Geisterhauch (German Edition)
passierte dann?«
»Als mein Dad herausfand, warum wir alle kreischten, lachte er und ging in den Keller, um uns zu beweisen, dass da unten nichts war.«
»Und?«
»Da war nichts«, sagte sie achselzuckend.
»Hast du ihm die Wunde gezeigt?«
»Um Gottes willen, nein.« Sie schüttelte den Kopf, als hätte ich gefragt, ob sie Kinder frühstückte. »Meine Eltern hatten mich sowieso schon als Missgeburt abgestempelt. Ich wollte nicht noch mehr Öl ins Feuer gießen.«
»Heilige Scheiße, Par«, wiederholte ich.
»Jetzt erzähl doch mal.«
»Wieso? Meinst du, dass es ein Dämon war?«
»Meine ich gar nicht. Es war kein Dämon. Jedenfalls glaube ich das nicht. Es war mehr als das.«
»Wie kommst du darauf?«
Sie verdrehte die Lederbänder an ihrem Handgelenk. »Hauptsächlich weil ich seinen Namen weiß.«
Ich erstarrte. »Wie bitte?«
»Weißt du noch, was ich dir über meinen Unfall erzählt habe?« Sie sah mich stirnrunzelnd an.
»Klar.« Pari war mit sechs bei einem Autounfall gestorben. Zum Glück holte ein tüchtiger Rettungssanitäter sie ins Leben zurück. Danach konnte sie Auren sehen, einschließlich der von Verstorbenen. Wann immer sie eine gräuliche Aura ohne Leib sah, erkannte sie mit der Zeit, hatte sie die Seele eines Verstorbenen vor sich. Einen Geist.
»Als ich gestorben war, wartete mein Großvater auf mich.«
»Ich erinnere mich, und zum Glück hat er dich zurückgeschickt. Wenn ich mal in den Himmel komme, bringe ich ihm einen Obstkorb mit.«
In einer seltenen Anwandlung von Anerkennung streckte sie ihre Hand aus und drückte meine. Peinlich. »Ich hatte ihn nur einmal gesehen.« Sie nahm ihr Wasser in beide Hände. »Ich konnte mich nur an eines erinnern, nämlich dass er Dänische Doggen hatte, die größer waren als ich, trotzdem war mir sonnenklar, dass das mein Großvater war. Und als er mir sagte, meine Zeit sei noch nicht gekommen und ich müsse zurückgehen, wollte ich überhaupt nicht von ihm weg.«
»Also, ich bin froh, dass er dich zurückgeschickt hat. Du hättest den Himmel aufgemischt.«
Sie grinste. »Schon möglich. Aber das Sonderbarste habe ich dir nie erzählt.«
»So eine Nahtoderfahrung ist sonderbar genug.«
»Wohl wahr.«
»Es wird also noch sonderbarer?«
»Allerdings.« Sie zögerte, holte tief Luft, dann sah sie mich fest an. »Auf dem Rückweg, du weißt schon, zur Erde, da habe ich einiges gehört.«
Das war neu. »Was denn?«
»Stimmen. Ich hörte eine Unterhaltung.«
»Du hast jemanden belauscht?«, fragte ich verwundert, dass so etwas überhaupt möglich war. »Himmlische Wesen?«
»Ja, schon, aber nicht absichtlich. Ich habe innerhalb eines Augenblicks ein komplettes Gespräch mitbekommen. Plötzlich war es in meinem Kopf, auch wenn mir klar war, dass es nicht für meine Ohren bestimmt war. Es war gefährlich, das zu wissen. Ich hörte den Namen eines mächtigen Wesens, das das Ende der Welt auslösen kann.«
»Das Ende der Welt?« Ich schluckte.
»Ich weiß, wie das klingt, glaub mir. Aber die sagten, dass dieses Wesen aus der Hölle entkommen ist und auf der Erde geboren wurde.«
Mein Puls beschleunigte und löste ein Flattern im Magen aus.
»Angeblich kann er die Welt vernichten, die Apokalypse auslösen, wenn ihm danach ist.«
Ich kannte nur einen, der der Hölle entkommen und auf der Erde geboren worden war. Und ich wusste auch, dass er mächtig war, konnte mir aber nicht vorstellen, dass er tatsächlich die Apokalypse auslösen konnte. Andererseits, wer dann? Ich hätte besser beim Katechismus aufgepasst.
»Also beschloss ich ihn in meiner Teenagerweisheit in der Nacht der Séance zu beschwören.«
Ich sperrte den Mund auf, aber nur ein bisschen. »Ach, weiter nichts, das will doch jeder, einen beschwören, der alles Leben auf der Erde vertilgen kann.«
»Genau«, sagte sie, ohne auf meinen Sarkasmus zu achten. »Ich dachte, ich könnte ihn vielleicht überzeugen, es nicht zu tun, weißt du, ihn zur Vernunft bringen.«
»Und, hat’s geklappt?«
Sie machte einen Schmollmund. »Ich war vierzehn, Klugscheißer.«
Ich wollte lachen, aber der Kloß in meinem Hals war mir im Weg. »Also, mal im Ernst, dieses Wesen wird die Apokalypse herbeiführen?«
»Nein, du hörst nicht zu.« Sie kniff die Lippen zusammen, dann erklärte sie es noch mal. »Er kann die Apokalypse auslösen, wenn er will.«
Okay, das war ein Plus. Keine Prophezeiung der Massenvernichtung.
»Jedenfalls habe ich ihn bei der Séance beschworen. Durch seinen
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