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Geisterbucht

Geisterbucht

Titel: Geisterbucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Vollenbruch
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Strand.
    Über dem Meer lag noch ein letzter glühender Schimmer des Tages. Das Strandcafé war ein hässliches Gebäude, das beinahe nur aus Reklametafeln und Schaufenstern bestand. Tagsüber konnte man hier von Eis, Hamburgern und Pizza bis hin zu Fisch alles kaufen, womit man sich den Magen verderben wollte, und für die wenigen Touristen, die sich in diesen Teil von Rocky Beach verirrten, gab es einen Souvenirladen mit geschmacklosem und überteuertem Kitsch. Um diese Zeit war alles still, die Fensterläden geschlossen, die Lichter ausgeschaltet. Der große Parkplatz war leer. Ab und zu fuhr auf der Küstenstraße ein Auto vorbei und in der Ferne wurde hin und wieder Sirenengeheul laut und ging im Rauschen des Meeres unter.
    Peter ließ den MG auf den Parkplatz rollen, hielt an, schaltete Motor und Scheinwerfer aus und schaute auf seine Armbanduhr. »So. Noch eine Stunde. Und was machen wir, wenn das bloß ein blöder Trick war und niemand kommt?«
    »Sie werden kommen.« Justus spähte über den Parkplatz, doch außer einem späten Spaziergänger mit seinem Hund war niemand zu sehen. »Schließlich wollen sie den Stein haben.« Er setzte die Kamera auf das Armaturenbrett, schaltete sie ein und stellte sie so ein, dass sie den Bereich vor dem Auto abdeckte. Dann drapierte er das zerknüllte Handtuch darüber, bis nur noch die Linse zu sehen war.
    »Sehr unauffällig«, sagte Peter.
    »Nächstes Mal verstecke ich sie in einem angebissenen Hamburger.«
    »Du willst mir doch nicht weismachen, dass du es schaffst, einen Hamburger nur anzubeißen.«
    »Wieso ich? Es wird deiner sein. Meiner ist Teil einer streng einzuhaltenden Pappbrötchen-und-Hackfleisch-Diät.«
    Das entlockte Peter immerhin ein schwaches Grinsen. Aber gleich darauf verschwand es wieder und er richtete sich auf. »Da kommt jemand! Jetzt schon? Es ist doch noch gar nicht Mitternacht!«
    Rasch schaltete Justus die Kamera ein und sie stiegen aus.
    Über den Parkplatz schlurfte ein Mann in zerlumpter Hose und fadenscheiniger Jacke auf sie zu. Um den Hals trug er ein schwarzes Tuch. Als er näher kam, erkannten Justus und Bob ein hageres, stoppelbärtiges Gesicht, dessen Wangen von Pockennarben verunstaltet wurden.
    Der Mann blieb in einiger Entfernung stehen. Justus und Peter stellten sich so an das Auto hin, dass sie die Sicht der Kamera nicht verdeckten. Der Mann schaute von Justus zu Peter und streckte die Hand aus. Sein Zeigefinger stach wie eine Harpune durch die Luft. »Ich muss euch warnen, Kameraden!« Seine Stimme war rau, heiser und offensichtlich verstellt und er roch deutlich nach Schnaps.
    »Tatsächlich?«, sagte Justus höflich. »Vor was?«
    »Vor dem Weg, den ihr geht. Er wird euch nur Unheil bringen!«
    »Und welcher Weg ist das?«
    Der Mann trat noch einen Schritt näher. »Der Leviathan sinkt schon bald in die Tiefen des Meeres. Dorthin kann ihm niemand folgen, nicht Ahab und auch nicht Ismael. Versucht es nicht!«
    »Der Leviathan?«, fragte Peter verdutzt. »Was ist das denn?«
    »Moby Dick«, antwortete Justus knapp. »Wollen Sie damit sagen, dass wir nicht länger nach dem Stern von Kerala suchen sollen, Sir?«
    Der Mann kniff die Augen zusammen und senkte die Stimme zu einem unheilvollen Flüstern. »Stern von Kerala? Nein. Ein Blutstein ist es, den ihr sucht, errungen durch Tücke und Betrug zum Preis eines Lebens. Er brennt, er glüht in unheiligem Feuer, in der Farbe von Blut! Vergesst ihn! Folgt diesem Weg nicht! Sonst trifft euch der Fluch des Leviathan!«
    Peter schluckte, aber Justus blieb ungerührt. »Gut, wir haben das verstanden. Vielen Dank, Elijah.«
    Der Mann lachte heiser auf, drehte sich um und schlurfte davon.
    »Elijah?«, zischte Peter. »Was soll das denn? Kennst du diesen Kerl etwa?«
    Justus setzte zu einer Antwort an, aber da bog ein schwarzer Wagen von der Küstenstraße auf den Parkplatz ein und rollte langsam näher. Die Scheinwerfer flammten auf und Justus und Peter kniffen geblendet die Augen gegen das helle Licht zusammen.
    Der Wagen hielt an.
    Einige Sekunden lang war nur der laufende Motor zu hören. Dann wurde die Beifahrertür geöffnet und jemand stieg aus. Sie konnten sein Gesicht nicht erkennen, da er an der Tür stehen blieb, aber seine Stimme erkannten sie sofort: Es war Taylor.
    »Also. Den Stein, wenn ich bitten darf.«
    »Erst das Gegengift«, sagte Justus mit fester Stimme.
    Taylor lachte ohne eine Spur von Humor. »Nein, Junge. Du hast mich schon einmal betrogen. Gib mir den Stein,

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