Geisterjagd

handelte es sich höchstwahrscheinlich um Systembediener und Verwaltungskräfte, doch die beiden Leute außerhalb waren mit ziemlicher Bestimmtheit Wachmänner – einer patrouillierte, der andere saß an einer Überwachungsstation. Zu Leytons wichtigsten Aufgaben gehörte, dafür zu sorgen, dass niemand in dem Kontrollraum die Gelegenheit bekam, Alarm zu geben und Verstärkung herbeizurufen; Boultons Job war es, gegebenenfalls einzugreifen und zu verhindern, dass die eventuell losgeschickte Verstärkung nicht bis zu Leyton und den anderen vordrang.
    Sein Visor hob die Tarnvorrichtung der Shimmer-Suits auf, und er beobachtete, wie Black die beiden Techniker und die Soldaten zu ihm führte.
    »Zwei Wachen«, flüsterte er dem Sergeant zu. »Ich werde sie ausschalten. Sie warten hier und behalten die Tür im Auge.« Dann überquerte er den Zugangsweg zum Gebäude.
    »V ERRIEGELT UND MIT A LARMANLAGEN VERSEHEN «, klärte ihn die Gun auf, als er auf die Vordertür zutrabte. Beides stellte für ihn grundsätzlich kein Problem dar, doch der rote Tupfer an den Überwachungsmonitoren musste sofort etwas merken, wenn er einbrach oder auch nur die Tür öffnete, deshalb war es günstig, dass er auf andere Pläne zurückgreifen konnte.
    »Fenster?«
    »G ESICHERT , ABER KEINE A LARMVORRICHTUNGEN .«
    Hervorragend.
    Das Gebäude war aus Ziegeln gebaut und machte einen massiven Eindruck. Zur Probe presste er eine Handfläche gegen die Mauer und wartete eine Sekunde lang, um sicherzugehen, dass die intelligente Haut mit der Oberfläche des Mauerwerks verschmolzen war, ehe er daran zog. Ein bisschen Staub rieselte, doch ansonsten verlief der Test erfolgreich; der Handschuh klebte fest an den Ziegeln. Zufrieden hob er sein Handgelenk in einer übertriebenen Bewegung, die seine Handfläche von der Mauer befreite, während er gleichzeitig die Finger gegen die Wand drückte, wodurch sich die intelligente Haut von den Ziegeln und dem Zement ablöste. Schließlich begann er zu klettern; zuerst eine Hand, dann das entgegengesetzte Bein, die andere Hand, danach das andere Bein, sich die Mauer hocharbeitend wie eine Kreuzung aus einer Eidechse, die Wände hinauflaufen kann, und irgendeinem absonderlichen Affen mit abgespreizten Gliedmaßen.
    Die mutmaßliche Sicherheitsstation lag in der ersten Etage, deshalb erreichte er binnen weniger Sekunden das Fenster. Außerdem befand sie sich ungefähr in der Mitte des Gebäudes, weg von den Fenstern, eine vernünftige Vorsichtsmaßnahme, die es Leyton unmöglich machte, den Wachmann einfach von seiner gegenwärtigen Position aus zu erschießen. Das Fensterschloss war das gängige elektrische Modell, leicht mit einem Standardwerkzeug kurzzuschließen. Mit Zehen, Knie, einem Bein und einer Hand an der das Fenster umgebenden Mauer klebend, platzierte er das kleine Gerät an der Stelle des Rahmens, die mit dem inneren Verriegelungsmechanismus verbunden war, und wartete darauf, dass es Klick machte. Altmodische manuelle Schlösser stellten eine weit größere Herausforderung dar; nicht, dass Leyton sich beklagte.
    Sobald er drinnen war, pirschte er einen verlassenen Korridor entlang, dessen trübe Beleuchtung die draußen vorherrschenden Grautönungen nachäffte. Bald bog der Flur nach rechts ab und brachte ihn zu einer Reihe von Aufzügen, von denen um diese frühe Stunde keiner benutzt wurde. Ein Stück weiter mündete der Gang in eine mittelgeschossartige Galerie, von der aus eine kleine Treppe nach unten in ein kleines Foyer und zur Vordertür führte. Ein wenig zurückgesetzt vom oberen Teil der Treppe befand sich ein breites, hufeisenförmiges Pult, hinter dem der Wachmann saß und Leyton sein Profil zukehrte. Der Bursche lehnte sich in seinem Sessel zurück. Er machte einen völlig sorglosen Eindruck. Nur schlafend hätte er noch entspannter aussehen können. Er trug eine dunkelgraue Uniform. Welche Überraschung.
    Zwei Reihen von Monitorschirmen rahmten das Pult ein, und aus einem Lautsprecher darunter plärrte eine dümmliche Musik, die dem EyeGee das Vorgehen noch leichter machte. Er schob die Gun ins Halfter, zückte ein gezahntes Kampfmesser, stahl sich von hinten an die sitzende Gestalt heran, verschaffte sich einen festen Halt und schlug zu.
    In einer koordinierten Bewegung fasste er nach vorn, nahm das Kinn des Wachmanns in die linke Hand, wobei er ihm gleichzeitig den Mund zuhielt, während er den Kopf an seine eigene Brust presste. Im selben Moment zog seine rechte Hand die