Geisterjagd
sich bei den Behörden von New Paris zu identifizieren. Philip vermutete, dass er damit bis nach ihrer Ankunft in der Raumstation warten wollte. Er überließ ihm nur allzu gern die Führung. Immerhin war Leyton ein Mann der Regierung, und nicht er.
»Mit welcher Art von Population haben wir es Ihrer Ansicht nach zu tun?«, überlegte er laut.
»Keine Ahnung. Warum fragen sie?«
»Aus keinem konkreten Grund, nur so.« Er fragte sich, ob Kaufman Industries hier eine Zweigniederlassung unterhielten. Zwar konnte er sich nicht entsinnen, jemals etwas in dieser Richtung gehört zu haben, aber das bewies noch gar nichts.
Wie sich herausstellte, gab es keine Filiale in New Paris; nicht mal einen Repräsentanten der Firma, was bedeutete, dass diese Raumstation so gut wie keine Gelegenheit für Verkäufe oder eine Marktentwicklung bot.
Und wie er es sich gedacht hatte, übernahm Leyton das Kommando, als sie eingedockt hatten; bei der ersten sich bietenden Gelegenheit verlangte er die Person zu sprechen, der die Leitung der Station oblag. Der eingesperrte Tiger, den Philip an Bord des Shuttles gespürt hatte, trat nun in den Vordergrund, brannte förmlich darauf, aktiv zu werden, und brachte keine Geduld für bürokratische Restriktionen auf.
Wenige Minuten später sprachen sie mit einer Frau von jugendlich frischem Aussehen, die sich ihnen als »Marie, diensthabende Terminalmanagerin« vorstellte.
Philip merkte, wie die Ungeduld in Leyton brodelte, und er war sich sicher, dass die Frau es auch spürte.
»Marie«, begann Leyton, »bitte erstellen Sie von uns beiden Netzhautscans, und dann bringen Sie uns so schnell wie möglich zu dem ranghöchsten U LAW-Vertreter auf dieser Station.«
Das Lächeln, mit dem sie diese Bitte quittierte, hätte nicht entwaffnender sein können. »Folgen Sie mir bitte. Ich werde sehen, was ich für Sie tun kann.«
Sie führte sie in ein kleines Büro, wo die Netzhautscans ordnungsgemäß mit einem tragbaren Gerät durchgeführt wurden; gespannt blickte Marie dann auf das Display und wartete auf die Ergebnisse. Was immer sie dann auf dem kleinen Bildschirm sah, bewirkte, dass sie die Augen weit aufriss und ihr Lächeln ein bisschen unsicher wurde.
»Mr. Kaufman und Mr. …«
»Leyton«, half Jim aus.
»Willkommen in New Paris.«
»Danke. Würden Sie uns jetzt bitte zu der Person bringen, die für diese Station verantwortlich ist?« Leyton stieß die Worte zwar nicht direkt durch zusammengebissene Zähne hervor, doch der Effekt war so ziemlich derselbe.
Die Frau nickte. »Selbstverständlich. Das ist der Bürgermeister.« Sie setzte sich hinter ihren Schreibtisch, berührte irgendein Feld in der Platte und verlangte: »Das Büro des Bürgermeisters.« Ein paar Sekunden vergingen, ehe sich eine Frauenstimme meldete und die Verbindung bestätigte.
»Jenny, hier Marie von den Dockanlagen. Ich muss den Bürgermeister wegen einer Angelegenheit von größter Wichtigkeit sprechen.«
»Tut mir leid, Marie, aber er steht momentan nicht zur Verfügung.«
Die Frau blickte Leyton fragend an, der langsam den Kopf schüttelte, die Lippen zu einer dünnen, ärgerlichen Linie zusammengepresst.
»Jenny, egal, womit er gerade beschäftigt ist, unterbrich ihn bitte. Das ist eine ULAW-Sache, und sie duldet keinen Aufschub.«
»Marie, ich würde ja, wenn ich könnte, aber er ist nicht hier … Wir wissen nicht, wo er zur Zeit steckt, aber er wird bald zurück sein und ich sorge dafür, dass er dich umgehend anruft.«
»Ich bitte darum.«
Marie lehnte sich zurück, die Verbindung war gekappt. Philip musste an sich halten, um nicht zu grinsen, als er sah, mit welch ängstlicher Miene sie Leyton anstarrte, der kurz vor dem Explodieren zu stehen schien.
»Entweder Sie stöbern diesen Bürgermeister auf, oder Sie bringen uns zu seinem Vertreter. Auf der Stelle!«
Leyton brachte das Kunststück fertig, gefährlich zu wirken, ohne auch nur drohend den Zeigefinger zu heben. Sein einschüchternder Blick genügte vollauf. Marie besaß das Format, wieder ein Lächeln in ihre Züge zu legen, während sie sich in gemessener Manier hinter dem Schreibtisch erhob; doch Philip entging nicht, wie bestürzt sie hinter dieser äußeren Contenance war.
»Überlassen Sie das mir«, entgegnete sie und spazierte aus dem Büro. Philip kam nicht umhin, ihre schönen Beine zu bewundern.
Leyton hatte die Fäuste geballt und sah aus, als brauchte er etwas, um dagegenzuschlagen. Er schüttelte den Kopf. »Was ist das nur
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