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Geisterfjord. Island-Thriller

Geisterfjord. Island-Thriller

Titel: Geisterfjord. Island-Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yrsa Sigurdardóttir
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lag dort keine Gartenschere und auch sonst nichts. Es war zwar überall dunkel, aber unter dem Strauch schien die Finsternis noch schwärzer zu sein, so dass man noch nicht mal die zwei Meter entfernte Wand sehen konnte. Die kahlen Zweige waren so dicht, dass das trübe Licht der Straßenlaterne nicht durch sie hindurchdrang. Freyr schüttelte den Kopf und ärgerte sich über seine blühende Phantasie. Er richtete sich auf, ging entschlossenen Schrittes zum Gartentor und ignorierte das erneute Klappern hinter sich. Er war heilfroh, als er den Garten verlassen hatte und durch die Straße joggte.
    Obwohl er zügig lief, war er noch nicht weit gekommen, als er hörte, wie sich von hinten ein Jogger in schnellem Tempo näherte. Er lief rhythmisch und viel leichtfüßiger als Freyr. Als die Schritte fast bei ihm angelangt waren, wurde Freyr etwas langsamer, um den zügigen Jogger vorbeizulassen. Da wurde er ungelenk an der Schulter gepackt, und Dagný bat ihn japsend, stehen zu bleiben.
    »Hast du es eilig?« Sie stand da, die Hände auf den Oberschenkeln, und schnappte nach Luft. »Ich hab dich loslaufen sehen, als ich gerade vom Joggen zurückkam, und wollte kurz hallo sagen, aber du bist so schnell gelaufen, dass ich schon dachte, du läufst vor mir weg.«
    Freyr, der auf der Stelle gejoggt war, um nicht an Fahrt zu verlieren, blieb jetzt stehen und grinste Dagný an. Er war so froh, sie zu sehen. Ihre geröteten Wangen und ihr hektisches Atmen symbolisierten das Leben und all das, was die Zukunft bereithielt, während die hässlichen Möbel und der ungepflegte Garten der Vergangenheit angehörten, die sich nicht mehr ändern ließ. »Entschuldige, ich wäre stehen geblieben, wenn ich dich gesehen hätte.«
    Dagný straffte ihren Rücken. »Ich komme noch mal ein Stück mit, wenn du versprichst, ein bisschen langsamer zu laufen.«
    Freyr hätte sich auch einverstanden erklärt, rückwärts zu laufen, wenn sie das gewollt hätte. »Gerne, ich bin total froh über ein bisschen Gesellschaft.« Er wäre durchaus auch auf dem Bürgersteig stehen geblieben und hätte einfach weiter in ihre graublauen Augen geschaut. Sie waren ein bisschen unterschiedlich, das eine war etwas schräger als das andere, aber genau das verlieh ihrem Gesicht diesen unwiderstehlichen Charme.
    »Ich bin dir nach, weil ich eigentlich kurz bei dir reinschauen wollte«, sagte Dagný, als sie losgejoggt waren. »Du denkst bestimmt über die ganze Sache nach, vielleicht kann ich dir dabei helfen. Ich erinnere mich gut an die Frau.«
    »Hast du schon hier gewohnt, als Védís gestorben ist?«
    »Nein, ich hab das Haus vor zwei Jahren gekauft, da war sie schon tot. Aber sie war so auffällig, dass man sie einfach kannte, auch wenn man nicht neben ihr gewohnt hat.« Dagný verstummte, suchte nach dem richtigen Atemrhythmus und sprach dann weiter. »Gibt es nichts im Haus, das ihre Verbindung zu dem Fall erklärt? Ich kapiere immer noch nicht, worum es dabei eigentlich geht.«
    »Ihre Möbel sind nicht mehr da. Die Angehörigen haben sie bestimmt abgeholt, bevor das Krankenhaus das Haus übernommen hat.« Freyr wurde etwas langsamer, er durfte nicht vergessen, dass Dagný schon genug gelaufen war.
    Dagný war froh, ihr Tempo drosseln zu können. »Das Krankenhaus hat zwar alles geerbt, aber es gab ein paar Wertsachen aus dem Besitz ihrer Eltern, auch Antiquitäten. Das meiste davon wurde in Reykjavík verkauft, nur ihre persönlichen Dinge sind hiergeblieben, damit ein Angehöriger sie später abholen kann. Vieles ist natürlich auf dem Müll gelandet.«
    »Es gibt einen Abstellraum im Keller. Vielleicht sind die Sachen dort aufbewahrt. Im Haus und in der Garage ist jedenfalls nichts. Ich wusste bisher gar nicht, wer vor mir da gewohnt hat, ich dachte, es wäre ein Arzt aus Reykjavík gewesen.«
    »Ja, ein Kollege von dir. Er ist ein paar Monate vor dir ausgezogen.«
    Freyr wusste über den Mann nur das, was er im Krankenhaus gehört hatte – dass er die Probezeit nicht überstanden hatte. Deshalb war er im Krankenhaus nicht sehr beliebt gewesen, aber das konnte natürlich auch an seiner Person liegen. »Wenn persönliche Sachen in der Abstellkammer sind, darf ich sie mir dann ansehen?«
    Dagný wurde noch langsamer. »Ich kann dir versichern, dass niemand wegen Neugier gegen dich ermitteln wird. Du hast den Schlüssel bekommen, und wenn der auf einen Keller mit Sachen der ehemaligen Besitzerin passt, ist es vollkommen egal, ob du sie

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