Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Geisterlicht: Roman (German Edition)

Geisterlicht: Roman (German Edition)

Titel: Geisterlicht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elaine Winter
Vom Netzwerk:
nahm sie das Glas und nippte daran.
    »Du hast etwas Beunruhigendes über die Vergangenheit deiner Familie erfahren?«
    Sein Blick gab ihr Halt. Fiona bemühte sich, ruhig und gleichmäßig zu atmen. Schließlich hatte sie schon vorher geahnt, dass in Catrionas Leben etwas Schlimmes passiert sein musste. Ein Ereignis, das sie heute, fast 350 Jahre später, immer noch nicht zur Ruhe kommen ließ. Aber konnte sie Aidan davon erzählen? Mit welchen Augen würde er Dawn und sie dann sehen?
    »Du musst sicher wieder an die Arbeit. Ich will dich nicht aufhalten.« Sie sehnte sich danach, mit ihm über Catriona zu sprechen und über das, was sie in den Kirchenbüchern gelesen hatte. Aber sie hatte auch Angst davor.
    »Zum Arbeiten ist später noch Zeit. Jetzt sitze ich hier und rede mit dir.« Als wollte er ihr zeigen, dass er tatsächlich vorhatte, noch länger mit ihr vor dem Feuer sitzen zu bleiben, griff er nach dem Kaminbesteck und stocherte in den Flammen, die sofort aufloderten und noch mehr Wärme verbreiteten.
    »Catriona Abercrombie lebte vor mehr als dreihundert Jahren«, begann sie mit leiser Stimme zu erzählen. »Sie …« Nein, sie konnte Aidan unmöglich erzählen, dass Catriona heute als Geist im Haus der Abercrombies erschien. Er würde sie für verrückt halten. »Sie starb sehr jung, mit neunzehn Jahren. Das ist traurig, aber für die damalige Zeit wohl leider nicht ungewöhnlich«, fuhr Fiona fort, nachdem sie tief durchgeatmet hatte. »Aber nun habe ich eine Notiz im Kirchenbuch gefunden, in der es heißt, dass sie nicht begraben wurde. Man hat ihr ein christliches Begräbnis auf dem Friedhof verwehrt.«
    »Und warum? Und wo ist die Leiche geblieben?« Über den kleinen Tisch hinweg sah Aidan sie ernst und aufmerksam an.
    Fiona musste sich räuspern. Sie wandte den Kopf ab und schaute ins Feuer, weil sein Blick so intensiv war, dass sie das Gefühl hatte, er würde bis tief in ihre Seele schauen. »Im Sterberegister gab es eine Spalte, in der der Beruf des Verstorbenen eingetragen wird. Und bei Catriona stand … Hexe .«
    »Das ist ja… furchtbar.«
    Sie musste ein wenig lächeln, weil er sie so kummervoll ansah, als hätte er persönlich versäumt, etwas dagegen zu tun, dass Catriona wahrscheinlich als Hexe verfolgt worden war. Vielleicht spürte er aber auch ihren tiefen Kummer.
    Fiona wusste selbst nicht, warum ihre Entdeckung im Sterberegister sie so mitgenommen hatte. Schließlich hatte Dawn ihr schon vorher erzählt, dass die Frauen der Abercrombies seit Jahrhunderten Hexen waren – auch wenn sie sich zunächst geweigert hatte, das zu glauben. Dann aber zu sehen, was es in früheren Zeiten tatsächlich bedeutet hatte, als Hexe gebrandmarkt zu werden … das war etwas anderes gewesen als das theoretische Wissen um Hexenverfolgung. Außerdem fand sie es unendlich traurig, dass Catriona mit neunzehn Jahren gestorben war, in einem Alter, in dem heutzutage das Leben für junge Frauen erst begann.
    »Ist sie … Hat man sie verbrannt?« Aidan beugte sich vor und stellte sein Glas auf den Tisch.
    »Das würde zumindest erklären, weshalb es kein Grab gab. Allerdings hätte man eine Frau, die man für eine Hexe hielt, sicher auch nicht auf dem Friedhof begraben, wenn sie nicht auf den Scheiterhaufen gekommen wäre.« Plötzlich erinnerte Fiona sich daran, dass bei der nächtlichen Begegnung mit ihr im Garten um Catrionas Umrisse ein rotes Licht geflackert hatte. Sie nickte nachdrücklich. »Ja, ich glaube, sie ist verbrannt worden.«
    »Das waren grausame Zeiten«, stellte Aidan fest, während er nachdenklich ins Feuer blickte. »Die Frauen, die man damals auf den Scheiterhaufen gebracht hat, waren oft einfach nur kräuterkundig. Sie wussten, wie man Krankheiten heilte, oder sie arbeiteten als Hebammen. Manchmal bezichtigte auch jemand eine Frau der Hexerei, weil er sie einfach loswerden wollte. Nun ja, echte Hexen mit Zauberei und allem, was angeblich dazugehört, können sie schließlich nicht gewesen sein.«
    »Zaubern zu können, heißt nicht unbedingt, böse zu sein«, erklärte Fiona energisch.
    »Gibt es auch Märchen von guten Hexen?« Aidan legte die Fingerspitzen aneinander und schaute sie interessiert an.
    »Warum denn nicht?« Sie zuckte die Schultern, als sei dies eine rein theoretische Unterhaltung über Märchenfiguren.
    »Ja. Warum nicht?« Aidans Lächeln brachte ihren ganzen Körper zum Kribbeln.
    »Jetzt will ich dich aber wirklich nicht länger von der Arbeit abhalten.« Fiona

Weitere Kostenlose Bücher