betrachtete mich. »Du bist ein bisschen blass.«
    »Ich glaube, ich brauche noch einen Moment. Bin gleich zurück.« Ich verließ das Musikzimmer.
    Dies hatte nichts mit mir zu tun. Und selbst wenn, gab es keine Geister, rief ich mir ins Gedächtnis.
    Du hast mich gesehen.
    Liza war von einem Felsen gesprungen …
    Finde den Mantel.
    … und es gab absolut keinen Beweis …
    Finde die Wahrheit heraus.
    … für das Gegenteil.
    Lass sie in Ruhe,
schrie die Stimme ihres Vaters in meinem Kopf.
    Liza war tot. Sie hatte Selbstmord begangen. Das hier war irgendein Scherz, um mir Angst einzujagen …
    Jemand … da. Von jenem Abend. Bei dir.
    … und er hatte Erfolg.
    Ich erinnerte mich unfreiwillig an die Gästeliste jenes Abends, an die Gesichter der Leute, die auch heute hier waren – Jordan, Grant, Bain, Bridgette, Stuart. Dann rief ich mir die Fotos von Roscoe Kim und Xandra Michaels ins Gedächtnis. Sie waren alle schön, glatt, verwöhnt, perfekt. Keiner von ihnen sah

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