Geisterhauch (German Edition)
etwas brauchen …«
»Sind Sie wieder wohlauf?«, fragte sie mit sorgenvoll zittriger Stimme.
»Mir geht’s gut. Aber wie geht es PP ?«
Sie blickte über die Schulter. »Er hat sich solche Sorgen gemacht.«
Ich schenkte ihr das breiteste beruhigende Lächeln, das ich aufbieten konnte. »Richten Sie ihm aus, dass es mir gut geht. Und vielen Dank, dass Sie die Polizei gerufen haben, Mrs Allen.«
»Die hat Sie gefunden?«
»Ja.« Ich schwor mir, meine Nachbarin und ihren Pudel nie wieder für eine Selbstverständlichkeit zu halten, und ließ mich von Onkel Bob und Cookie in meine Wohnung bringen.
»Okay, das bedeutet eine Menge Kaffee für uns alle.«
»Oh, nein, nicht für dich«, widersprach ich, als Cookie zur Kaffeemaschine ging. »Du legst dich schlafen. Ich schlafe schon nicht ein, versprochen. Du wirst meinetwegen keine Minute länger aufbleiben.« Es war fast Mitternacht, und diese Woche war die Chaotischste in meinem Leben gewesen, außer ich zählte den Fall mit, bei dem ich während Mardi Gras einem verschwundenen Touristen nachspürte.
Sie und Onkel Bob sahen sich skeptisch an.
»Wie wär’s, wenn ich die erste Wache übernehme?«, bot er ihr an. »Sie legen sich aufs Ohr, und ich wecke Sie in ein paar Stunden.«
Sie kniff die Lippen zusammen, ging aber trotzdem weiter zur Kaffeemaschine. »Na gut, aber ich setzte erst noch Kaffee auf. Das ist besser. Und Sie müssen mir versprechen, mich wirklich in zwei Stunden zu wecken.«
Er grinste sie an. Grinste. Grinste verführerisch. Igitt. Ich hatte eine Gehirnerschütterung, Menschenskind. Mir war auch so schon schlecht.
Und sie grinste zurück! Ich musste dringend mal raus.
»Was ist das?«, fragte Cookie plötzlich scharf.
»Was denn?«
»Dieser Zettel. Wo kommt der her?«
Oh, die Drohung von heute Morgen. »Ich hab dir doch davon erzählt«, sagte ich mit Unschuldsmiene.
Mit dem Zettel in der Hand rauschte sie auf mich zu. »Du hast mich nur gefragt, ob ich dir einen Zettel hingelegt habe. Du hast mit keinem Wort erwähnt, dass eine Morddrohung draufsteht.«
»Wie bitte?« Onkel Bob sprang vom Sofa auf, auf das er sich gerade erst gesetzt hatte, und nahm ihr den Zettel ab. Nachdem er ihn gelesen hatte, sah er mich mahnend an. »Wirklich, Charley, wenn du nicht meine Nichte wärst, würde ich dich wegen Behinderung der Justiz verhaften.«
»Wieso denn?« Ich stotterte ein bisschen, um die Wirkung zu vergrößern. »Auf welcher Grundlage?«
»Das ist ein Beweisstück. Du hättest mir sagen müssen, dass du den Zettel gefunden hast.«
»Ha.« Das war einfach. »Ich wusste nicht, seit wann er hier lag. Er war auf der Kaffeemaschine, als ich aufwachte.«
»Bei dir wurde eingebrochen?«, schloss er entgeistert.
»Na ja, eingeladen hatte ich jedenfalls niemanden.«
Er wandte sich an Cookie. »Was sollen wir mit ihr machen?«
Cookie schaute mich böse an. »Ich könnte sie übers Knie legen.«
Onkel Bobs Gesicht heiterte sich auf. Würde Cookie es nie lernen? »Darf ich zusehen?«, fragte er hinter vorgehaltener Hand. Als stünde ich nicht dabei!
Cookie kicherte und machte sich ans Kaffeekochen.
Oh, Mann, das durfte einfach nicht wahr sein.
Es klopfte an der Badezimmertür. »Charley, Schatz?«
»Ja, Ubie, mein Lieber?«
»Bist du wach?«
Er war lustig. »Nein.« Ich spülte mir die Seife vom Rücken.
Ein ärgerliches Seufzen drang zu mir herein, ehe er weiterredete. »Ich wurde aufs Revier gerufen. Es sieht so aus, als hätten wir was im Kyle-Kirsch-Fall.« Den Namen flüsterte er nur. Fast hätte ich gekichert. »Ich habe unten zwei Männer postiert. Ich schicke dir einen von ihnen rauf.«
»Onkel Bob, ich verspreche, wach zu bleiben. Ich muss einiges recherchieren.« Über einen gewissen Reyes Alexander Farrow und seine heiße Fotostrecke. Für diese Arschporträts hätte ich auch ein Vermögen gezahlt. »Ich komme schon zurecht.«
Nach einer langen Grübelpause sagte er: »Na gut. Ich bin im Nu wieder da. Ich werde denen sagen, wo ich hinfahre, nur falls du etwas brauchst. Und schlaf nicht ein.«
Ich schnaubte. Extra laut.
»Du bist umwerfend komisch«, sagte er, aber ich hatte den Verdacht, dass seine Bewunderung nicht echt war.
Ich hoffte, dass der Superkleber hielt, und wusch mir mit äußerster Behutsamkeit die Haare. Eine Gehirnerschütterung tut schweinisch weh. Wer hätte das gedacht? Ich musste mich auf den Duschboden setzen, um mir die Beine zu rasieren. Die Welt kippte immer wieder zur Seite, sodass ich das
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