Geisterjagd
würde folglich die Chancen für einen erfolgreichen Einsatz drastisch reduzieren.« Die verschmorte Linie beschrieb nun annähernd einen Dreiviertelkreis. »Ich halte es für viel wahrscheinlicher, dass sie die Drohne darauf programmiert haben, einfach zu explodieren, in der Hoffnung, das Ziel auf diese Weise zu vernichten.«
»Ach so, na schön, dann ist ja alles in Ordnung.« Eine Explosion? Philip war sich ziemlich sicher, dass das Energiefeld, der letzte Verteidigungsmechanismus der Tür, nicht stark genug wäre, um die Drohne draußen zu halten, doch es konnte gerade noch ausreichen, um die Wucht einer Explosion einzudämmen. »Es wäre eine Überlegung wert, ob man mit der Blockierung der Transmission so lange wartet, bis sich die Drohne in dem Energiefeld befindet.«
»Was glaubst du, warum ich die Blockade nicht schon längst bewirkt, sondern mich zurückgehalten habe?«
»Kannst du den Leuten, die die Drohne steuern, eine Nachricht zukommen lassen und ihnen mitteilen, dass sie zu spät kommen, dass das Kopfgeld auf mich gestrichen wurde?« Eine Transmission musste in beide Richtungen funktionieren, denn wer auch immer die Drohne lenkte, musste sehen, was vorging.
»Bereits geschehen«, versicherte Phil mit einem Anflug von Ungeduld. »Wenn das, was ich inszeniert habe, ihr eingesetztes Equipment nicht völlig verschmort, finden sie eine Aufzeichnung mit nämlichem Inhalt, sobald sie die Scherben einsammeln.«
Mitunter konnte man leicht vergessen, dass das Partial ausgelegt war, wie er, Philip, zu denken und selbstständig zu handeln.
»Nun ja«, fuhr Phil fort, »für den Fall, dass das Ding sich wirklich dazu entschließt zu explodieren, solltest du vielleicht ein paar Schritte zurücktreten.«
Noch besser, er wich so weit wie möglich aus. Philip setzte sich in Bewegung und steuerte auf das Bad zu, das sich zum Glück nicht in direkter Linie mit der Tür befand und deshalb vermutlich nicht die volle Wucht irgendeiner Explosion mitbekommen würde. Man konnte nicht wissen, welche Sorte oder Menge Sprengstoff die Drohne beinhaltete. Eine bizarre Sekunde lang huschte ihm der Gedanke durch den Kopf, sie könnte eine kleine Atombombe in sich bergen, was seinen augenblicklichen Rückzug sinnlos machte, aber das erschien ihm dann doch ein bisschen übertrieben für die Ermordung eines einzelnen Menschen, wer auch immer diese Person sein mochte. An der Schwelle blieb er stehen und beobachtete fasziniert, wie der Laserschneider sein Werk vollendete und die runde Scheibe aus der Tür fiel. Er konnte gar nicht anders, er musste einfach durch das daraus resultierende Loch peilen, doch beim ersten Anzeichen für Bewegung duckte er sich in das Nebenzimmer hinein.
Philip ging in die Hocke und schlang die Arme um sich, froh, dass David Benn und auch sonst niemand ihn so sehen konnte. Sekunden verstrichen, ohne das geringste Geräusch, kein Ton störte die Stille. Dann obsiegte die Ungeduld über Vorsicht, und gerade als er den Schluss zog, dass überhaupt nichts passieren würde, dass Phil die Transmissionen, welche die Drohne lenkte, gekappt hatte und sie in einen Schlafmodus gegangen war, gab es einen ohrenbetäubenden Knall; der Boden unter seinen Füßen schien sich aufzubäumen und zu wellen, während das ganze Zimmer bebte. Etwas kippte von einem Regal und zersplitterte dicht neben ihm auf dem Boden, aber er war zu abgelenkt, um zu bemerken, was es sein mochte.
Dann war es vorbei.
Die Welt schien wieder so, wie sie sein sollte – ruhig und unbeweglich. Noch während Philip in die Stille hineinlauschte, wurde sie durch einen Lärm unterbrochen, der nur von der sich einschaltenden Sprinkleranlage stammen konnte. Er rappelte sich hoch und pirschte ins Schlafzimmer zurück. Der Gestank von Feuer und chemischen Löschsubstanzen hing schwer in der Luft. In einem Winkel seines Gehirns gewahrte er mit dumpfem Bedauern die zertrümmerten Überreste einer leiarianischen Figurine, eine der wenigen »frivolen Nuancen«, die er in seinem Schlafzimmer zuließ, wie eine Exfreundin, Annalise, an die er sich gern erinnerte, während eines verträumten, lange zurückliegenden Morgens einmal bemerkt hatte. Trotzdem war der Anblick, der sich ihm bot, nicht annähernd so schlimm, wie zu befürchten war. Die Tür war total demoliert, die Wand zu beiden Seiten schwarz verkohlt und voller streifiger Brandspuren. Ein fächerförmiges Stück Teppich, das sich von der Tür bis in die Mitte des Zimmers ausbreitete, war ebenfalls
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