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Geisterflut

Geisterflut

Titel: Geisterflut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stacia Kane
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nahm seine Belustigung dennoch wahr. »Entschuldige bitte, Cesaria. Sag, wo hast du dieses Ding gefunden?«
    »Das darf ich nicht verraten.«
    Er nickte und streckte eine große Hand aus. Seine sehr schlanken Finger bewegten sich wie Seetang im Gezeitenstrom. »Dürfte ich es bitte kurz halten?«
    Sie legte es ihm mitsamt dem Tuch in die Hand und hoffte, dass er nicht bemerkte, wie sie vor der Berührung seiner Haut zögerte. Er riss das Tuch fort, schloss die Finger um das Amulett und hielt es empor.
    »Oh ja!«, sagte er. »Es ist gut, nicht wahr? Mmmh.« Er hielt es sich unter die Nase und berührte es mit der Zungenspitze, wobei er die Augen verdrehte. »Du hast ihm Blut gespendet, Cesaria.«
    »Das war ein Versehen.«
    Er kicherte, und es hatte etwas von einem stockenden Motor, der wieder in Fahrt kam. »Ein Versehen! Unverhofft kommt oft!« Er schloss die Hand um das Amulett. »Das meiste darauf erkenne ich. Was bekomme ich dafür? Das Buch braucht eine Opfergabe, wenn es sich auftun soll.«
    »Was für ein Buch? Kannst du es mir nicht einfach sagen?«
    »Die Worte dürfen nur bei einem Zauber gesprochen werden. Du darfst sie lesen, aber nicht laut aussprechen.«
    Das verhieß nichts Gutes. Sie sah sich selbst schon an der Tür, wie sie mit Terrible im Schlepptau das Haus verließ und zum Wagen hinaufstieg, um die Biege zu machen und in die Stadt zurückzufahren.
    Und dann sah sie Slipknot, dessen Körper mit jeder Minute weiter verweste und dessen Seele in dieser von Maden wimmelnden Leib-Ruine eingesperrt war. Da war ihr klar, dass sie nicht abhauen durfte.
    »Was ist der Preis?« Sie nahm ihre Tasche, bereit, einen erklecklichen Betrag hinzublättern. Beziehungsweise von Terrible hinblättern zu lassen. Bump würde ihnen die Spesen schon erstatten. Das hier war sein Ding, da konnte er verdammt noch mal auch die Zeche zahlen.
    »Oh. Du bietest mir Geld an.« Tysons geblecktes Gebiss schimmerte im Schummerlicht. »Doch das Buch bedarf keiner kalten Opfergaben, meine Liebe. Ihm steht der Sinn eher nach ... Nun, vielleicht siehst du dir das besser mit eigenen Augen an. Warte hier.«
    Chess und Terrible wechselten einen Blick, während Tyson in seinem wallenden rot-goldenen Gewand durch die schwarze Tür verschwand.
    »Kannst du das nich irgendwie anders rauskriegen?«
    Sie schüttelte den Kopf.
    Er seufzte. »Das gefällt mir nich. Überhaupt nich.«
    Sie wollte eben etwas darauf sagen, als Tyson wieder hereinkam, ein Buch ausgestreckt vor sich haltend. Im ersten Moment dachte Chess, Tyson hätte sich im Nebenraum an irgendetwas geschnitten und hätte das entweder nicht bemerkt oder es kümmerte ihn nicht. Dann aber wurde ihr klar, dass das Blut, das ihm aufs Gewand tropfte und in den nackten Erdboden des Raumes einsickerte, gar nicht von ihm stammte.
    Es stammte von dem Buch.
    Es quoll zwischen den Seiten hervor und tropfte dunkel und dickflüssig vom Einband herab. Chess bekam eine Gänsehaut. Sie wollte nicht in diesem Ding lesen, wollte es nicht berühren, wollte ihm nicht einmal nahe kommen. Die Handfläche brannte und juckte ihr, und die Tattoos auf ihren Armen erwärmten sich, als das Buch zu ihr herangetragen wurde.
    Tyson stupste mit dem Fuß einen kleinen Tisch an und wandte sich an Terrible. »Bringst du den mal bitte her?«
    Mit regloser Miene stellte Terrible das Tischchen vor Chess ab, doch als ihre Blicke sich trafen, sah sie, dass auch er es spürte und dass es ihm ebenso wenig gefiel wie ihr.
    Doch es ließ sich nicht ändern. Sie gab sich Mühe, nicht zurückzuweichen, als Tyson das blutige Buch vor ihr auf den kleinen Tisch legte, zwang sich stattdessen, die Hände danach auszustrecken. Doch in der Bewegung hielt Tyson sie zurück. Seine Augen funkelten, als er sie fragte:
    »Bist du sicher? Bist du wirklich bereit, das Buch zu berühren?«
    »Mir bleibt keine andere Wahl, oder?«
    Terrible trat vor. »Ich übernehme das.«
    »Nein. Das ist nicht dein -«
    »Ich lass nich zu, dass du das machst, Chess. Wegen so was bin ich mitgekommen, klar?«
    Das Blut tropfte vernehmlich auf den Boden, während Terrible und sie einander ansahen.
    »Entscheidet euch bitte«, sagte Tyson. »Ihr bietet zwar einen reizenden Anblick, aber ich habe nicht den ganzen Tag Zeit, mir das anzusehen.«
    Chess griff nach dem Buch, doch Terrible war schneller. Die Fingerspitzen seiner Linken berührten den Einband, und das Buch flog auf. Kleine Blutstropfen spritzten umher und landeten überall - auf ihm, auf Chess, auf

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