Geisterhauch (German Edition)
sagte Cookie. Hastig.
Mist. »Men in Black im Büro?«
»Nun, ja, eigentlich eher in Dunkelblau.«
Für Männer hatte ich jetzt keine Zeit. Egal in welcher Farbe. »Na schön, zwei Fragen: Sehen sie wütend aus? Und sind sie scharf?«
Nach einer langen, langen Pause sagte Cookie: »Erstens, eigentlich nicht. Zweitens, kein Kommentar. Und sie können dich hören.«
Nach einer langen, langen Pause sagte ich: »Okie dokie. Bin gleich da.«
Ehe ich auflegen konnte, langte jemand über meine Schulter und beendete den Anruf. Hinter mir stand Reyes. Die Hitze, die er ständig verströmte, drang durch meine Kleidung und erfüllte mich mit Wärme. Er rückte näher und drückte sich schließlich der Länge nach gegen meine Rückseite. Ich reagierte auf seine Nähe mit einem Adrenalinstoß, als er den Kopf beugte und sein Atem über meine Wange strich, bekam ich weiche Knie.
»Hübscher Fang, Dutch«, sagte er mit einer Stimme, die mich zu streicheln schien.
Ein Wonnegefühl schoss mein Rückgrat hinunter und sammelte sich im Unterleib. Seit dem Tag meiner Geburt nannte er mich Dutch, aber ich musste erst noch herausfinden, warum. Er war wie die Wüste, die hinter jeder Sanddüne Schätze verheißt und unter deren Oberfläche das Wasser lockt, krass und schön, brutal und unversöhnlich.
Ich drehte den Oberkörper, um ihn anzusehen. Er weigerte sich loszulassen, was er einmal hatte, und so musste ich den Kopf in den Nacken legen, um seinen Anblick in mich aufzusaugen. Seine dunklen Haare kräuselten sich über dem Ohr und hingen ihm ein wenig wirr in die Stirn. Seine Wimpern beschatteten lebhafte braune Augen, die immer schläfrig wirkten und trotzdem unheilvoll funkelten. Er ließ seinen Blick gemächlich schweifen, verweilte auf meinem Mund und tauchte ein in das Tal zwischen Danger und Will Robinson, wanderte wieder hinauf und nahm meinen Blick gefangen, und ich erkannte in dem Moment die wahre Bedeutung von Perfektion.
»Du siehst besser aus«, sagte ich lässig. Die Wunden, die so tief, so lebensbedrohlich ausgesehen hatten, waren verschwunden. Ich war so erleichtert und gleichzeitig besorgt, dass mir der Kopf schwirrte.
Er hob mein Kinn an und strich mit den Fingern über meine Kehle, die noch wehtat, nachdem er in der Dusche kurz die Beherrschung verloren hatte. Er hatte starke Hände. »Das tut mir leid.«
»Willst du es mir vielleicht erklären?«
Er senkte den Kopf. »Ich dachte, du seist jemand anderes.«
»Wer?«
Statt zu antworten, legte er die Fingerspitze an meine Halsschlagader. Er schien es zu genießen, das Leben durch meine Adern fließen zu fühlen.
»Geht es um die Dämonen, von denen du mir erzählt hast?«
»Ja.« Er sagte das so nüchtern, so beiläufig, man hätte glatt denken können, dass diese Dämonen ihn ständig umzubringen versuchten. Er hatte mir vorige Woche davon erzählt, nachdem ich begriffen hatte, wer er wirklich war. Sie seien auch hinter mir her, hatte er gesagt, aber um an mich heranzukommen, müssten sie erst durch ihn hindurch. Ich hatte geglaubt, das sei bildlich gemeint gewesen. Offenbar nicht.
»Sind sie …?« Ich stockte und schluckte mühsam. »Geht es dir wieder gut?«
»Ich bin bewusstlos«, sagte er und kam mit dem Mund näher, während er sich über die Lippen leckte.
Mein Magen machte einen Satz, aber nur zum Teil wegen seiner Zunge. »Bewusstlos? Wie meinst du das?«
Er hatte rechts und links von mir die Hände auf die Arbeitsplatte gestützt und hielt mich zwischen seinen sehnigen Armen gefangen. »Ich meine, dass ich nicht bei Bewusstsein bin.« Im nächsten Moment knabberte er an meinem Ohrläppchen, gerade so fest, dass ein Beben über meine Haut lief.
Seine tiefe Stimme vibrierte durch meine Knochen und verflüssigte sie. Ich hatte Mühe, mich auf seine Worte zu konzentrieren und nicht auf die Turbulenzen zu achten, die jede Silbe und jede Berührung in mir auslösten. Er war wie Heroin mit Schokoladenüberzug, und ich war restlos süchtig danach.
Ich hatte ihn schon in mir gehabt. Für eine kurze Zeitspanne den Himmel erlebt. Das war so surreal, so erderschütternd gewesen. Ich war mir sicher, dass er mich auf ewig für jeden anderen Mann verdorben hatte. Mal im Ernst, wer konnte mit einem Wesen wetteifern, das aus Schönheit und Sünde geschaffen und mit Wollust zusammengeschweißt war? Er war ein Gott unter Männern. Verdammt.
»Warum bist du nicht bei Bewusstsein?«, fragte ich und rang darum, meine Gedanken zu ordnen. »Reyes, was ist
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