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Geisterflut

Geisterflut

Titel: Geisterflut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stacia Kane
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schon mal gesehen?«
    Falls er sich fragte, weshalb sie das nicht einfach in der Kirchenbibliothek recherchierte, ließ er es sich nicht anmerken. Vielmehr betrachtete er das Foto und schob seine dunkle Brille hoch, um es besser sehen zu können. »Sieht aus wie ein Traumfänger, aber ein merkwürdiger. Zumindest mit dem Kupfer und dem Haar. Wie ’ne Spezialanfertigung, um ein bestimmtes Wesen abzuwehren, nicht wahr?«
    »Das hab ich auch gleich gedacht: Dass es nicht nur ein Traumfänger ist, sondern auch ein Schutz.«
    »Das ist aber ein sehr kleiner Kupfersplitter. Ich weiß nicht, ob der überhaupt groß genug ist, um wirken zu können.«
    Chess überlegte kurz und kaute dabei auf ihren Lippen herum. »Könnte das etwas Sympathetisches sein? Ich meine: Wenn es mit dem Amulett zusammenhängt, das ich dir gezeigt habe ... Hast du je davon gehört, das man das gleiche Material, mit dem man einen Geist herbeibeschwört, dazu nutzt, um ihn abzuwehren?«
    »Um ihn daran zu erinnern, was ihn hier hält, meinst du?«
    Sie nickte.
    »Ja, das könnte sein. Ich kannte früher mal ’ne Bande, die haben mit Metallen experimentiert. So was wie Alchemie, bloß dass sie nicht versucht haben, irgendwas in Gold zu verwandeln, sondern sie wollten sehen, was für eine Ausstrahlung die einzelnen Metalle und Legierungen haben. Manche Metalle sind zwar nicht magnetisch, können aber gewissermaßen eine magnetische Wirkung entfalten — können beispielsweise Energie zurückwerfen, wie bei einer magnetischen Abstoßung.«
    »Kupfer ist außerdem ein elektrischer Leiter. Und leitet also auch Magie.«
    Edsel nickte. »Wer dieses Ding hier angefertigt hat, weiß ganz genau, was er macht.«
    »Sehe ich auch so.« Sie zückte ihren Notizblock. »Ich bräuchte noch ein paar Kleinigkeiten, okay?«

30
    »Ein Debunker ist zu allererst ein Beschützer. Zum einen
    schützt er die Kirche, nämlich vor Unwahrheiten und
    Betrug; zum anderen, und das ist das Wichtigste, schützt
    er die Menschen. Er schützt sie vor Geistern, vor ihrer
    eigenen Wesensart und vor anderen Menschen, die ihnen
    schaden wollen.«
    Karriere machen in der Kirche. Ein Ratgeber für junge Leute,
    von Praxis Turpin
    Ein kalter Wind strich ihr übers Gesicht, als sie sich vor das Türschloss kniete. Ein ganz schlichtes Modell. Dürfte nicht länger als eine Minute dauern, es zu knacken.
    Schwieriger würden dann die magischen Wehre. Ein Kribbeln, das nichts mit irgendwelchen Drogen zu tun hatte, lief ihr über die Haut und ließ den Unterkiefer verkrampfen, als hätte sie gerade mehrere Cepts gekaut.
    Sie nahm einen der kleinsten Dietriche aus ihrem Etui und schob ihn in den gezahnten Schlitz. Allein schon, dass es sich um ein normales Sicherheitsschloss handelte und nicht wenigstens um ein Kombinationsschloss, erregte ihre Besorgnis. Jemand, der bei der Kirche beschäftigt war, musste doch wissen, wie leicht solche Schlösser zu knacken waren. Man setzte hier offenbar großes Vertrauen in magische Wehre.
    »Okay«, sagte sie und sah sich um, während ihre behandschuhten Finger mit dem Dietrich hantierten. Terrible stand mit dem Rücken zu ihr und behielt den menschenleeren Parkplatz im Blick. Als er ihre Stimme hörte, wandte er den Kopf gerade so weit, um ihr kurz zuzunicken.
    Das Schloss sprang auf, und Chess zog den Dietrich heraus. »Aber ich weiß nicht, was die hier sonst noch an Schutzmechanismen haben, also ... gib mir noch ’ne Minute.«
    Erneut ein knappes Nicken.
    Wenn die vergangenen Tage sie eines gelehrt hatten, dann, dass es galt, vorbereitet zu sein, und ihr Besuch bei Edsel hatte sich da als sehr hilfreich erwiesen. Aus ihrer Tasche zog sie Sandelholz, Benzoeharz und zwei in Luftpolsterfolie gewickelte Schraubgläser hervor. Das größere enthielt einen Kräuteraufguss, das kleinere eine Mixtur aus einem speziellen Salz und eigenem Menstruationsblut. Die Frauen der Kirche waren verpflichtet, ihr Menstruationsblut zu sammeln und mit den Männern zu teilen.
    Chess hätte das auch ohne Verpflichtung getan, denn dieses Blut war viel zu mächtig - im positiven wie im negativen Sinne -, als dass man es einfach so entsorgen sollte. Sie sammelte auch ihr Haar ein, das in der Bürste hängen blieb oder beim Friseur anfiel, und verbrannte es, damit es nicht auf magische Weise gegen sie eingesetzt werden konnte. Mit dem Haar verhielt es sich anders als mit dem Blut: Es ließ sich nicht entpersönlichen und als allgemeine Zauberzutat nutzen. Wenn jemand etwas Magisches

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