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Geisterflut

Geisterflut

Titel: Geisterflut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stacia Kane
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gut so - das Wispern kam näher, und sie spürte einen kalten Lufthauch im Rücken, der von nichts anderem stammen konnte als - Bingo!
    Sie riss die Tür auf, schlüpfte hindurch und knallte sie hinter sich zu. Das hier war keine Kammer. Sie hörte leises Wassertröpfeln und spürte den größeren Raum um sich her, wie sie eben noch den Geist gespürt hatte. Jetzt hieß es: Loslaufen. Und das tat sie.
    So lange sie konnte, lief sie weiter. Ihre Füße platschten über den nassen Boden, und mit den Fingerspitzen fuhr sie an den groben Tunnelwänden entlang, sodass sie spürte, wenn eine Abzweigung kam. Dann entschied sie instinktiv, wo sie entlanglief. Links, dann rechts, dann zweimal links, wobei sie die ganze Zeit versuchte, sich in Richtung Downside und Lex zu bewegen. Die Tunnel, die er benutzt hatte, waren beleuchtet gewesen. Wenn sie dorthin fände, müsste sie nicht noch eins ihrer kostbaren Streichhölzer verbrauchen.
    Allmählich fand sie ihren Plan gar nicht mehr so gut. Ihr Herz fühlte sich an, als würde es gleich platzen, sie sehnte sich nach einer Pille, war durstig und durchgefroren und wollte nur noch nach Hause. Zumindest um zu duschen und sich umziehen, denn diese Klamotten trug sie schon seit einer Ewigkeit. Sie konnte die Wohnungstür ja mit einem Stuhl blockieren und ihr Messer am Körper tragen.
    Der Gestank traf sie sofort mit voller Wucht. Es gab keine Vorwarnung, kein erstes zweifelndes Schnuppern. Es war, als wäre sie durch eine Membran geschritten, in einen Raum voller Tod und Verwesung. Ihre Füße rutschten weg, und fast wäre sie gestürzt. Sie stützte sich an der Wand ab, griff nach einem Streichholz und kämpfte gegen den Brechreiz an.
    Doch sie kämpfte auf verlorenem Posten. Im schwachen Lichtschein der Streichholzflamme - der nach der langen Dunkelheit trotzdem in den Augen wehtat — sah sie zahlreiche Leichen - verwesende, von Ratten und anderen Kleintieren halb zerfressene tote Menschen. Blicklose Augen und leere Augenhöhlen starrten an die Decke. Was die offenstehenden Münder nicht mehr erzählen konnten, verrieten die Schusswunden und aufgeschlitzten Kehlen. Fleischfetzen hingen von blutigen Knochen herab. Chess übergab sich und war deshalb auf sich selber wütend. Ihr war klar, dass sie ein weiteres Streichholz opfern musste, um hier wieder herauszukommen, und das machte sie noch wütender.
    Als sich ihr Magen wieder ein wenig beruhigt hatte, richtete sie sich flach atmend auf und riss das Streichholz an. Jetzt waren nur noch drei übrig. Der Tunnelabschnitt voller Leichen ging noch etwa fünf Meter weiter und endete an einer Tür. Eine Sackgasse.
    Es sei denn, sie konnte auch dieses Schloss knacken. Sie sah auf ihren Kompass. Wenn sie nicht alles täuschte, war es nach Downside nicht mehr weit. Dort konnte sie dann den Rest zu Fuß gehen oder ein Taxi nehmen. Zu Fuß gehen war nicht ganz ungefährlich, aber das war ihr mittlerweile egal.
    Ihre Schuhe rutschten bei jeder Bewegung in dem Fäulnisglibber und machten widerliche Geräusche, aber sie beachtete das gar nicht. Sie hatte ein Schloss zu knacken. Es war kniffliger als die vorigen, aber doch zu bewerkstelligen. Während sie damit zu Gange war, erlosch das Streichholz, aber daran war nichts zu ändern. Sie würde jedenfalls nicht mehr umkehren und auch keine Panikattacken mehr kriegen. Das ließ sie jetzt alles kalt.
    Hinter der Tür brannte Licht. Es blendete sie, als sie sie öffnete. Sie warf noch einen Blick zurück und dabei fiel ihr etwas ins Auge. Eine Brieftasche. Sie lag auf der Brust einer Leiche.
    Sie hätte sie nicht anrühren sollen, hätte nicht mal daran denken sollen, aber die Toten waren einmal Menschen gewesen, Menschen mit Namen. Mit dem Dietrich klappte sie die Brieftasche auf.
    Keine Ausweispapiere. Weder Kreditkarten noch Bargeld. Anscheinend hatte das alles schon jemand mitgenommen und nichts zurückgelassen außer vielleicht... Sie schob den Dietrich in eines der Fächer ... außer ein paar Fetzen Papier - Quittungen und Kassenzettel und ... oh.
    Ein runzliges Stück Plastik blieb am Ende des Dietrichs hängen und ragte nun aus der Brieftasche hervor, lud sie förmlich ein, sich das näher anzusehen.
    Das Tütchen war staubig und fühlte sich mürbe an. Es sah aus, als hätte es jahrelang darin gesteckt, und als sie die mattrote Farbe der Pillen sah, wusste sie, dass dem tatsächlich so war. Valtruin. Fast unmöglich zu beschaffen. Diese Pillen waren schon vor ein paar Jahren verboten worden,

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