Geisterlicht: Roman (German Edition)
sprang so hastig auf, dass sie gegen den Tisch stieß und ihr leeres Weinglas von der Platte fegte. Es fiel weich auf den Teppich vor dem Kamin, und sie bückte sich verlegen, um es wieder aufzuheben. »Wenn es dich nicht stört, würde ich mir gern die alten Bücher im Turmzimmer ansehen. Falls du aber Ruhe brauchst …«
»Ich könnte ein, zwei Stunden schreiben, während du dir die Bücher anschaust. Anschließend schleppe ich euren Wagen am besten in eine Werkstatt und fahre dich zu Dawns Haus. Dann wird sie sicher zu Hause sein.«
»Du musst mich aber nicht hierbehalten, weil du glaubst, dich um mich kümmern zu müssen. Catrionas Geschichte ist schrecklich, aber ich habe mich schon wieder beruhigt«, versicherte Fiona rasch. »Es hat mir sehr geholfen, mit dir darüber zu reden. Vielen Dank.«
»Möchtest du dir nun die Bücher ansehen oder nicht?« Um seine Lippen zuckte ein seltsames Lächeln, und sie spürte, wie ihre Wangen anfingen, zu glühen. Hatte er etwa bemerkt, dass sie hin- und hergerissen war zwischen dem Wunsch, in seiner Nähe zu sein und in den Büchern nach weiteren Informationen über Catriona zu suchen, und der Angst, sich immer tiefer in ihre Gefühle zu verstricken, wenn sie in seiner Nähe blieb?
Fiona atmete tief durch, versicherte sich selbst ein weiteres Mal, dass sie für Aidan nichts als Sympathie empfand, schon allein deshalb, weil ihre Schwester in ihn verliebt war, und nickte energisch.
»Ich würde sehr gern die Bücher durchsehen. Abgesehen davon ist es besser, wenn wir Dawns Auto erst einmal nach Hause und nicht in die Werkstatt bringen«, erklärte sie, während sie gemeinsam das Geschirr auf das Tablett stellten. »Vielleicht habe ich das mit dem Trick nicht richtig verstanden, und sie bringt es mit einem Handgriff wieder in Gang.«
Oder mit einem klitzekleinen Zauber.
»Wieso hast du ihn denn nicht auf eine Tasse Tee hereingebeten?«, beklagte sich Dawn und sah betrübt hinter Aidans Wagen her, der soeben um die Kurve verschwand. »Du hast ihn einfach wegfahren lassen, obwohl du weißt, wie viel mir daran liegt, ihn zu sehen!«
»Dawn, er hatte keine Zeit. Du weißt doch, wie ihm sein Verlag wegen des Buches im Nacken sitzt. Ich habe natürlich gefragt, ob er mit uns zu Abend essen möchte.«
Das stimmte tatsächlich – allerdings hatte sie ihre Einladung ohne allzu großen Nachdruck ausgesprochen. Nach dem, was sie in den alten Büchern über seine Familie gelesen hatte, hielt sie es für besser, wenn ihre Schwester vorerst nicht zu viel Kontakt mit ihm hatte. Und nach den Worten zu urteilen, die er beim Abschied zu ihr gesagt hatte, legte er auch keinen besonderen Wert auf die Gesellschaft von verliebten Frauen. Worüber sie hätte erleichtert sein müssen, zumindest was ihre eigenen Absichten betraf. Aidans Sätze klangen immer noch in Fiona nach. Und taten ihr wider jede Vernunft weh.
»Ich hoffe, du nimmst das mit den Küssen zwischen uns nicht ernst. Das war beide Male sehr spontan und … es hatte keine Bedeutung. Ich bin nicht bereit zu einer Beziehung oder so etwas. Na ja, und ein Kuss ist ein Kuss, sonst nichts, oder?«, hatte er zu ihr gesagt.
»Natürlich«, hatte sie nur geflüstert.
Nachdem, was sie in einem der alten Bücher über die männlichen Mitglieder der Familie MacNaughton gelesen hatte, musste er ja genau so reagieren. Ihr würde nichts anderes übrigbleiben, als Dawn so schnell wie möglich die Wahrheit über die MacNaughton-Männer zu erzählen, auch wenn es ihrer Schwester sicher Kummer bereiten würde.
Als sie die leuchtenden Augen sah, mit denen ihre Schwester immer noch auf die Straße hinausschaute, obwohl Aidans Wagen längst nicht mehr zu sehen war, verließ Fiona jedoch für einen Moment der Mut. Was würde ihre Schwester tun, wenn sie erfuhr, wie gering die Chance war, dass Aidan jemals ihre Gefühle erwiderte?
Fiona unterdrückte einen Seufzer. Es hatte keinen Sinn, dieses Gespräch aufzuschieben. Solange Dawn nicht ahnte, welch großes Hindernis einer Liebe zwischen Aidan und ihr im Wege stand, würde sie sich immer mehr in ihre Sehnsucht nach diesem Mann hineinsteigern. »Dawn, ich muss mit dir reden«, sagte sie leise.
Dawn riss ihren Blick von der Straße los. »Hast du etwas über Catriona herausgefunden?«
»Ja, das auch. Im Sterberegister der Kirche bin ich ziemlich bald auf den Eintrag von Catrionas Todestag gestoßen«, berichtete Fiona und ging in die Küche, um den Kessel mit Teewasser auf den Herd zu stellen. Es
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