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Geisterfjord. Island-Thriller

Geisterfjord. Island-Thriller

Titel: Geisterfjord. Island-Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yrsa Sigurdardóttir
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bis zu den Lidern aufgekratzt. Freyr stürzte auf sie zu, riss ihre Hände von ihrem blutenden Gesicht und rief, so laut er konnte, nach Hilfe. Als er die schnellen Schritte der Pflegerin auf dem Flur hörte, entspannte er sich ein wenig. Seine Stimme klang ganz ruhig, als er die Pflegerin bat, sofort ein Beruhigungsmittel zu holen. Als sie wieder aus dem Zimmer geeilt war, drückte er Úrsúlas Hände geschickt in ihren Schoß und hielt sie dort fest. »Ganz ruhig, Úrsúla, ganz ruhig.«
    Die Frau lachte kurz und freudlos. Dann schaute sie ihn an, das Gesicht völlig verschmiert mit Blut und Tränen, die über ihre Wangen strömten, und sagte: »Er will Menschen weh tun. Wussten Sie das? Ihnen ganz doll weh tun.« Sie hielt den Kopf schief und starrte in Freyrs Augen. »Vielleicht auch Ihnen. Aber vor allem will er, dass Sie Benni finden.« Zwei rote, mit Blut vermischte Tränen rannen über ihr Kinn und tropften auf den verschlissenen Kittel, den sie über ihrem Nachthemd trug. »Er sagt es mir in meinem Kopf.«

23. Kapitel
    Der Schmerz im Fußrücken war so heftig, dass Katrín keine Zweifel hatte, dass etwas gebrochen war. Ihr Fuß war stark angeschwollen, und Líf und Garðar hatten ihren Schuh aufschneiden müssen, um ihn abzukriegen. Aus irgendwelchen Gründen fror Katrín noch mehr als sonst – sie zitterte wie Espenlaub, obwohl sie dick eingepackt und in eine Decke gewickelt war. Die ganze Zeit musste sie den Gedanken verdrängen, dass sie jetzt in derselben Situation war wie die Leute früher, wenn sie Gefahr liefen, dass verletzte Gliedmaße abstarben, sie ein Bein verloren oder gar an Blutvergiftung starben. Katrín war so müde und erschöpft, dass sie nicht wusste, was schlimmer war. Im Vergleich zu jetzt waren die Schmerzen nach dem Sturz von der Treppe ein Klacks gewesen.
    »Der Kaffee ist fertig.« Garðar gab ihr eine dampfende Tasse. »Dir wird bestimmt warm, wenn du den trinkst.« Sein Gesicht war an den verletzten Stellen angeschwollen, und in dem merkwürdigen Licht der Taschenlampe sah er aus wie ein Fremder.
    »Warum habe ich bloß kein Ibufen mitgenommen? Es ist sonst immer in meiner Handtasche, nur jetzt, wo ich es mal brauche, ist die Packung leer.« Líf kramte in einer großen, schwarzen Tasche aus glänzendem Leder, und Katrín wusste nicht, ob sie nach Schmerztabletten für sich selbst oder für sie suchte. »So was Blödes.«
    »Ich gehe rüber zum Arzthaus. Vielleicht ist da ein Verbandskasten«, nuschelte Garðar, der wegen seiner geschwollenen Wange schwer zu verstehen war.
    »Du gehst nirgendwohin. Ich halte das bis morgen aus«, warf Katrín ein. Sie meinte es ernst. Auch wenn sie noch nie solche Schmerzen gehabt hatte, war eine grauenhafte schlaflose Nacht hundertmal besser, als Garðar alleine in die pechschwarze Dunkelheit hinausgehen zu lassen. Es war zwar nur ein Katzensprung bis zum Arzthaus, aber Katrín hatte es nur bis zu ihrem Haus geschafft, und Garðar und Líf mussten sie das letzte Stück fast tragen. Sie waren alle ausgelaugt, Putti eingeschlossen. Sie hatten vorgehabt, sich ein bisschen zu erholen, dann in aller Ruhe mit möglichst viel Brennmaterial zum Arzthaus zu gehen und dort die Nacht zu verbringen. Dort waren ihre Schlafsäcke, die Kerzen und Sicherheit – drei Dinge, die sie am meisten brauchten. Doch nachdem sie Katríns Schuh entfernt hatten, war klargeworden, dass Katrín erst mal nicht mehr weitergehen konnte. Keiner hatte es ausgesprochen. Erst jetzt redeten sie darüber, und Katrín sagte: »Warum schlägst du das vor? Keiner erwartet von dir, dass du alleine irgendwohin gehst. Wir überleben die Nacht auch, wenn du nicht den Helden spielst.« Katríns Angst, Garðar könnte hinaus ins Ungewisse stürmen, hatte sich in Wut verwandelt.
    »Mir passiert schon nichts, ich brauche höchstens eine halbe Stunde hin und zurück. Ohne Schlafsäcke erfrieren wir heute Nacht, und die Taschenlampe geht auch nicht mehr lange. Wollt ihr die ganze Nacht zitternd im Dunkeln hocken?« Garðar war weder sauer noch sarkastisch, er sprach ohne jede Gefühlsregung, als wäre er eine mechanische Ausgabe seiner selbst, mit dicken Wangen und Baumwolle im Mund. »Ich spiele nicht den Helden, irgendjemand muss es eben machen.«
    »Warum gehst du nicht, Líf?«, fragte Katrín. Die Frage war lächerlich angesichts dessen, dass Líf die Letzte war, die sich alleine von der Stelle bewegen würde. »Die Schlafsäcke sind nicht schwer, du könntest sie genauso gut

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