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Geisterjagd

Geisterjagd

Titel: Geisterjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Whates
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Suchprogramm, ein virtueller Jagdhund, eigens dafür konstruiert, aufzuspüren und zu vernichten, und zweifelsohne strotzend vor bösen Überraschungen.
    Philip hatte längst gelernt, zwischen Risikobereitschaft und Leichtsinn zu unterscheiden. Das Erste versprach Aufregung, das Zweite zog meistens Schmerzen oder hohe Kosten nach sich. Sein Vater kannte wahrscheinlich eine Maxime, die auch das zum Inhalt hatte, doch falls dem so war, dann hatte Kaufman junior sich nach Kräften bemüht, sie zu vergessen.
    In kluger Voraussicht hatte er ein paar Schutzvorkehrungen ergriffen, als er anfing, sich in diese nächtlichen Exkursionen zu stürzen, und selbst latente Gegenmaßnahmen installiert. Nun, als sein Bewusstsein in höchster Eile eine festgelegte Route entlang flüchtete, war er überaus dankbar, dass es diese Vorrichtungen gab. Hinter seinem Rücken erwuchsen Geisterprogramme, gaukelten dem Jagdhund Täuschungen vor, geeignet, Systeme zu verwirren und für Verzögerung zu sorgen – minimal zwar, aber mehr Zeit brauchte er nicht. Als Nächstes entfalteten sich hinter ihm eine Unzahl von irreführenden Pfaden, sodass sein Weg plötzlich einer von Hunderten war, die einem einzigen Punkt entsprangen; einige dieser Routen waren mit echten Lokalitäten verknüpft, während andere totale Fälschungen waren, nirgendwohin führten und gleich nach ihrer Entstehung wieder verschwanden. Auf ähnliche Weise wurde seine eigene Spur entfernt, ausgelöscht durch seine Passage.
    Es war eine verzweifelte Flucht, und Philip hatte ernsthaft nie damit gerechnet, dass es je dazu kommen würde. Er wusste, dass seine Sicherheitsvorkehrungen gut waren, aber extrem tüchtig war auch der Jagdhund. Und dennoch, als sein Bewusstsein gänzlich in seinen physischen Körper zurückkehrte, wagte er zu hoffen, dass er vielleicht gerade noch mal davongekommen war.
    Philip richtete sich auf, nach Luft schnappend und mit heftig pochendem Herzen. Er zog sich die Stöpsel aus den Ohren und riss sich die Maschenglocke vom Kopf, wobei er gleichzeitig die Augenklappen wegzerrte, um dann die ganze Vorrichtung auf den Boden zu schleudern. Philip Kaufman war nur selten beunruhigt, doch die beiden letzten Tage waren ereignisreich gewesen, und das war noch milde ausgedrückt; wenige Dinge machten ihm Angst, doch was ihn gerade verfolgt hatte, war dazu angetan, ihn das Fürchten zu lehren. »Phil, versucht etwas, mich aufzuspüren?« »Ich kann nichts dergleichen erkennen.« »Die Chancen stehen also gut, dass ich …« »… dass du noch mal davongekommen bist, ganz recht.« Nicht gerade eine hundertprozentige Garantie, aber besser als nichts. Trotzdem konnte es nicht schaden, alles noch einmal gründlich zu prüfen. »Veranlasse einen Systemcheck. Jede Spur von einem Eindringling oder etwas, das innerhalb der vergangenen fünf Minuten bei mir angeklopft hat, ist für mich von Interesse.« »Bin dabei. Ich melde mich wieder bei dir.« Während Philip auf den Bericht seines Partiais wartete, griff er nach dem Applikator, ein bisschen betroffen darüber, wie stark seine Hand zitterte. Er brauchte ein paar Sekunden, um sich wieder zu fangen, ehe er die leere rote Ampulle wegwarf und sie durch eine grüne ersetzte. Dann hob er den Applikator geschwind an seinen Hals und drückte ihn gegen die Halsschlagader, ehe er das Mittel applizierte, damit der Suchthemmer möglichst schnell das Gehirn erreichte. Mit geschlossenen Augen saß er da und wartete darauf, dass die Versuchung, sich eine zweite rote Ampulle zu spritzen, abklang; wie immer fürchtete er, dass dieses Mal die Gier nicht nachlassen würde, dass der Inhibitor nicht wirkte. Langsam verebbten diese Gelüste, verschwanden zwar nicht völlig, doch schwächten sich ab bis zu einem Punkt, an dem sie beherrschbar wurden. Er wusste, dass sie von da an bald so weit in den Hintergrund rückten, bis er so tun konnte, als würde er sie gar nicht bemerken.
    Als Phil sich ein paar Sekunden später wieder bei ihm meldete, bestätigte er seine frühere Einschätzung; es gab keinerlei Anzeichen für eine weitere Verfolgung. Warum fühlte sich Philip dann immer noch so nervös? Wieso blieb das quälende Gefühl, dass er dieses Mal vielleicht doch nicht so sauber entwischt war, wie es den Anschein hatte?

6
    Die meiste Zeit arbeitete Philip gern von zu Hause aus und ging nur ins Büro, wenn ein wichtiger Simulationslauf oder ein anderes bedeutendes Ereignis angesetzt war – also höchstens ein bis zweimal die Woche. Doch

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