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Geisterhauch (German Edition)

Geisterhauch (German Edition)

Titel: Geisterhauch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Darynda Jones
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besucht hat.«
    »Und warum?«
    »Weil ich seinen Körper finden muss.«
    »Ist er tot?«, rief Neil erschrocken aus und sprang auf.
    »Nein, Neil, beruhige dich.« Ich hob beschwichtigend die Hände. »Er ist nicht tot. Zumindest gehe ich nicht davon aus. Aber er wird es bald sein. Ich muss ihn finden, denn er ist verletzt. Schwer verletzt.«
    »Und du meinst, jemand hat ihm Unterschlupf gewährt? Jemand, der ihn hier besucht hat?«
    »Genau.«
    Er wandte sich wieder seiner Gegensprechanlage zu und drückte eine Taste. »Luann, bringen Sie mir bitte Farrows Besucherliste vom vorigen Jahr. Und ich muss wissen, wen er als Besucher zugelassen hat und wer eine Besuchsgenehmigung bekommen hat.«
    »Möchten Sie das vor oder nach Ihrer Einweisung wissen, Sir?«
    Er überlegte mit geschürzten Lippen. »Vorher. Auf jeden Fall vorher.«
    »Ich besorge sie umgehend.«
    »Wie sie umgehend sagt, gefällt mir richtig gut«, sagte ich und nahm mir vor, es Cookie beizubringen. »Besucher müssen genehmigt werden?«
    »Ja.« Er setzte sich wieder. »Der Insasse muss jeden, von dem er besucht werden möchte, vorher angeben; der Besucher muss einen Antrag stellen, der zur Genehmigung weitergereicht wird. Aber zurück zum Übernatürlichen«, sagte er mit einem rätselhaften Blick.
    »Okay.«
    »Bist du Hellseherin? Weißt du dadurch von Farrows Verletzung?«
    »Nein. Ich kann weder in die Zukunft noch in die Vergangenheit blicken.« Als er mich zweifelnd ansah, sagte ich: »Ernsthaft, ich kann mich kaum an die vorige Woche erinnern. Die Vergangenheit ist für mich ein verschwommener Fleck, wie Nebel, nur verschwommener.«
    »Na gut, inwiefern bist du übernatürlich?«
    Ich überlegte wieder, ob ich ihm die Wahrheit sagen sollte, und entschied mich genauso schnell dagegen. Ich wollte ihn nicht verlieren, aber ich wollte ihn auch nicht belügen. Er arbeitete seit über zehn Jahren mit verurteilten Verbrechern, die samt und sonders Lügner und Betrüger waren.
    Ich betrachtete das gefleckte Muster seines Teppichs und dachte nach. Die Unsicherheit, wie viel ich jemandem verraten und wie viel ich verschweigen sollte, ging mir jedes Mal gegen den Strich. Wenn ich jemandem die Wahrheit sagte, war dessen Weltsicht für immer verändert. Da die meisten Menschen sowieso kein Wort glauben würden, musste ich diese Überlegung selten anstellen. Doch Neil hatte Reyes in Aktion erlebt, und er wusste, dass ich manches sehen konnte, was gewöhnliche Menschen nicht sahen. Allerdings war der menschliche Verstand nur sehr begrenzt bereit, ungewöhnliche Dinge als Wirklichkeit anzuerkennen. Wenn ich Neil in dieser Hinsicht zu viel abverlangte, würde ich seine Kooperation und Freundschaft verlieren. Nicht, dass ich besonderen Wert auf seine Freundschaft legte, aber trotzdem.
    »Neil, ich möchte dich nicht belügen.«
    »Und ich möchte nicht belogen werden. Also sag es mir, wie es ist, klar und deutlich.«
    Ich seufzte unwillkürlich. »Wenn ich das tue – ich will es mal so sagen –, wirst du nachts nicht mehr ruhig schlafen. Nie wieder.«
    Er tippte nachdenklich mit einem Stift auf die Schreibtischplatte. »Ehrlich gesagt, schlafe ich schon seit deinem vorigen Besuch nicht mehr gut.«
    Mist. Ich wusste es. Ich hatte seine Welt schon ins Schlingern gebracht.
    »Vielleicht irre ich mich«, fuhr er fort. »Aber ich bin mir sicher, dass ich wieder besser schlafe, wenn ich die ganze Wahrheit kenne. Es ist das Bruchstückhafte, das mir zu schaffen macht. Nichts passt zusammen, auf nichts ist mehr Verlass. Es kommt mir vor, als würde mir das Fundament unter den Füßen wegbröckeln. Ich weiß nicht mehr, was real ist und was nicht.«
    »Neil, wenn ich dir mehr sage, wird sich daran erst recht nichts ändern.«
    »Können wir uns darauf einigen, uneinig zu sein?«
    »Nein.«
    »Wir sind also uneinig?«
    »Nein.«
    »Wir sind uns einig?«
    »Nein.«
    »Dann machen wir es so …« Er beugte sich mit einem fiesen Grinsen vor. »Wenn du dir die Besucherliste bekneisen willst, musst du mir alles von vorne bis hinten erzählen.«
    Hatte er tatsächlich bekneisen gesagt? »Ich fürchte, das kann ich dir nicht antun«, sagte ich bedauernd.
    »So? Nun, vielleicht habe ich dir auch nicht alles erzählt.«
    Meine Brauen schossen in die Höhe. »Was soll das denn heißen?«
    »Glaubst du wirklich, dass die eine kleine Geschichte über Reyes alles ist, was ich von ihm weiß?«
    Bei meinem ersten Besuch vor zwei Wochen erzählte mir Neil etwas äußerst

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