Geisterhauch (German Edition)
was nichts brachte, und fragte mich, wie viele Keime dabei wohl auf mich übersprangen. »Bist du aus einem bestimmten Grund hier?«, fragte ich und wischte sie mir an der Hose ab. Das Öl würde ich wohl erst mit Wasser und Kernseife loswerden.
»Hab gehört, wir haben einen Fall«, sagte er. Angel war schon seit meinem ersten Semester an der Highschool mein ständiger Begleiter, aber vor drei Jahren, als ich meine Detektei eröffnete, hatte er sich bereit erklärt, mir als Hauptermittler zu dienen. Ein körperloses Wesen als Ermittler einzusetzen war wie Schummeln bei der Aufnahmeprüfung – nervenaufreibend, aber unglaublich effektiv. Wir hatten zusammen schon etliche Fälle gelöst.
Da ihm eine Ölpfütze nichts anhaben konnte, setzte er sich vor mich und lehnte sich gegen den Container. Dabei fiel sein Blick auf meine Hand. Ich war gerade dabei, mir Steinchen und Erde von der linken Pobacke zu klopfen. »Kann ich dir helfen?«, fragte er und deutete mit dem Kinn auf mein Hinterteil. Dreizehnjährige waren dermaßen hormongesteuert. Sogar tote.
»Nein, kannst du nicht, und wir haben nicht einen, sondern zwei Fälle.« Mimi war der berufliche, Reyes der private. Keiner durfte vernachlässigt werden, und ich überlegte, auf welchen ich Angel ansetzen sollte. Ich entschied mich für Reyes, weil ich auf diesem Gebiet kein anderes Personal zur Verfügung hatte. Doch Angel würde das nicht gefallen.
»Wie viel weißt du über Reyes?«, fragte ich und hoffte, dass er nicht einfach verschwinden oder eine Neun-Millimeter ziehen und mich abknallen würde.
Einen Moment lang blickte er mich unbehaglich an, dann stützte er die Ellbogen auf die Knie und schaute ins Weite. Oder vielmehr in einen Lagerschuppen. Nach einer ganzen Weile sagte er: »Rey’aziel ist nicht unser Fall.«
Ich holte verblüfft Luft. Woher kannte er den Namen? Und vor allem wie lange schon?
»Angel, weißt du, was Reyes ist?«
Er zuckte die Achseln. »Jedenfalls weiß ich, was er nicht ist.« Er sah mich eindringlich an. »Nicht unser Fall.«
Seufzend setzte ich mich, ob Öl oder nicht, auf den Boden und lehnte mich neben ihn an den Container. Ich brauchte Angel bei der Sache. Ich brauchte seine Hilfe, seine besonderen Talente. Ich legte meine schmutzige Hand auf seine. »Wenn ich ihn nicht finde, stirbt er.«
Ein gemeines Kichern schüttelte ihn; dabei wirkte er so viel älter als die dreizehn Jahre, die er gelebt hatte. »Schön wär’s.«
»Angel«, sagte ich ermahnend, »das meinst du nicht ernst.«
Der Blick, mit dem er mich durchbohrte, war so zornig und so voller Skepsis, dass ich den Drang hatte, von ihm wegzurücken. »Das kann nicht dein Ernst sein«, sagte er, als hätte ich sie nicht mehr alle. Er hatte ja keine Ahnung. Ich hatte sie schon lange nicht mehr alle.
Ich hatte gewusst, dass Angel ihn nicht leiden konnte, aber nicht, dass er ihm gegenüber derart missgünstig eingestellt war.
»Hat es einen Grund, warum Sie in einer Öllache sitzen und Selbstgespräche führen?«
Ich blickte auf und sah Garrett Swopes vor mir stehen, den grauäugigen Vermisstenfahnder, der gerade so viel über mich wusste, dass er mir gefährlich werden konnte. Dann sah ich zu Angel, aber der war weg. Klar. Wenn’s hart auf hart kommt, weigern sich die Harten, darüber zu reden, und rennen lieber weg, um in ihrer mürrischen Unsicherheit zu schmoren.
Ich raffte mich auf und stellte fest, dass meine Jeans nie wieder dieselbe sein würde. »Was tun Sie hier, Swopes?«, fragte ich und wischte mir zum zweiten Mal diesen Morgen Steinchen vom Hintern.
Garrett war einer der besten Vermisstenfahnder. Eine Zeitlang waren wir beide ziemlich gut miteinander ausgekommen, bis Onkel Bob ihm in einem schwachen Moment, weil er ein Bier zu viel intus hatte, erzählte, womit ich mein Geld verdiente. Nicht, dass ich Privatdetektivin war – das wusste Garrett bereits –, sondern dass ich tote Menschen sah. Danach nahm der zarte Flirt zwischen uns eine scharfe Wendung zur Feindseligkeit, als wäre er wütend, weil ich mich auf so etwas einließ. Einen Monat später begann Garrett langsam, aber sicher – und sehr widerstrebend – an meine Fähigkeit zu glauben, nachdem er den Beweis dafür mit eigenen Augen gesehen hatte. Nicht, dass es mich einen Dreck interessierte, ob er mir glaubte oder nicht, besonders nach seinem Benehmen während des letzten Monats, doch Garrett war ein guter Polizist. Ab und zu konnte ich ihn gut gebrauchen. Was seine Skepsis anbelangte,
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